Transformation darstellen

Peter Haimerl . Architektur
25. Oktober 2023
Metallener Weidenbaum vor dem Archiv der Zukunft in Lichtenfels (Foto: Sebastian Kolm) 
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Private Bauherren wollten in einer kleinen Stadt mitten am Stadtplatz ein repräsentatives Gebäude errichten, das die Innovationskraft der Region zeigt. Gebaut mit modernsten architektonischen Mitteln, sollte es den mittelalterlichen Stadtgedanken mit bürgerschaftlichem Engagement fortsetzen.
 

Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Lichtenfels ist als Korbflechterstadt bekannt geworden. Zur Herstellung der Körbe waren Weiden nötig. Die Bauherren haben sich mit modernstem 3D-Metalldruck beschäftigt. Das Symbol der Weide sollte mit mathematisch technischer Mittel transformiert werden. 

Seitenansicht (Foto: Sebastian Kolm) 
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Archiv der Zukunft bildet den städtebaulichen Abschluss des Hauptplatzes sowie des Seitenplatzes. Die metallene Weide bildet das Volumen des vorher an dieser Stelle stehenden Hauses nach. So wird an dieser Stelle ein wichtiger Stadtbaustein fortgeführt, die eigentlich bei historischen Städten erforderlichen geschlossenen Raumlinien werden ersetzt durch die Strahlkraft des Gebäudes, das Raumgrenzen bildet und gleichzeitig offen und durchlässig ist. Die Leuchtkraft der Architektur ersetzt die fehlende Lebendigkeit historischen Marktlebens und wirkt auf den gesamten Stadtraum.

Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Das Gebäude stand nicht unter Denkmalschutz, unterliegt aber dem Ensembleschutz. Die historischen repräsentativen Fassaden aus Stein, Putz und Fachwerk werden fortgeführt in Form von auch repräsentativ wirkenden technischen Baumstrukturen.

Eingangsbereich (Foto: Sebastian Kolm) 
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Die Bereitschaft der Bauherren, das Projekt für die Gemeinschaft zu widmen sowie die äußerst intelligente Stadtverwaltung, die sich umfassend um die Weiterentwicklung der städtebaulichen und sozialen Strukturen von Lichtenfels kümmern, haben diesen Ansatz erst möglich gemacht.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Es gab wenig Veränderungen. Die Baumstruktur war zeitweise auch als 3D-Metalldruck geplant. Aus verschiedensten Gründen und auch um ein weniger zeitgebundenes Projekt zu realisieren, haben wir uns für die Umsetzung in einer abstrakteren, vereinfachten geometrischen Form entschieden.

Veranstaltungsraum Untergeschoss (Foto: Sebastian Kolm) 
Inwiefern haben Sie im Projekt die Verwendung von Naturbaustoffen und zirkulären Baustoffen angestrebt?

Die Nachhaltigkeit dieses Projektes besteht in der Einbindung in die historische Stadt. Langlebigkeit, hohe Akzeptanz und Inspirationsmoment für die Gesellschaft waren uns wichtiger als der Einsatz natürlicher Materialien.

Gang Untergeschoss (Foto: Sebastian Kolm) 
Welche digitalen Instrumente haben Sie bei der Planung eingesetzt?

Die Baumstrukturen sind generativ programmiert. Die Metallstrukturen mit Hilfe von Robotern zusammengeschweißt.

Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?

Ja, alle  meine Projekte beschäftigen sich seit 1992 auf verschiedenste Weise mit Nachhaltigkeit. Beispiele dafür sind von 1992 das Mimesis Atelier – ein rezyklierbares, wiederaufbarbares und extrem materialsparendes Gebäude. Auch »Birg mich Cilli!« von 2007, ein altes Bauernhaus, das im Bestand erhalten blieb, passt zu diesem Ansatz. Es wurde durch wenige räumliche und materielle Interventionen ertüchtigt, sodass auch die historische Bedeutung des Gebäudes spürbar blieb. 

Grundriss Untergeschoss (Zeichnung: Peter Haimerl . Architektur)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Peter Haimerl . Architektur)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Peter Haimerl . Architektur)
Grundriss 2. Obergeschoss (Zeichnung: Peter Haimerl . Architektur)
Archiv der Zukunft
2023
Markplatz 2
96215 Lichtenfels
 
Nutzung
Bürogebäude, Ausstellungsgebäude, Veranstaltungsplattform
 
Auftragsart
Projektauftrag – Werkvertrag
 
Bauherrschaft
Privat
 
Architektur
Peter Haimerl . Architektur, München
Team: Peter Haimerl, Ulrich Pape, Doris Astner, Philipp Khoury, Anton Phillipp, Gero Wortmann
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: ib Fuchs, Lichtenfels
HLS: ddk Dahmen, München
Bauphyisk: bauphysik 4.0, Bamberg
Brandschutzplanung: Ing. Brandschutz, Litzendorf
Lichtplanung: Candela GmbH, Stuttgart
Akustikplanung: bauphysik 4.0, Bamberg
 
Bauleitung
strukturdesign, Lichtenfels
 
Ausführende Firmen
Fa. Reve, Arch. Untersuchungen, Bamberg
Gföllner Fahrzeugbau, Stahlweiden, A-St. Georgen bei Grieskirchen
EW Technology, Planung Stahlweiden, A-Peuerbach
Prof. Dr. Guido Morgenthal, Gutachten Windbelastung Weiden / Weimar
Sylvie Krüger, Textilien, München 
 
Hersteller
Dach (Dachdeckung, Gründach etc.): Bauder
Fassadenelemente und -verkleidungen: Sky Frame
Fenster, Dachfenster, Verglasungen: Sky Frame
Türen, Tore: Maßanfertigung 
Bodenbeläge: Estrich, geschliffen
Beleuchtung: XAL / Move it System
Sanitärobjekte, Armaturen: Cielo, Duravit; Duten
Beschläge: Maßanfertigung
Wand- und Deckenverkleidungen innen: Aluminiumschaum Geradts GmbH
 
Bruttogeschossfläche
334,3 m²
 
Gesamtkosten
k.A.
 
Fotos
Sebastian Kolm Fotografie, Grub am Forst

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