Lernen im Holzmodul

Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten
21. Juni 2023
Farblich in Rottönen angelegt, bilden die Außenanlagen einen starken Kontrast zur im Sonnenlicht silbrig schimmernden Holzfassade der Schule. (Foto: Till Schuster)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Auf dem Standort der ehemaligen Volkshochschule stand in Dresden ein geeignetes Grundstück für eine Bauauslagerungsschule zur Verfügung. Das 2019 in einem offenen Verfahren ausgeschriebene und zu planende Gebäude sollte so konzipiert werden, dass es für unterschiedliche Schultypen nutzbar ist.

Das jetzt entstandene Gebäude gliedert sich in zwei nahezu punktsymmetrische Baukörper, welche über eine Nord-Süd-Achse verbunden sind. Diese Halle dient der zentralen Erschließung des Gebäudes und ermöglicht im Erdgeschoss den Durchgang vom Vorplatz zum Pausenhof. Über die beiden einläufigen Hallentreppen, den Aufzug oder die beiden Treppenhäuser gelangt man in die Obergeschosse. Während die Fachklassen und Horträume entlang der Verbindungsachse angeordnet sind, liegen die Klassenzimmer in jeweils zwei Spangen nördlich und südlich der zentralen Innenhöfe. Am Ende jedes Baukörpers gibt es, zwischen den Klassenzimmerspangen am Innenhof liegende, Gruppenräume. Diese werden jeweils durch von den Klassenzimmern einsehbare Selbstlernzonen ergänzt und ermöglichen so ein differenziertes Lern- und Lehrangebot für ein breites Spektrum zeitgemäßer wie zukünftiger Unterrichtsmethoden.
Um eine kurze Bauzeit zu gewährleisten und gleichzeitig Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen  zu können, sollte die Schule von Anfang an in Holz-Modul-Bauweise geplant werden.

Gründung und Bodenplatte des Schulneubaus wurden in konventioneller Bauweise aus Stahlbeton errichtet. Darauf entstand das eigentliche Schulgebäude in Holz-Modul-Bauweise. Die dreidimensionalen Raummodule von meist 2,9m x 8,0 m Grundfläche wurden in der Produktionshalle seriell unter gesicherten Bedingungen zeitgleich zur Bodenplatte gefertigt. Für die Grundrisse hatte dies die strenge Einhaltung des erforderlichen Rasters zur Folge. Durch den hohen Vorfertigungsgrad konnte die Bauzeit auf der Baustelle für den Modulbau trotz der Verwendung von konventionellem Estrich auf neun Monate reduziert werden. 

Die Lärchenschalung erhält durch die Vorvergrauungslasur vonAnfang an ein edles gleichmäßiges Erscheinungsbild. (Foto: Till Schuster)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der aus zwei versetzten Baukörpern mit Innenhöfen bestehende Neubau wird stadträumlich so platziert, dass er sich in der Sichtachse des Schilfwegs von der Bodenbacher Straße aus präsentiert. Durch den zurückgesetzten Baukörper wird ein Vorplatz ausgebildet, von dem aus der Zugang zum Schulgebäude und zukünftig gegenüberliegend zur Turnhalle erfolgt. Während die Gebäude im nordöstlichen Grundstücksteil angeordnet sind, befinden sich die von der Straße abgeschirmten, zusammenhängenden Pausen- und Sportflächen der Schule im Süden.

Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Es handelte sich um ein VgV-Verfahren.

Vertikale Holz-Lisenen erzeugen Tiefe. Deren Anordnung im halben Modulraster und der Wechsel der Schalungsrichtung kaschieren die Modulstöße. (Foto: Till Schuster)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Sämtliche Wände sind in Holzmassivbauweise aus Brettsperrholz gebaut, sodass der Werkstoff Holz in großen Bereichen des Gebäudes als fertige Oberfläche sichtbar bleibt und eine angenehme Optik und Akustik erzeugt. Unterzüge und Stützen sind wegen der höheren statischen Beanspruchung aus Brettschichtholz (Baubuche) gefertigt. Die Fassade ist als vorgehängte, hinterlüftete Holzfassade ausgebildet. Die Lärchenschalung erhält durch die Vorvergrauungslasur von Anfang an ein edles gleichmäßiges Erscheinungsbild.

Der Neubau optimiert verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte. So verblieb ein großer Teil des Abbruchmaterials aus dem Vorgängerbau auf der Baustelle und wurde als Baugrundverbesserung unter dem neuen Schulgebäude eingebaut. Durch die Modulbauweise sind die meisten Bauteile gefügt und nicht verklebt, sodass die einzelnen Materialien bei einem Rückbau leicht voneinander getrennt werden können und kaum Sondermüll entsteht. Theoretisch könnte das Gebäude sogar abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Beim Bau der Schule wurden über 2.200m³ Holz verbaut und damit der Kohlenstoff aus ebenso vielen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gespeichert. Durch die Dachbegrünung, die Minimierung des Versiegelungsgrades der Freiflächen sowie unterirdische Rigolen kann das gesamte Regenwasser auf dem Grundstück versickern und so, genauso wie die vorgesehene Fassadenbegrünung, das Stadtklima positiv beeinflussen.

In den Außenanlagen werden Sport- und Pausenflächen überlagert, um möglichst viel vom vorhandenen Baumbestand erhalten zu können.

Die Innenhöfe im Gebäude dienen als kurzweiligerAufenthaltsbereich mit Sitzmöglichkeit und Begrünung. (Foto: Till Schuster)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Ursprünglich war der Schulneubau im Dresdner Stadtteil Seidnitz als Schulauslagerungsstandort für unterschiedliche Schultypen geplant. Er sollte sowohl das Raumprogramm einer dreizügigen Oberschule, als auch das für zwei zweizügige Grundschulen, gemäß Dresdner Schulbauleitlinie, ermöglichen. Eine kurzfristige Änderung der Schulbedarfsplanung nach Baubeginn führte dazu, dass doch eine vierzügige Grundschule an diesem Standort ihre neue Heimat erhalten sollte. Ohne größere Umplanungen konnte diese Änderung der Aufgabenstellung mit dem bestehenden Gebäudeentwurf umgesetzt werden

Die von den angrenzenden Klassenzimmern einsehbaren  Selbstlernzonen ermöglichen ein differenziertes Lern- und Lehrangebot. (Foto: Till Schuster)
Sitznischen mit Blick auf Vorplatz oder Pausenhof aus massiverEiche im 1. Obergeschoss der Halle. (Foto: Till Schuster)
Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?

Ich selbst bin DGNB Auditor und habe bereits vor 10 Jahren die erste Fortbildung in ressourcenschonendem Bauen absolviert. Einer unserer langjährigen Mitarbeiter ist Sachverständiger in nachhaltigem Bauen und auch das zirkuläre Bauen ist bei uns ein Thema.

Schwarzplan (Zeichnung: Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten)
Grundriss 1. Obergeschoss (Zeichnung: Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten)
Schnitte (Zeichnung: Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten)
Grundschule am Schilfweg
2022
Schilfweg 3
01239 Dresden
 
Nutzung
4-zügige Grundschule
 
Auftragsart* VgV-Verfahren
 
Bauherrschaft
Landeshauptstadt Dresden
 
Architektur
Peter Zirkel Gesellschaft von Architekten mbH, Dresden
Team: Emanuel Schmidt, Karin Elbert, Silke Wollenweber (Projektleitung)
 
Fachplaner
Tragwerk: Merz Kley Partner, Dornbirn (Österreich)
HLS: Dr. Scheffler & Partner GmbH, Dresden
Elektro: Ingenieurbüro für Elektrotechnik, Dresden
Freianlagen: Noack Landschaftsarchitekten, Dresden
 
Ausführende Firmen
Holzsystembau: Blumer Lehmann AG, Gossau (Schweiz)
Bodenplatte: Swietelsky Baugesellschaft GmbH, Meißen
Tiefbau: Holger Haupt Baugeschäft GmbH, Bannewitz
Außenanlagen: Josef Saule GmbH, NL Dresden
 
Hersteller
Lasur der Lärchenholzverschalung (Fassade): Pullex Silverwood Effekt Graualuminium
Holzfenster: Batimet TA35 FV
Fenstergriffe: FSB 34 1070
Aussentüren: Batimet TA 35 TNA
Innentüren: Reinaerdt HW/HSZ
Türbeschläge: FSB Serie 1070, Knauf 0802, Stange 66 6602;  GEZE TS 5000 ECline
Wandbekleidung Sanitär: Resopal Compact
Wandfliesen: Royal Mosa 16790
WC-Trennwände: Chemnitzer Trennwände CT42 S/HPL
Bodenbeläge: Forbo Marmoleum Cocoa Milk Chocolate und Fliesen: Mosa Tiles
 
Bruttogeschossfläche
6.300 m²
 
Gebäudevolumen
23.600 m³
 
Gebäudekosten
15.500.000 €
 
Gesamtkosten
20.000.000 €
 
Auszeichnung
Deutscher Holzbaupreis, Anerkennung
 
Fotos
Till Schuster, Dresden

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