Mit und ohne Bethaus? Natürlich mit!

Peter Petz
27. März 2013
Archäologisches Besucherzentrum um Bethaus am Petriplatz
Das Archäologisches Besucherzentrum Petriplatz ist in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Bethaus (s. Podest 2012KW44) zu betrachten. Welche Antworten gibt Euer Entwurf auf die Frage, die der Wettbewerb stellt?

Die wichtigsten Fragen, die der Wettbewerb gestellt hat, waren nach unserer Auffassung zum einen, wie man diesen etwas unwirtlichen Ort im Zentrum Berlins so besetzt, dass die Identität des Ortes gestärkt, beziehungsweise auch neu formuliert werden kann, zum anderen wie man ein relativ großes Haus über bedeutenden  Ausgrabungen errichtet, welchen Ausdruck ein Haus finden soll, in dem gleichzeitig ausgestellt und gearbeitet wird und nicht zuletzt, welche Antwort man auf die Tatsache gibt, dass in direkter Nachbarschaft ein Bet- und Lehrhaus errichtet werden soll. Die wichtigste entwerferische Maßnahme war, an das geplante Niveau der Überdeckelung des "archäologischen Geschosses" des Bet- und Lehrhauses anzuknüpfen, dadurch ein großzügigen, etwas erhöhten gemeinsamen Platz zu schaffen und die darunter liegenden Ausgrabungen gleichzeitig zu schützen und zugänglich zu machen. Das Gebäude selbst ist als bis zu 5-geschossiger Baukörper geplant, der im Grundriss der Figur der ehemaligen Lateinschule folgt. Die Außenkontur der früheren Lateinschule wird so wieder räumlich erfahrbar gemacht.

Lageplan
Wie kamt Ihr zu vorgeschlagenem Baukörper und Freiflächen?

Die "Steilvorlage" des erhöhten Platzniveaus aus dem Wettbewerbsbeitrag von Kühn Malvezzi für das Bet- und Lehrhaus wollten wir unbedingt aufgreifen und bis zum archäologischen Zentrum weiterführen (mit und ohne Bethaus). Dadurch ergibt sich ein in sich schlüssiges erhöhtes Niveau, das zudem über Oberlichter und Sichtöffnungen spannende Blicke auf die darunter befindlichen Ausgrabungsbereiche freigibt. Aber auch für den Fall, dass das Bethaus zunächst nicht gebaut wird, erscheint uns das angehobene Platzniveau sinnvoll zu sein. Die Kontur des Bethauses, bzw. die abstrahierte Kontur der Vorgängerbauten kann als Einschnitt in den Sockel für den Übergang als mit Bäumen bepflanzte Kiesfläche vorgesehen werden. Der Baukörper folgt, wie gesagt, in der Fassade der Kontur der ehemaligen Lateinschule und ist ansonsten aus dem städtischen Kontext und den städtebaulichen Vorgaben entwickelt.

Freianlagen und Archäologisches BesucherzentrumBlick auf die Freianlagen
Wie organisiert Ihr das Archäologische Besucherzentrum?

Das Besucherzentrum ist für die Besucher, wie die Ausgrabung auch aus den Arkaden entlang der Gertrauden Straße erschlossen. Durch ein auf Straßenniveau liegendes Foyer gelangt man über eine großzügige Treppe zum Haupterschließungsbereich des Zentrums, einen über den Hof belichteten, von Licht durchflutete Raumspange, von der aus auf allen Geschossen alle für Besucher zugänglichen Räume erschlossen sind. Sitznischen in den Fenstern und aus der Konstruktion entwickelte, geräumige Vitrinen machen diesen Bereich zum Herzstück der Anlage. Die Besucherbereiche sind räumlich bewusst offen gehalten, über Verglasungen und Türen können jedoch auch schnell für die Mitarbeiter geschützte Rückzugsbereiche geschaffen werden. Der Ausstellungs- und Vortragsbereich liegt attraktiv im obersten Geschoss des Gebäudes. Der Bereich der Ausstellung ist dabei eher introvertiert, öffnet sich zur Dachlandschaft hin wird zusätzlich über Oberlichter belichtet. Der Vortragsraum öffnet sich zu einer Loggia, die den Blick über die Stadt und Umgebung freigibt. Den Ausgrabungsbereich betritt man über den Eingang des Besucherzentrums unter den Arkaden. Von dort gelangt man über einen kurzen Treppenlauf zu einem Besuchersteg, der auf dem Niveau -1.50m durch die Ausgrabungsbereiche führt, sich aufweitet und verjüngt, den örtlichen Gegebenheiten anpasst und im besten Falle bis in den Ausgrabungsbereich unter dem Bethaus verlängert werden kann

Eingangsebene
Schnitt
Welches architektonische Thema war Euch besonders wichtig?

Uns hat vor allem die Frage bewegt, was eigentlich ein Archäologisches Besucherzentrum ist, Museum, Forschungsstätte, oder Werkstatt? Wir haben uns entschieden kein Museum, sondern ein Werkstatthaus, das auch als Schaulager dienen kann, bauen zu wollen, ein Gebäude das der Forschung dient, in dem Besucher aber dennoch einen Blick über die Schultern der Archäologen werfen und die Resultate deren Arbeit in unterschiedlichen Stadien betrachten zu können.

Blick aus der Gertraudenstraße
Welche Materialstrategie schlagt Ihr vor?

Das Gebäude ist stark geprägt von der Materialität des gewählten sandfarbenen Ziegels, der im Innen- und Außenbereich zum Einsatz kommt. Wir wollten bewusst keinen starken Kontrast zum Bethaus aufbauen sondern unser Haus sollte ein Ensemble mit seinem Nachbarn bilden. Unser Baukörper ist allerdings eigenständig genug, um nicht lediglich der kleine Bruder des Bet- und Lehrhauses zu sein. Der Wandaufbau ist als Abwandlung des Opus Caementitium konzipiert: Eine innere und eine äußere Sichtziegelschale werden mit Dämmbeton verfüllt, wodurch sich ein homogener Wandaufbau mit sehr guten energetischen und bauphysikalischen Eigenschaften ergibt. Die Verzahnung erfolgt klassisch, mittels Bindersteinen. Die Böden sind als robuste geschliffene Estriche, beziehungsweise Terrazzoböden vorgesehen. Die Decken erhalten einen Akustikputz in gebrochenen Weißtönen. Türen und Fenster sind aus weiß lasierter Eiche.

Detail
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Darüber wird derzeit engagiert diskutiert...

Erschließungsbereich
Archäologisches Besucherzentrum Petriplatz, Berlin
Begrenzt offener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren

Jury
Günter Pfeifer, Vors.
Jórunn Ragnaradóttir
Peter Brückner
Manfred Ortner
Donata Valentien

1. Preis
Arch.: Nagler Architekten
München
L.Arch.: Christina Kautz
Berlin

2. Preis
Arch.: AFF architekten
Berlin
L.Arch.: Bernard und Sattler
Berlin

3. Preis
Arch.: Bruno Fioretti Marquez Architekten
Berlin
L.Arch.: Vogt Landschaftsarchitekten
Zürich

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