Medizin-Campus in Halle (Saale)

Osterwold°Schmidt mit lohrer.hochrein
3. April 2024
Luftbild mit Entwurf (Visualisierung: Osterwold°Schmidt)

In der Nachbarschaft gibts so gut wie alles, vom Einfamilien- bis zum Hochhaus, vom Kindergarten bis zum Forschungslabor … ein bunter Mix an Maßstäben und Typologien: auf dem Grundstück selbst vier Punkthäuser mit studentischem Wohnen, eine Typenbau Turnhalle, die Mensa. Südlich und westlich der Weinberg Campus mit unterschiedlichen Instituten und nordwestlich über die Kreuzung das Uni-Klinikum und östlich die Saaleaue als Naherholungsraum.

Bestand (Luftbild: Auslobung)
Situation (Zeichnung: Osterwold°Schmidt mit lohrer.hochrein)
Wie fanden Sie zum vorgeschlagenen Gesamtbild?

Das war ein Weg mit einigen Kurven. Wir haben zunächst die klassischen Campus-Typologien durchgespielt. Die Aufgabe bestand in erster Linie darin insgesamt sechs Cluster mit je 10.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche auf dem Grundstück zu platzieren. Das Killerkriterium war die Forderung circa 600 Stellplätze insgesamt auf dem zu schaffen, das heißt der erste Gedanke: ein grüner, zentraler Campus wäre eine riesige Parkfläche geworden.

Wir haben uns daraufhin gefragt, ob es gelingen kann, nur den mittig gelegenen Bestandsparkplatz zu überbauen und damit fast den kompletten Baumbestand, und bis auf zwei Gebäude, auch den Bestand erhalten beziehungsweise auch weiterhin nutzen zu können. 

Situation (Zeichnung: Osterwold°Schmidt mit lohrer.hochrein)
Welche Bedeutung kommt der Freianlagenplanung zu?

Es sind es mehrere Aspekte, die uns dabei beschäftigten. Die Herausforderungen der Klimaanpassung berücksichtigt das Konzept mit einem kompakten Fußabdruck, der wenig versiegelt und viel Raum für erdgebundene Grünflächen wie intensive Dachgärten gibt. Starkregenereignisse werden in den randseitigen Parks auf dem Grundstück gepuffert. Strukturell ist im Freiraum ausreichend Flexibilität für die zukünftige architektonische Weiterentwicklung gegeben.

Und es geht um ein auch in der Zukunft prägnantes Bild des neuen Campus – und dieses Bild ist von einer Symbiose von Arbeitsplatz und Grün geprägt, vielfältig strukturiert und in großer nutzbarer Nähe zum Menschen. Die erforderlichen Funktionen sind subtil in die grüne Arbeitslandschaft gestalterisch integriert. Die querenden Fugen sind eine Abfolge von kühl schattigen Höfen mit blühenden Fassaden und plätschernden Regenwasserbrunnen. Auf dem Dach führen schmale Pfade durch artenreiche Hochstaudenfluren zu kleineren Plätzen. Die Randparks bilden mit kraftvollen Baumkulissen, den blühenden Wiesen und den vereinzelten Intarsien Bewegungsraum und geschützte Rückzugsorte für Denkpausen. Fließend gestaltet sich der Übergang in die angrenzende Auenlandschaft.

Cluster mit Verbindung zum Park (Visualisierung: Osterwold°Schmidt)
Cluster auf dem »grünen« Plateau (Visualisierung: Osterwold°Schmidt)
Wie organisieren Sie das »Theoretikum«?

Das Raumprogramm des geplanten »Theoretikum« besteht aus den Funktionsclustern Pandemieresilienzzentrum, Technologie und Forschung sowie Forschung, Kommunikation und Service bestehen. Insgesamt 60.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche auf einer Grundfläche von circa 212x52m. Final haben wir einen Cluster von circa 52x42 m entwickelt auf einem 3-geschossigen Sockel in Kombination mit viergeschossigen Solitären. Das leicht ansteigende Gelände erlaubte es, ein Parkdeck soweit »einzugraben« ohne die erdgeschossigen Durchgänge, Passagen und Innenhöfe der einzelnen Cluster zu stören. Die einzelnen Cluster können dann je nach Priorität nacheinander entwickelt werden und ergeben final eine bauliche »Spange« in Nord-Südausrichtung, die über zwei parallele Promenaden den Campus erschließen und vernetzen. Den ersten Baustein, das Pandemieresilienzzentrum haben wir losgelöst als sichtbaren Auftakt an der nordwestlichen Grundstücksecke platziert quasi als symbolischen Brückenschlag zwischen Uniklinikum und neuem Campus.

Cluster und Entwicklungspotenzial (Zeichnungen: Osterwold°Schmidt mit lohrer.hochrein)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Da sind wir wohlmöglich nicht die richtigen Antwortgeber. Im Moment läuft der Realisierungswettbewerb für den ersten Cluster, das Pandemieresilienzzentrum, als »Brückenschlag« zwischen dem Uniklinikum und dem neuen Campus. Hier gibt es auch schon die erste Konkretisierung zum Masterplan. Der erste Baustein soll im direkten Wortsinn ein zweigeteiltes Gebäude mit einer Brückenverbindung werden, da der Abriss des bestehenden Hochhauses nun nicht mehr zu Disposition steht. Somit könnte aus dem symbolischen Brückenschlag eben auch ein ganz realer, baulich und vielleicht gestaltgebender erster Abschnitt des Theoretikums entstehen. Prinzipiell halten wir unsere Gesamtidee aber für so kräftig und robust, dass die weiteren Entwicklungen und dynamischen Veränderungen auf dem Areal eine Chance für eine sehr kompakte und damit nachhaltige und flächensparende Bebauungstruktur, auf dem eine charaktervolle Architektur. zu entwickeln ist.

Medizin-Campus Weinberg der Universitätsmedizin – »Theoretikum« – in Halle an der Saale
Nicht offener Wettbewerb
 
Auslobung: Universitätsklinikum Halle/Saale (UKH), Klinikumsvorstand, Stabsstelle Bauprojekte
Betreuung: Schubert + Horst Architekten Partnerschaftsgesellschaft mbB, Dresden
 
Jury
Prof. Dr. Barbara Engel, KIT Karlsruhe (Vors.) | Prof. Ulrike Böhm, Universität Stuttgart | Axel Frühauf, München | Prof. Amandus Samsøe Sattler, Berlin | Prof. Ronald Scherzer-Heidenberger, Nürnberg | Peter Zirkel, Dresden | Prof. Dr. Claudia Becker, Rektorin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | Prof. Dr. Heike Kielstein, Dekanin Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Uni Halle-Wittenberg | Prof. Dr. Thomas Moesta, Uniklinikum Halle/Saale | René Rebenstorf, Stadt Halle/Saale | Nico T. Schröter, Stadt Halle/Saale
 
1. Preis
Osterwold°Schmidt Exp!ander Architekten, Weimar | Matthias Schmidt, Antje Osterwold
Mitarbeit: Marko Schneider, Jan Langhorst
lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh, München | Axel Lohrer

2. Preis
Atelier Schmelzer Weber Architekten PartGmbB, Dresden | Paul Schmelzer
Querfeldeins Landschaft, Städtebau, Architektur, Dresden | Annegret Stöcker, Daniel Stöcker-Fischer, Frank Großkopf
Mitarbeit: Patrick Wenske, Jonas Rehwagen, Clara Prugger, Helena Nienhaus, Sophia Till
 
3. Preis
wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh, Dresden | Martin Richter, Christian Xyländer
Mitarbeit: Eric Bretschneider, Justus Grützner, Katharina Wiehl, Paula Noack, Haoyi Wang, Steven Gensel
Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden
Mitarbeit: Martin Mengs, Marie Bêlohoubková
Fachberatung: GRAS* Gruppe Architektur & Stadtplanung, Dresden
Modell: DK Architekturmodellbau, Dresden

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