Stadtbausteine statt Kaufhof

Manuel Pestalozzi
8. Januar 2024
Der Kopfbau des Entwurfs von Baumschlager Eberle ist zum Wilhelmsplatz orientiert. (Visualisierung: LBBW Immobilien © Baumschlager Eberle Architekten, Berlin)

Der Abriss des im Sommer 2020 geschlossenen Kaufhofs ging nicht ganz ohne Protest über die Bühne. Die Struktur des Komplexes war noch in gutem Zustand, selbst Stuttgarts OB verwendete sich kurz vor dem Auffahren der Gerätschaften für einen Stopp. Schließlich setzte sich der Wunsch des Hauptmieters, der mittlerweile insolventen Signa-Gruppe des österreichischen Immobilienmoguls René Benko, durch. Seither öffnet sich am Wilhelmsplatz in Bad-Cannstatt eine Baugrube, die aktuell in der Satellitenaufnahme bei Google Street View beinahe wie ein Land Art-Projekt ausschaut. Die Stadt nutzte die Brache im vergangenen Sommer denn auch im Rahmen der Veranstaltung »Current – Kunst und urbaner Raum« für Performances und Installationen.

Durch die neue Durchwegung ist das Areal besser ins Quartier integriert. (Plan: LBBW Immobilien © Baumschlager Eberle Architekten, Berlin)

Eigentümerin des zentral gelegenen, rund 4.000 Quadratmeter große Areals ist seit Februar 2023 die LBBW Immobilien-Gruppe. Seitdem arbeitet sie nach eigenen Aussagen gemeinsam mit Vertretern der Politik und dem Stadtplanungsamt mit Hochdruck daran, die Baulücke schnellstmöglich zu schließen. Der nun entschiedene Realisierungswettbewerb soll den ersten Schritt zur Schaffung eines architektonisch ansprechenden Gebäudes markieren, das dazu beiträgt, den Wilhelmsplatz aufzuwerten. Vorgesehen ist ein Ensemble aus repräsentativen Stadtbausteinen. Am Wilhelmsplatz soll ein »betont hochwertiger Kopfbau« Orientierungshilfe für die unterschiedlichen Verkehrs- und Nutzerströme leisten. Eine zwischen Badstraße und Badgraben, am Rand der historischen Altstadt, eingefügte Durchwegung verbindet die beiden Baukörper. Sie ermöglicht die Ausbildung eines kleinen Platzes an der Marktstraße. Die Flächen des Erdgeschosses sind durchgängig für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Positiv bewertete die Fachjury die Anordnung des Lebensmittelmarktes im Untergeschoss, die eine zusätzliche Belebung dieses Bereichs begünstigt. Es stellt sich die Frage, ob sich ähnliche gestalterische Ziele auch mit der bestehenden Struktur, die sich zum öffentlichen Raum bislang kleinteilig und abwechslungsreich gab, hätten realisieren lassen. Leider lohnt es sich nicht mehr, diese Möglichkeiten zu diskutieren. Wenn alles läuft wie geplant, wird im Jahr 2025 mit dem Bau begonnen, meldet LBBW. Die Fertigstellung ist für 2027 angekündigt.

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