Die Zukunft von Hamburgs Köhlbrandbrücke

Manuel Pestalozzi
10. Juli 2023
Mit den beiden bügelartigen Pylonen prägt die Köhlbrandbrücke die Skyline des Hafengebiets zwischen Norder- und Süderelbe. (Foto: Gunnar Ries/Wikimedia Commons)

Das Brückenbauwerk besteht aus zwei Rampenbrücken und einer Schrägseilbrücke über den Köhlbrand, einen Mündungsarm der Süderelbe in die Norderelbe in Hamburgs Hafengebiet, entworfen von dem Bauingenieur Paul Boué und dem Architekten Egon Jux. Es ist durch die Behörde für Kultur und Medien in der Liste der Hamburger Kulturdenkmäler erfasst und schmückte 1987 gar eine Sonderbriefmarke. Insbesondere die zwei expressiven, bügelförmigen Pylonen der Schrägseilbrücke, die in der Nacht blau angestrahlt werden, prägen mit ihrer Höhe von über 100 Metern die industriell geprägte Umgebung. Der Köhlbrandbrückenlauf und die Vattenfall Cyclassics, welche der Bevölkerung ausnahmsweise ohne Auto Zutritt zur Brücke gewähren, stärken die emotionale Bindung zur Stadt. Von 2014 bis 2016 wurde die Köhlbrandbrücke umfassend saniert und bekam eine neue Asphaltdecke sowie neue Fahrbahnübergänge. Zusätzlich wurde der Fahrbahnbelag an den beiden Rampen zur Hochbrücke erneuert. Die Grundinstandsetzung der Brücke kostete rund 60 Millionen. Dennoch wird das Werk als marode bezeichnet, und bereits 2012 gab der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz bekannt, dass es abgerissen und ersetzt werden soll. Nach der Website der Hansestadt Hamburg ist mit einem Rückbau ab 2034 zu rechnen.

Es gibt handfeste Gründe für die Entfernung der Brücke. Neben dem Verkehrsaufkommen, das deutlich höher ist als erwartet, stellt die Durchfahrtshöhe von 54 Metern ein Problem dar. Schon heute können viele Containerschiffe die Köhlbrandbrücke nicht mehr unterqueren, die Zufahrt zum Containerterminal Altenwerder, dem modernsten Terminal im Hamburger Hafen, bleibt ihnen verwehrt. Angestrebt werden müsste für eine neue Brücke eine lichte Höhe von 72 Metern. Vor rund fünf Jahren gab die Stadt eine Machbarkeitsstudie für ein Ersatzbauwerk in Auftrag, welche auch die Variante Tunnel untersuchte. 

Tunnel, neue Brücke – bewahren?

Längst ist das Vorhaben ein umstrittenes Politikum. Im Juni erfolgte der vorläufige Stopp der Variante Tunnel. Eigentlich sei diese bereits beschlossene Sache gewesen, meldete NDR. Es zeigte sich, dass sie eine sehr teure Lösung wäre: Inklusive der notwendigen 35 zusätzlichen Ingenieurbauwerke würde der Tunnel, der 5,40 Meter tiefer als anfänglich geplant gebohrt werden müsste, mehr als 5,3 Milliarden Euro kosten. Dies gab den Ausschlag, von dieser Variante vorerst Abstand zu nehmen. Die seit Jahren andauernden Planungen für die Querung haben nach Angaben des Senats bereits 56 Millionen Euro gekostet. Jetzt steht bei den Planungen eine höhere Brücke im Vordergrund – allerdings wird seitens der Politik auch schon von einem Planungsdesaster gesprochen. Und im Hamburger Abendblatt meldete sich Maria Lehmann zu Wort. Die Witwe des Architekten Oskar Lehmann, der sich im Büro von Egon Jux am Entwurf beteiligte, will für den Erhalt der bestehenden Brücke kämpfen.

Der geplante Rückbau wurde gemäß NDR mittlerweile von 2034 auf 2036 verschoben. Aber für den dauerhaften Fortbestand dieses stark beanspruchten Bauwerks bestehen wohl kaum Hoffnungen. Laut Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) ist eine weitere Sanierung keine Lösung. Die Lebensdauer von Brückenbauwerken dieser Bauart aus den 1970er-Jahren sei begrenzt und Sanierungsarbeiten wären extrem teuer. »Deswegen ist die Option nicht völlig unmöglich, dass man sie erhält, aber es ist nicht realistisch und es ist wirtschaftlich vor allem gar nicht sinnvoll«, sagte die Amtsträgerin gegenüber dem NDR.

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