In neuer räumlicher Einheit

Schmitz Architekten
14. Juni 2023
Das Wohnheim bildet den Auftakt zum Montag-Campus mit seinem Park und dem denkmalgeschützten Gebäudebestand. (Foto: Jens Kirchner)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Am Anfang war der Stiftungscampus eine Ansammlung von unterschiedlichen Gebäuden, die von den vorherigen Eigentümern durch Zäune und Mauern voneinander getrennt wurden. Zusätzlich sollte nun auf einer Brachfläche an der nördlichen Grundstücksgrenze Wohnraum für Studierende entstehen. Die Herausforderung bestand darin, die drei historischen Villen aus dem 19. Jahrhundert, das elegante Verwaltungsgebäude des Raiffeisenverbandes aus den 1950er-Jahren und das geplante Studentenwohnheim zu einer räumlichen Einheit zusammenzuführen. Die Idee war ein großer Park, in dem die Bäume und die Gebäude mit ihrer jeweils eigenen Geschichte und Patina einen besonderen und – durch Präsenz von jungen Menschen – auch einen lebendigen Ort in der Stadt schaffen.

Die neuen Gebäude ergänzen die historischen Villen aus dem 19. Jahrhundert. (Foto: Jens Kirchner)
Ausblick ins Grüne. Die gemeinschaftlichen Terrassen auf den Etagen öffnen sich zum Park. (Foto: Jens Kirchner)
Grün und Grün im Park. Die Profile für die Keramikfassade wurden individuell entworfen und in zwei Grüntönen glasiert. (Foto: Jens Kirchner)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Wir haben uns die Frage gestellt, wie man am besten für einen begrenzten Zeitraum zusammen wohnen und arbeiten kann, da aufgrund des Studiums die Bewohner ab und zu wechseln. Als Inspiration dienten dabei die erprobten Wohnformen vom Kloster bis zur Baugruppe. Das eigene Zimmer mit Bad war als privater Rückzugsort gesetzt. Als Angebot für die Gemeinschaft sind in jeder Etage jeweils sieben private Räume um ein zentrales Wohnzimmer gruppiert, das mit Küchenblock und einem großen Tisch zum gemeinsamen Lernen, Kochen und Essen einlädt. Eine vorgelagerte Terrasse erweitert das Angebot in den Sommermonaten. Diese Wohnform würden wir gerne auch für andere Nutzergruppen, wie ältere Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen, bei zukünftigen Projekten anbieten.

Zusammen Wohnen, Arbeiten und Kochen. Der Gemeinschaftsraum ist das kommunikative Zentrum für jede Wohngruppe. (Foto: Eberhard Weible)
Natürliche Materialien und individuell vom Schreiner gefertigte Möbel prägen die Atmosphäre in den Zimmern. (Foto: Montag Stiftungen)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Freistehende Gebäude im Park prägen das Rheinufer im Bonner Süden und das nähere Umfeld auf dem Stiftungscampus. Die beiden neuen Häuser orientieren sich in ihrem Volumen an dieser Typologie und schaffen mit den benachbarten Villen ein Ensemble mit einer abwechslungsreichen Silhouette. Vom Rhein erreicht man über mehrere Geländeniveaus und Wiesen, die zum Aufenthalt und zur Erholung einladen, das obere Parkniveau mit seinem imposanten Baumbestand. Die beiden Solitäre des Wohnheims bilden mit dem historischen Gebäudebestand einen zentralen Platz als Treffpunkt für alle, die auf dem Campus wohnen und arbeiten.

Die denkmalgeschützten Villen am Rhein werden nach langen Leerstand wieder genutzt. Die Wohnheime bringen Leben auf den Campus. (Foto: Jens Kirchner)
Die neue Terrasse verbindet die ehemals durch eine Mauer getrennten Parzellen und Solitäre. (Foto: Jens Kirchner)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Im Jahr 2016 wurde ein Wettbewerb mit sieben Architekturbüros durch den Stifter Carl Richard Montag ausgelobt. Unser Beitrag erhielt den 1. Preis und wir wurden dann 2019 durch die Förderstiftung mit der Planung beauftragt. In der Zwischenzeit musste noch die Nutzung der beiden leerstehenden Villen geklärt werden, in denen zunächst ebenfalls studentisches Wohnen vorgesehen war, die aber jetzt die Montag Stiftungen selbst nutzen. Auch für die Sanierung und Umnutzung dieser Gebäude erhielten wir den Planungsauftrag.

Ein neues Treppenhaus bringt die unterschiedlichen Stiftungen auf den Geschossen zusammen. (Foto: Jens Kirchner)
Der ehemalige Dachboden wird zur beliebten Arbeitslandschaft. (Foto: Jens Kirchner)
Die Kantine in den Kellergewölben ist ein Treffpunkt für alle, die auf dem Campus arbeiten. (Foto: Jens Kirchner)
Großzügige Öffnungen und Raumfluchten bietet einmalige Ausblicke. (Foto: Jens Kirchner)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?

Im Wettbewerb haben wir noch einen Bau und eine Fassade in Holz vorgeschlagen. Neben den Problemen im Brandschutz und den Wünschen der Bauherrschaft erschien uns im weiteren Prozess eine mineralische Oberfläche die passendere Antwort auf die klassizistischen Villen mit ihren reichhaltigen Stuckarbeiten und robusten Natursteinverkleidungen zu sein. Wir entwarfen eine glasierte Keramikverkleidung in zwei Grüntönen, deren Profilierung und Glanz zu unterschiedlichen Reflexionen und Eindrücken je nach Tages- und Jahreszeit führt. Die Einschnitte für Fenster und Loggien werden durch weiße Metallrahmen akzentuiert. Die Sichtbetondecken, die Parkettfußböden und die vom Schreiner gefertigten Möbel, die wir auch entwerfen durften, prägen die Atmosphäre im Inneren.

Zäune, Mauern und eine Baracke aus der Nachkriegszeit prägten lange Zeit die Atmosphäre auf dem Gelände. (Foto: Montag Stiftungen)
Lageplan Stiftungscampus (Zeichnung: RMPSL LA)
Gemeinschaftliches Wohnen (Zeichnung: Schmitz Architekten)
Ansicht (Zeichnung: Schmitz Architekten)
Fassadenschnitt Loggien (Zeichnung: Schmitz Architekten)
Romeo und Julia
2022
Raiffeisenstraße
53113 Bonn
 
Nutzung
Wohnen für Studierende
 
Auftragsart
Auftrag nach Realisierungswettbewerb 1. Preis
 
Bauherrschaft
Carl Richard Montag Förderstiftung, Bonn
 
Architektur
Schmitz Architekten, Köln
Team: Peter Schmitz mit Daniel Ajwani, Monika Kalpakidis, Thomas Riese, Silvia Tusa
 
Fachplaner
Landschaftsplanung: RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Bonn
Tragwerksplanung, Bauphysik, Brandschutz: HZI - Henneker Zillinger Ingenieure, Bonn
HLS: Planungsbüro Weidemann, Bad Sassendorf
Elektro: Michael Bruch Elektrotechnik GmbH, Helferskirchen
 
Bauleitung
Montag Service GmbH, Bonn
Helmut Dingendorf, Christian Röttgen
 
Ausführende Firmen
Rohbau: Otto Jung GmbH, Troisdorf
Fassade: Gramon GmbH, Torgau 
Fenster: TTSM – Metallbau, Schwalmtal
Dachdeckerarbeiten: Franzen Dachtechnik GmbH, Kottenheim
Schlosser: Metallbau Demuth, Hennef
Terrassen: Ralph Hache, Neunkirchen
Trockenbau: Malaj – Bau, Sankt Augustin
Malerarbeiten: Dirk Goffin Malermeister, Alfter
Parkett: Esper & Co. GmbH, Wiesbaden
Küchen: Tischlerei Mario Gießelbach GmbH & Co.KG, Hennef 
Möblierung Zimmer: K&S Objektmöbel Tischlerei GmbH, Coswig
Fliesen: Fliesen-Strang GmbH, Troisdorf
Innentüren: Egbert Balzar GmbH, Dürrholz
Werkstein: Anpado GmbH Natur und Betonwerkstein, Selm
Estrich: Ralf Georg Behr GmbH, Siegburg
HLS: Radiator Haustechnik Bonn GmbH; Bonn
Wärmepumpe: Metternich-Haustechnik GmbH, Windeck
Elektro: Michael Bruch Elektrotechnik GmbH, Helferskirchen
Aufzug: C. Haushahn GmbH & Co. KG, Köln
Klingelanlage, Paketbox: SKS-Kinkel Elektronik GmbH, Hof/Westerwald
 
Hersteller
Keramik: NBK Keramik GmbH, Emmerich am Rhein
Fenster: Hueck System GmbH & Co. KG, Lüdenscheid
Dach: Kalzip GmbH, Koblenz
 
Energiestandard
KfW Effizienzhaus 55
 
Bruttogeschossfläche
3100 m² 
 
Gebäudevolumen
9.500 m³
 
Gesamtkosten
7.000.000 €
 
Fotos
Jens Kirchner (10)
Eberhard Weible (1)
Montag Stiftungen (2)

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