Regional beeinflusst

hutterreimann Landschaftsarchitektur
22. Mai 2019
Blick auf den Quartierspark Linsingenkaserne (Visualisierung: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
In Hameln soll auf dem Gelände der ehemaligen Linsingenkaserne ein attraktiver und qualitätvoller Quartierspark entwickelt werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?

In einem ruhigen, durchgrünten Wohngebiet mit Einzel- und Reihenhausbebauung, nördlich der historischen Altstadt Hamelns, stellt sich die ehemalige Linsingen-Kaserne mit ihren hohen Natursteinmauern derzeit eher verschlossen und abweisend wie eine „Gated community“ dar. Lediglich der zum Teil wertvolle Altbaumbestand an ihren Rändern wirkt einladend.

Im Inneren präsentieren sich die ehemaligen Mannschaftsunterkünfte als schlichte Architektur der 1930er-Jahre mit kasernentypischen Nebenanlagen wie Werkstätten und Garagen. Ergänzend hierzu finden sich gesichtslose Verwaltungs- und Versorgungsgebäude sowie Freizeitangebote wie Turnhalle, Fitnessräume und Kino. Die im Jahre 2005 errichtete Mensa und zwei kleinere, der Versorgung dienende Gebäude sollen erhalten bleiben.

Die Freiflächen sind durch funktionale Flächenversiegelungen für Verkehr, Wegeerschließung und den zentralen, abgesenkten Exerzierplatz gekennzeichnet. 

Den Hamelnern war das Gelände seit jeher unzugänglich, war „Terra incognita“.

Bestand (Foto: Auslober)
Welches sind die Kerngedanken Ihres Entwurfs?

Die Verknüpfung mit dem städtischen Kontext, die Öffnung der neuen Parkananlage wie des gesamten Campus als einladende Geste an die Bewohner der Stadt und die Nutzungsvielfalt des Freiraumes stehen im Mittelpunkt des Entwurfes. Wir wollen mit angemessenen Mitteln einen spezifischen Freiraum für die Stadt Hameln entwickeln, der die regionalen Charakteristika des Weserberglandes mit den Wünschen und Ansprüchen seiner Nutzer kombiniert.
 

Fünf „Ankerplätze“ öffnen den Park zur Umgebung wie zeichenhafte Eingangstore. Zwischen ihnen werden die geschwungenen Wegeverbindungen wie Sehnen gespannt und ermöglichen eine Querung des Parks aus allen Richtungen, verbinden und vernetzen den gesamten Campus und alle anschließenden Quartiere. Sie bilden im Zentrum des Quartiers eine Platzaufweitung mit akzentuierenden Sitzelementen und eingefügten Baumbeeten, das Herz des Parks.

Vier grüne Parkareale mit jeweils eigenständigem Charakter ermöglichen unterschiedliche Nutzungen: Die „Freie Wiese“ mit randbündig gestreuten (Zier)Obstbäumen bietet viel offenen, multifunktionalen Freiraum für informelles Spiel, Picknick und ruhige Liegewiesen. Das „Gemischte Wäldchen“ ermöglicht auf einem sanftem Hügel und leicht überhöhtem Wiesenbereich Übersicht, Blickbezüge und schattigen Aufenthalt unter dem Kronendach eines kleinen Wäldchens aus gemischten, regionaltypischen Baumarten, lädt bei Schnee zum Rodeln ein und nimmt zu guter letzt im Massenausgleich freudig den Bodenaushub der benachbarten Flächen auf.

Die „Feuchte Senke“, eine naturnahe Blumen- und Kräuterwiese trägt – als Insekten- und Vogelparadies - zur Biodiversität bei und dient gleichzeitig – im Überflutungsfall nach Starkregenereignissen - als Retentionsraum für den geplanten, benachbarten, großen Berufschulkomplex. „Last not least“ greift die urbane „Arena“ mit modernen Freizeitsport- und Bewegungsangeboten für alle Generationen die vorhandenen Geländeabsenkung des ehemaligen Exerzierplatzes mit einer großzügigen Sitzstufenlandschaft auf; der Ort für´s Sehen und Gesehen werden.

Lageplan (Zeichnung: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Schnitt (Zeichnung: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Vernetzung und Nutzungsverteilung (Piktogramme: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Welche übergreifenden Qualitäten waren Ihnen besonders wichtig?

 Im Mittelpunkt steht unser Anspruch einen modernen, zeitgemäßen Park für die ganze Stadt zu schaffen, der die Wünsche der Bewohner in eine angemessene Gestaltung überführt und generationsübergreifend angenommen wird. Dabei sind soziale Eigenschaften und Funktionen wie Inklusion - im Sinne des „Design for all“ -, eine ökologische Anspruchshaltung und eine modernes, hochwertiges Design keine Widersprüche sondern gleichbedeutende Faktoren einer starken, neuen Identität dieses Stadtraumes. 

Ausschnitt (Zeichnung: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Ausschnitt (Zeichnung: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Die Abbruchmaßnahmen sind für dieses Jahr geplant und wir gehen derzeit davon aus, dass wir in 2020 mit den Baumaßnahmen beginnen können.

Städtebau und Erschließung (Piktogramme: hutterreimann Landschaftsarchitektur)
Quartierspark Linsingenkaserne in Hameln
Nichtoffener Realisierungswettbewerb

Auslober/Bauherr: Stadt Hameln, Hameln
Betreuer: scheuvens + wachten plus planungsgesellschaft mbh, Dortmund 
 
Jury
Prof. Dr. Frank Lohrberg, Vors. | Hermann Aden | Prof. Ulrike Beuter | Prof. Klaus Overmeyer | Friedhelm Terfrüchte
 
1. Preis
Landschaftsarchitekt: hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH, Berlin

 
2. Preis 
Landschaftsarchitekt: GRIEGER HARZER, Berlin

 
3. Preis
Landschaftsarchitekt: STUDIO RW | Landschaftsarchitektur, Berlin 

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