Zinnen und Mäander

Carsten Sauerbrei
5. Mai 2017
Mit ungewöhnlichen Formen und einer interessanten Materialkombination präsentiert sich das neue Umspannwerk. (Bild: Michael Heinrich)

Die Entwerfer des Büros Hild und K Architekten sind bekannt für ihre Lust am Ornament. Oft bewiesen sie damit, dass wärmegedämmte Fassaden nicht langweilig aussehen müssen. Beim unlängst fertig gestellten Umspannwerk Schwabing zeigen sie diesmal, dass auch minimalistische Sichtbetonoberflächen vom Spiel mit Mustern und Geometrie profitieren können. Wobei die dekorativen Dachzinnen des Gebäudes keinerlei Bezug zu Geschichte oder Nachbarschaft haben, sondern vom humorvoll lapidaren Umgang der Architekten mit der aufgeschobenen Aufstockung des Gebäudes durch Büroetagen, also der Beschneidung ihres Projektes zeugen. 

Das neue Umspannwerk ersetzt ein benachbartes älteres Werk direkt am Münchner Elisabethplatz, das demnächst Wohnungen und Büros weichen wird. (Bild: Michael Heinrich)

Der Neubau des Umspannwerks ist Teil einer Umgestaltung der südlich an den Münchner Elisabethplatz angrenzenden Gebäude der Stadtwerke München. Technische Fortschritte machten es möglich, dass das im letzten Jahr fertiggestellte, neue Umspannwerk wesentlich kleiner ist als ein altes auf dem gleichen Grundstück. Wenn die neue Anlage im Sommer endgültig in Betrieb geht, wird es den gesamten Münchner Stadtteil Schwabing mit Strom versorgen und damit die ältere Anlage ersetzen. Dann können direkt am Elisabethplatz neue Wohnungen und Büros entstehen. Die Fassade des ursprünglich bereits im Jahr 2006 für die Stadtwerke München als Prototyp entwickelten Gebäudes thematisiert in ihrer rauen Anmutung die Eigenart des Zweckbaus: Der roh belassene, massive Ortbeton trage die Spuren des Fertigungsprozesses offen zur Schau, so die Architekten in ihrer Entwurfserläuterung.

Mit stark plastisch wirkenden Elementen erhält die Fassade eine attraktive räumliche Tiefe. (Bilder: Michael Heinrich)

Schon beim Entwurf des Prototyps konzipierten «Hild und K» das Umspannwerk als Stahlbetongebäude in Halbfertigbauweise mit einer Sichtbetonfassade, deren technisch notwendige Öffnungen durch rahmenartige, mäandernde Stahlbetonfensterelemente eingefasst werden. Mit der Entscheidung für das hoch leitende Kupfer als Verkleidung der Öffnungen, das heißt der Türen, der Einbringöffnungen der Transformatoren und der Streckmetallgitter der Lüftungsöffnungen, stellen «Hild und K» bei der ersten Realisierung des Prototyps den Bezug zur Funktion des Gebäudes her. Selbst die Fallrohre und die Absturzsicherungen zwischen den Zinnen sind aus diesem, einen angenehm intensiven Kontrast zum Beton bildenden Material. Sollte eines Tages die ursprünglich bereits für den ersten Bauabschnitt vorgesehene, zweigeschossige Aufstockung realisiert werden, werden die Zinnen zwar verschwinden, aber bis dahin kann dieses heutzutage eher ungewöhnliche Architekturelement je nach Geschmack bestaunt oder kritisiert werden. 

Künftig sind für das Gebäude zwei zusätzliche Bürogeschosse vorgesehen. (Bild: Hild und K Architekten)

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