Verdichtung am Elbufer

Katinka Corts
19. März 2019
Die geplanten Neubauten vervollständigen die Bebauung hinter der Uferpromenade (Bild: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH)

Dresdens Bevölkerungszahl, die zwischen der politischen Wende 1989 und bis zum Jahr 2000 abnahm, steigt seit fast 20 Jahren kontinuierlich. Bis Ende 2017 verbuchte die Stadt einen Zuwachs von 80’000 Personen und gilt damit als eine der am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands. 
Dresden, das von außen oft auf das historische Stadtbild mit der wieder aufgebauten Frauenkirche, die Semperoper und die Raddampfer auf der Elbe reduziert wird, will sich mit Leitbildern für neue Stadtteile, Landschaftsgestaltung und zeitgemäßen Städtebau beschäftigen. In der aktuellen Gesprächsreihe „Baustelle Dresden. Städtebauliches Quartett“, veranstaltet von der Sächsischen Akademie der Künste und der Dresdner Stadtplanung sollen die Planungsaufgaben der nächsten Jahrzehnte diskutiert werden.
In der ersten Veranstaltung, die diesen Mittwoch stattfindet, sprechen Architekt Wolfgang Lorch und Architekt und Denkmalpfleger Thomas Will mit dem Dresdner Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (der ebenfalls im Bereich Architektur diplomiert hat) über die abgeschlossenen Projekte in der Dresdner Altstadt und die aktuellen Planungen für den Neustädter Markt.

Plan: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH
Historische Muster weiterbauen

In dem offenen zweiphasigen Ideenwettbewerb hatte die Jury am 11. Februar dieses Jahres aus 28 Arbeiten zunächst fünf gewählt und schließlich drei Preisträger benannt. Den Wettbewerb für das Königsufer gewannen die Berliner Bernd Albers Architekten in Zusammenarbeit mit Vogt Landschaftsarchitekten (Zürich / Berlin). In ihrem Entwurf schlagen sie vor, das Elbufer mit seinen prägenden Bürgerhäusern an der vorgelagerten Elbterrasse in zwei Bauabschnitten wieder zu gewinnen und zugleich den barocken Platz des Neustädter Marktes zu reaktivieren. 
Pavillonbauten und das wieder aufzubauende „Narrenhäusl“ werden den Brühlschen Terrassen ein Gegenüber bilden. In den neuen Gebäuden: Ateliers und Galerien, zudem Arztpraxen, Büros und Gastronomie. Die teilweise rekonstruierten Bürgerhäuser ermöglichen eine kleinteilige Wohnhaustypologie für städtische Wohnprogramme. In der zweiten Stufe schlagen die Verfasser vor, die Straßenbreite zu reduzieren und so den barocken Marktplatz teilweise wiederzubeleben. Gleichzeitig würden so weitere Baufelder entstehen.

Visualisierung: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH
Die Akzeptanz des Neuen

Der Neustädter Markt ist, neben Altmarkt und Neumarkt, eine wichtige Platzanlage. Auf Anwohnerseite werden die Planungen jedoch nicht nur als positiv wahrgenommen – in Befürchtung von Mietsteigerungen und einer verbauten Elbsicht hat sich die Bürgerinitiative Neustädter Freiheit gegründet. Ihr zufolge sollte die Stadt am Status quo festhalten und auf eine Bebauung verzichten. Ein Kommentar auf der Facebook-Seite der Initiative verdeutlicht das Dilemma, in dem sich zahlreiche Planungen für Neubebauungen heutzutage befinden: „Es ist ein historischer Platz, wenn auch jünger als aus der Barockzeit und es ist ein genutzter Platz. […] Das macht [ihn] für mich erhaltenswert und relevant.“ 
Die Stadt hingegen zeigt sich sichtlich stolz über die Einbeziehung der Dresdnerinnen und Dresdner im Rahmen einer Bürgerwerkstatt. „Erstmals konnte [die Bevölkerung] sich direkt in das Wettbewerbsverfahren einbringen und uns Hinweise geben, die das Preisgericht in seine Entscheidung einbezog“, erläutert Raoul Schmidt-Lamontain. „Das Verfahren zeichnet sich durch eine neue Qualität und Intensität der Bürgerbeteiligung aus, die für uns als Stadtplaner wie für die Stadtgesellschaft ein Gewinn ist.“

Ein Gewinn für die Stadt, die Anwohnerinnen und Anwohner sowie das Gesamtbild am Elbeufer wird es vor allem sein, wenn sich die nun grob formulierten Bauformen dereinst mit dem Bestand in ein funktionierendes Gesamtbild fügen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, wie schon die letztjährigen Streitigkeiten um die Rekonstruktion des Narrenhäusls erahnen lassen. Immerhin sind Herr und Frau Dresdner*in diesbezüglich nach den Rekonstruktionen rund um die neue alte Frauenkirche ja schon einiges gewohnt und abgehärtet. 

Plan: BERND ALBERS Gesellschaft von Architekten mbH

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