Staatspreis für Architektur 2023

Studierendenhaus der TU Braunschweig prämiert

Katinka Corts
1. Oktober 2023
Staatspreis für Architektur: Studierendenhaus TU Braunschweig. Architektur: Gustav Düsing & Max Hacke, Bauherr: TU Braunschweig, Tragwerksplanung: Knippers Helbig Ingenieure, TGA und Bauphysik: Energydesign (© Gustav Düsing & Max Hacke, Foto: Iwan Baan)

Die Jury des Preises hat es sich nicht einfach gemacht: Auf die Auslobung zum Deutschen Architekturpreis hatten sich dieses Jahr 162 Büros mit insgesamt 193 Projekten beworben und qualifiziert. Nach zwei Wertungsrundgängen der Jury im März unter Vorsitz von Regine Leibinger gelangten 22 Arbeiten in die engere Wahl. Diese galt es zu bereisen, was bis Juni geschah. Im Laufe der zweiten Jurysitzung verengte sich das Feld nach intensiven Diskussionen auf jene Bauten, die nicht nur »grandios sind, sondern auch einen wirklichen Beitrag leisten«, wie es Andrea Gebhard, die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, in ihrer Rede ausdrückte. Und: Sie freue sich, dass »hier auch junge Kolleginnen und Kollegen dabei sind, die sich aufgemacht haben, uns neue Arbeiten zu zeigen.«
 

Auszeichnung: Kornversuchsspeicher in Berlin. Architektur: AFF Architekten, Bauherr: Adler Group, Tragwerksplanung: ISKP Planungsgesellschaft für Brücken und Ingenieurbauwerke, TGA: Passau Ingenieure, Bauphysik: Andreas Wilke, Landschaftsarchitektur: capattistaubach urbane landschaften (Foto: German-Architects)
Auszeichnung: Kunstraum Kassel. Architektur: Innauer Matt Architekten, Bauherr: Universität Kassel, Bauleitung: pape+pape Architekten, Statik: Merz Kley Partner ZT GmbH, HLS: PPC Projekt-Planung & Consulting GmbH, Holzbaubetrieb: i+R Holzbau, Elektroplanung: kbi - keydel bock ingenieure GmbH, Bauphysik: DI Günter Meusburger, Landschaftsarchitektur: schöne aussichten landschaftsarchitektur, Lichtplanung: Manfred Remm, Lichtlinsen: Glas Marte (Foto: German-Architects)


Ministerialdirektor Dirk Scheinemann betonte in seinen Grußworten, dass der Preis herausragende architektonische Leistungen feiere zu einer Zeit, in der sich ein tiefgreifender Wandel im Bauwesen vollziehe: »Die baupolitischen Ziele und die Herausforderungen haben sich stark verändert und sind heute mehr denn je von den Begriffen […] Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Kreislaufwirtschaft und klimagerechtes Bauen geprägt. Wir stehen alle vor der Herausforderung, unsere Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und gleichzeitig qualitativ hochwertige Gebäude zu schaffen, die den Bedürfnissen der Gesellschaft und denen der Nutzerinnen und Nutzer dauerhaft entsprechen.« Angesichts der globalen Klimakrise, der selbst erlebten Auswirkungen des Klimawandels und mit Blick auf die gesamte Welt käme dem klimagerechten Bauen eine zentrale Rolle in der Zukunft zu. So sei mit dem Studierendenhaus auch eine Architektur ausgezeichnet worden, welche die baupolitischen Ziele vorantreiben kann; eine Arbeit, die nicht nur die Branche, sondern die ganze Gesellschaft inspirieren soll.
 

Auszeichnung: Holzbauwohnanlage in Nürnberg. Architektur: Köppen Rumetsch Architekten, Bauherr: St. Gundekar-Werk Eichstätt Wohnungs- und Städtebaugesellschaft, Bauleitung: Dipl.-Ing. Matthias Muck, Außenanlagen: koeber Landschaftsarchitektur GmbH, Statik: merz kley partner ZT GmbH, Brandschutz: morph+ Klaus Dräger, PS-Brandschutz: Rassek+Partner Brandschutzingenieure, TGA: IT-Plansache GmbH, Bauphysik: Lothar Künz, Christian Rothe (Foto: German-Architects)


Die im Umfeld des Braunschweiger Campus’ eher »kühn« (Zitat Jurybericht) wirkende Architektur des Studierendenhauses gibt einen neuen und ungewohnten Akzent auf dem Gelände. Der pavillonartige Bau, so die Jury, verkörpere eine bemerkenswerte Architektur, die einen bedeutsamen Schritt in der Entwicklung einer zeitgemäßen akademischen Lernumgebung markiere. Die besondere Stahl-Holz-Hybridkonstruktion passe zu den sich wandelnden Anforderungen der Zeit. 

Wie Gustav Düsing und Max Hacke im Interview zum Bau der Woche erklären, wollten sie eine Struktur entwickeln, »die auf die ständig sich ändernden Anforderungen an Lernlandschaften reagieren kann.« Das modulare Gebäude kann nicht nur angepasst und nach Bedarf verändert werden, auch Demontage und Wiederaufbau sind möglich – und von Beginn an mitgedacht, weshalb Tragwerk und Fassade lediglich verschraubt sind. »Permanent voll besetzt« ist das Studierendenhaus mittlerweile, wie Falk Jaeger weiß und in der Publikation zum Preis schreibt. Die Flexibilität könnte jedoch noch mehr gelebt werden im Gebäude, wie die Architekten bei der Preisverleihung erwähnten – zuweilen schieben sie selber Möbel im Gebäude herum und bieten so neue Optionen für die Raumgestaltung an.
 

Auszeichnung: Heimschule des Therapiezentrums Osterhof in Baiersbronn. Architektur: Thomas Kröger Architekten, Bauherr: Therapiezentrum Osterhof e.V., LPh 6–9: Büro für Produktgestaltung und Architektur Joachim Haist, Tragwerksplanung: Bugenings und Eisenbeis, TGA: Schimmel Beratende Ingenieure, Bauphysik: Ingenieurbüro für Bauphysik Horstmann+Berger (Foto: German-Architects)
Auszeichnung: Maschinenhalle Irschenhausen in Icking. Architektur: Florian Nagler Architekten, Bauherr: Andreas Wach, Tragwerksplanung: merz kley partner, HOLZ: Zimmerei Holzbau Rieger (Foto: German-Architects)

Nachhaltige, zukunftsfähige Lösungen im Bauwesen voranzubringen, ist das Gebot der Stunde. Neben dem mit dem Staatspreis ausgezeichneten Studierendenhaus haben auch die Projektbeteiligten der engeren und weiteren Wahl bewiesen, dass sie in ihren Arbeiten einen Schritt weiter gehen. Sie setzen sich dafür ein, dass das Bauen (wieder) einen zeitgemäßen Beitrag leistet und nicht auf Selbstgefälligkeit reduziert werden muss. Beste Architektur müsse nachhaltig gebaut werden, dabei soziale Fragen ansprechen und beantworten und zugleich Schönheit vermitteln, fasste es Andrea Gebhard zusammen: »Wir sind die, die den Mittelpunkt des Bauens darstellen!« Gute Bauwerke würden dann entstehen, wenn alle Themen zusammengetragen werden, Nutzungen diskutiert und Materialien eingehend auf ihren nachhaltigen und zweckgemäßen Einsatz geprüft werden. So entstehe: »eine Umwelt, in der wir uns wohlfühlen. Eine Umwelt, die auch die Zukunft ist für unsere Kinder und für uns alle ist«, so Gebhard.
 

Deutscher Architekturpreis
Seit 2011 wird der Deutsche Architekturpreis vom Bundesbauministerium und der Bundesarchitektenkammer gemeinsam ausgelobt und als Staatspreis verliehen. Neben dem Deutschen Architekturpreis, der mit 30’000 Euro dotiert ist, vergab die Jury weitere fünf Auszeichnungen mit jeweils 4’000 Euro und fünf Anerkennungen mit jeweils 2’000 Euro Preisgeld.

Das Verfahren führt das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) durch. 
Mit dem Deutschen Architekturpreis sollen für die Entwicklung des Bauens in der Gegenwart beispielhafte Bauwerke ausgezeichnet werden. Sie sollen eine besondere baukulturelle Qualität aufweisen beziehungsweise von vorbildlichem Umgang bei der Sanierung und Modernisierung historischer Bausubstanz zeugen, dem nachhaltigen Bauen in ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Hinsicht verpflichtet sein und positiv zur Gestaltung des öffentlichen Raumes beitragen.
 

Die Jury 2023

Stimmberechtigte Preisrichterinnen und Preisrichter
Andrea Gebhard, Präsidentin Bundesarchitektenkammer
– Dirk Scheinemann, Abteilungsleiter B im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
– Prof. Nanni Grau, Architektin, Berlin / München
– Prof. Regine Leibinger (Vorsitz), Architektin, Berlin
– Prof. Andreas Quednau, Architekt, Berlin / Hannover
– Prof. Amandus Samsøe Sattler, Architekt, Berlin

Stellvertretende Preisrichterinnen und Preisrichter
Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Berlin
– Thomas Steimle, Architekt, Stuttgart
– Prof. Anca Timofticiuc, Architektin, Berlin / Düsseldorf


Zur Auszeichnung ist die Publikation »Architektur in Deutschland 2023« erschienen, in der u. a. alle ausgezeichneten Projekte, die Anerkennungen sowie die engere Wahl der eingereichten Bauten mit Bild und Text vorgestellt werden. 

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