Spektakulärste Bahnhöfe

Thomas Geuder
15. Oktober 2014
Gare do Oriente, Santiago Calatrava (Bild: Manuela Martin)

Eine gewisse Grundskepsis gegenüber allem, was mit der Bahn zu tun hat, herrscht in Deutschland ohne Zweifel; ganz anders als in Ländern wie der Schweiz oder auch Japan, wo man die Uhren nach der Bahn stellen könnte. In Deutschland ist man genervt von Verspätungen, überfüllten Zügen, in denen es entweder zu heiß oder zu kalt ist oder schlicht von Stuttgart 21, falls man Deutschlands Staustadt Nr. 1 Stuttgart wohnt. Da ist es für uns in der Redaktion doch erfrischend, auch mal etwas Positives über das Bahnfahren berichten zu können, mit der Hilfe des internationalen Anbieters für Gebäudeinformation Emporis. Der hat diesmal ein Ranking der «spektakulärsten Bahnhöfe der Welt» herausgegeben, die durch unkonventionelle Dachkonstruktionen, strahlende Farben und extravagante Formen zu einzigartigen architektonischen Wahrzeichen ihrer Stadt werden.

Eines der außergewöhnlichsten neuen Projekte ist dabei der Gare de Liège-Guillemins in Belgien. Er beeindruckt vor allem durch sein bogenförmiges Dach, das die gesamte Länge des Bahnhofes überspannt. Der 312 Mio. Euro teure Bahnhof wurde von Santiago Calatrava entworfen und verbindet Lüttich dank modernster Hochgeschwindigkeitszüge in kürzester Zeit mit europäischen Metropolen wie Paris, London, Brüssel oder Köln.

King's Cross Railway Station, Lewis and William Cubitt, John McAslan + Partners (Bild: Shigehiro Ono)

Ebenfalls hoch im Kurs stehen aufwendige und ausgefallene Renovierungen historischer Bahnhofsgebäude: So bildet die gewölbte Glasverkleidung des 2007 renovierten Gare de Strasbourg einen futuristischen Kontrast zur altehrwürdigen Fassade des Empfangsgebäudes und lässt es von außen wie ein gestrandetes Ufo aussehen. Die King’s Cross Railway Station in London hingegen verzaubert Reisende nicht nur durch das aus den Harry Potter Geschichten bekannte fiktive Gleis 9 ¾, sondern seit 2012 vor allem durch ein 20 Meter hohes Stahldach, das sich in Rauten und Dreiecken über dem viktorianischen Bahnhofsgebäude ausbreitet. Als ein farbenfrohes Projekt sticht der Bahnhof der norddeutschen Stadt Uelzen hervor. Dieser wurde im Jahr 2000 im unverwechselbaren Stil des Künstlers Friedensreich Hundertwasser umgestaltet und ist der einzige Hundertwasser-Bahnhof der Welt.

Eindrucksvoll sind auch die Bahnhöfe aus den Anfangstagen des Eisenbahntourismus’, die sich als architektonische Meisterleistungen ihrer Zeit das Flair der vergangenen Epoche bewahrt haben. So zählt der Grand Central Terminal in New York seit seiner Eröffnung 1913 zu den herausragendsten Bahnhöfen der Welt und wird jedes Jahr von über 21,6 Mio. Touristen besucht. Der monumentale Chhatrapati Shivaji Terminus in Mumbai wurde 2004 sogar als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet und ist bis heute der geschäftigste Bahnhof Indiens.

Die Zukunft der Bahnhofsarchitektur hält auch einiges bereit: In Städten wie Anaheim oder New York stehen mit der ARTIC Station und dem World Trade Center Transportation Hub gleich zwei Projekte kurz vor der Fertigstellung – die dem Beginn einer Reise zukünftig noch einmal ein ganz neues Bild geben werden. tg

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