Mehr Burg Giebichenstein für Halle

Manuel Pestalozzi
8. März 2022
Im ersten Obergeschoss sieht das Siegerprojekt einen Werkhof vor. (Visualisierung: © Burger Rudacs Architekten/Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten)

Die Anfänge der „Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle“  reichen ins 19. Jahrhundert und die kunsthandwerkliche Ausbildung zurück. 1922 bezog die Institution erstmals Räume in der Unterburg der Burg Giebichstein und gab sich fortan deren Namen. Nach Auflösung des Bauhauses in Weimar im Jahr 1925 kamen zahlreiche ehemalige Bauhäusler*innen als Lehrer*innen an „die Burg“, Persönlichkeiten wie Marguerite Friedlaender, Gerhard Marcks, Hans Wittwer, Charles Crodel und Erwin Hahs lehrten dort. In der DDR galt die Bildungsstätte als eine der einflussreichsten für Designer*innen und Künstler*innen, sie prägte die künstlerische Qualität des Kunsthandwerks mit. Nach einer von der Vereinigung ausgelösten Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Wandel, der Internationalisierung und den komplexen Aufgaben in Kunst und Design gilt die Kunsthochschule heute mit über 1000 Studierenden als eine der größten in Deutschland. Die Hochschulstandorte sind durch die Stadt verstreut, so gibt es unter anderem einen Campus Kunst und einen Campus Design.

Das Projekt grenzt an die Seebener Straße und bildet ein Gegenüber zum Campus Kunst in der Unterburg. (Visualisierung: © Burger Rudacs Architekten/Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten)

Beim vorliegenden Wettbewerb ging es um neues, zeitgemäßes Gebäude für Ateliers und Werkstätten der Kunst. Dank ihm will sich die Hochschule künftig auf zwei zentrale Standorte für Kunst und Design konzentrieren können. Die Räumlichkeiten der Ausbildungsrichtung Kunst, wie zum Beispiel am Hermes-Areal, sollen zusammengeführt und dadurch Synergieeffekte ermöglicht werden. Der Standort für den geplanten Neubaukomplex befindet sich gegenüber dem historischen Areal der Burg Giebichenstein, dem bestehenden Campus Kunst. Der Bauplatz erstreckt sich auf der anderen Seite der Seebener Straße, neben einem historischen Straßenbahndepot. Aus über 200 Bewerbungen wurden 77 Architekturbüros zur ersten Phase des zweiphasigen Architekturwettbewerbs zugelassen. Sowohl etablierte und renommierte als auch junge Büros beteiligten sich. Durchsetzen konnte sich der Entwurf von Burger Rudacs Architekten, München, mit Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten aus Regensburg. Das Preisgericht unter dem Vorsitz von Jórunn Ragnarsdóttir zeigte sich begeistert von der überdurchschnittlichen Qualität der Arbeiten.

Im ersten Obergeschoss ermöglichen große Türen und bewegliche Wandelemente ein Zusammenschluss verschiedener Räume. (Plan: © Burger Rudacs Architekten/Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten)

Der Entscheid für den 1. Preis im Wettbewerb war einstimmig. Besonders überzeugte das Preisgericht die sehr klar gegliederte Organisation der Grundrisse. Auch nimmt der Entwurf die das Grundstück begrenzende Seebener Straße sowie Blickbeziehungen zur benachbarten Bartholomäuskirche südlich des Areals sensibel auf. Ins Gewicht fiel außerdem, dass die geplanten Außenwandflächen aus rötlichem Sichtmauerwerk die Materialien der umgebenden Bebauung aufnehmen und sie aus Sicht des Preisgerichts durch die stringente Ausformung in ein zukunftsträchtiges, eigenständiges Gebäude übertragen. Dank der Verwendung von einheitlichen, robusten Materialien erwartet das Preisgericht „eine dauerhafte Schönheit des Gebäudes“. Der Entwurf für die Atelierräume erfüllte alle Erwartungen. Die Ateliers im Obergeschoss ermöglichen durch flexible Raumachsen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und sind dabei lichtdurchflutet. Der Baubeginn für das neue Gebäude ist für 2024 vorgesehen, die Fertigstellung für das Jahr 2027 geplant. Die Baukosten werden in Höhe von 23 Millionen Euro veranschlagt.

Die Ateliers werden großzügig mit Tageslicht versorgt. (Visualisierung: © Burger Rudacs Architekten/Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten)

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