Idee für Wuppertals »Kulturinsel«

Manuel Pestalozzi
14. Juni 2023
Vom Neubau lässt sich im Wupperbogen eine »River Plaza« bespielen. Im Hintergrund ist die Aufhängung der Schwebebahn über dem Fluss zu erkennen. (Visualisierung: Diller Scofidio + Renfro LLC)

Die Tänzerin und Choreografin Pina Bausch (1940–2009) gilt als Pionierin des modernen Tanztheaters. Ab 1973 prägte die Künstlerin als Leiterin des Tanztheaters Wuppertal einen neuen, revolutionären Stil, der weltweit Maßstäbe gesetzt und das Ensemble zu höchsten internationalen Erfolgen geführt hat. Mit dem geplanten Pina Bausch Zentrum werde erstmals weltweit eine Choreografin mit dem Bau eines großen, ihr gewidmeten Zentrums der Künste geehrt, sagen die Projektverantwortlichen der Stadt Wuppertal.

Die neue Kultureinrichtung entsteht am Wupperbogen im Ortsteil Elberfeld. Hier befinden sich das Wuppertaler Schauspielhaus des Architekten Gerhard Graubner aus den 1960er-Jahren und der Sopp‘sche Pavillon, ein umgenutzter ehemaliger Automobilsalon und eine Werkstatt aus den 1950er-Jahren, die beide unter Denkmalschutz stehen. Zusammen mit dem ergänzenden Neubau sollten sie als Pina Bausch Zentrum ein exponierter, zeitgenössischer, zur breiten Teilhabe einladender, offener Ort für Wuppertal und die Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen werden – mit einem hohen Anspruch an Ökologie und Nachhaltigkeit. Das inhaltliche Konzept des Zentrums umfasst vier Handlungsfelder: das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, die Pina Bausch Foundation, ein (zu gründendes) internationales Produktionszentrum für spartenübergreifende Produktion und schließlich das (zu gründende) Forum Wupperbogen zur Implementierung der Partizipation in allen Handlungsfeldern.

Das neue Gebäude wird zwischen die geschützten Gebäude des Schauspielhauses und des Sopp‘schen Pavillons eingefügt. (Plan: Diller Scofidio + Renfro LLC)
Nüchterne industrielle Ästhetik

Das städtebauliche Konzept des Siegerprojekts für den Neubau beruht auf zwei sich kreuzenden und stadträumlich prägenden Achsen. In Nord-Süd-Ausrichtung werden über ein auskragendes Volumen und das darin integrierte neue Eingangsfoyer der bestehende Vorplatz mit einem neuen, zur Wupper hin ausgerichteten öffentlichen Platz, der »River Plaza«, verbunden. In Ost-West-Ausrichtung werden die bestehenden Gartenhöfe räumlich aufgenommen und in einem neuen, zentralen Performance-Hof, im Zentrum des kreuzförmigen Neubaus überführt. Die industrielle Ästhetik, die den Verfassern für den Neubau vorschwebt, erinnert nicht nur an das industrielle Erbe Wuppertals, sondern suggeriert auch eine lockere Ausdrucksform, die der experimentellen Nutzung, die das Zentrum beabsichtigt, entsprechen will. 

Auch dem Beurteilungsgremium des Wettbewerbs war klar, dass dies ein gewagter Wurf ist, der noch viele Fragen offenlässt. Zeit, ihn gründlich zu besprechen, scheint vorhanden zu sein: Wann der erste Bagger loslegt, sei noch offen, meldet der WDR. Denn im nächsten Jahr müsse die Stadt erst einmal herausfinden, was der Um- und Neubau des alten Schauspielhauses zum Pina-Bausch-Zentrum kosten würde. In diesem Zusammenhang lässt sich in Erinnerung rufen, dass das Schauspielhaus aufgrund der schlechten Haushaltslage der Stadt Wuppertal mit Ablauf der Spielzeit 2012/2013 geschlossen wurde. Seine Wiedereröffnung hängt vom Gelingen des Pina-Bausch-Zentrums ab.

Das auskragende Volumen und das neue Eingangsfoyer am Platz an der Bundesallee leiten über zur »River Plaza«. (Visualisierung: Diller Scofidio + Renfro LLC)

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