Eine Zukunft für Münsters Gasometer

Manuel Pestalozzi
5. Dezember 2023
Im massiven Stahlsockel ist ein Mobility-Hub geplant, innerhalb der alten Gockenkonstruktion des Gasometers soll mit Holz und recycelten Materialien gebaut werden. (Visualisierung: © WAX)

Der 52 Meter hohe Gasometer mit 56 Meter Durchmesser stammt aus den 1950er-Jahren. Er ist seit 2005 außer Betrieb, steht unter Denkmalschutz und ist regelmäßig Stätte von Vorführungen und Kunstprojekten. Das Projekt »Monte Gaso« des Deutschen Alpenvereins, der eine Nutzung als Vereins- und Sportgelände vorsah, wurde aus finanziellen Gründen aufgegeben. Die nun geplante Umnutzung erfolgt im Rahmen einer neuen Phase der Masterplanung in den Stadthäfen. Sie setzt auf kollaborative Verfahren, begleitet von einem kontinuierlichen »Hafendialog«. Damit strebt die Stadtverwaltung eine kooperative und partizipative Entwicklung an.

Im Zentrum öffnet sich ein trichterförmiger, begrünter Hof. (Plan: © Mei architects and planners)

Im zweistufigen Konzeptvergabeverfahren der Stadtwerke, denen der Gasometer immer noch gehört, erhielt der Entwurf des Berliner Projektentwicklers UTB den Zuschlag. Hinter ihm steht ein Planungsteam, bestehend aus UTB, mei architects & planners, Rotterdam, dem Büro Peter Bastian Architekten BDA, Münster, engie Deutschland und den Landschaftsarchitekten Inside Outside aus Amsterdam. Die Planung sieht einen Zylinderbau mit 14 Geschossen innerhalb der Stahlkonstruktion des Industriedenkmals am Albersloher Weg vor und setzt auf Nachhaltigkeit und einen Nutzungsmix. Auf rund 12.000 Quadratmetern Nutzfläche verbindet das Konzept die Bereiche Wohnen, Gewerbe und Kultur. Überzeugt hat die Jury insbesondere das vielfältige Raumprogramm unterhalb eines öffentlichen Dachgartens sowie das Mobilitätskonzept, das in den dreigeschossigen Stahlbau-Sockel des Gasometers integriert werden soll. Es verspricht Parkplätze für Autos und Fahrräder, außerdem ein »Bike Café« mit direktem Zugang zu den Grünflächen, dem Gymnastik-Bereich und dem Wasserspielplatz, die den Gasometer umringen sollen.

Der einstige Infrastrukturbau wird in eine kleine Parkanlage eingebettet. (Plan: © Mei architects and planners)

Bestandteile des UTB-Entwurfs sind unter anderem freifinanzierte und förderfähige Wohnungen, Ateliers, Büroräume, Arztpraxen und eine Tagespflege-Einrichtung. Zudem sind eine Fahrradwerkstatt, E-Sharing-Modelle, eine E-Mobility-Schnellladestation, mehr als 500 überdachte Fahrrad- und mehr als 80 Pkw-Stellplätze geplant. Der Ergänzungsbau innerhalb der so genannten Glockenkonstruktion des einstigen Teleskopgasbehälters sieht neben Baumaterialien wie Holz und zukunftsweisenden Technologien bei der technischen Gebäudeausstattung eine umfangreiche Fassaden- und Dachbegrünung vor. Zudem sind ein effizientes Regenwassermanagement sowie die Nutzung erneuerbarer Energien geplant.

Direkt über dem Sockel sollen auch für kulturelle Anlässe Räume zur Verfügung stehen. (Plan: © Mei architects and planners)
Noch nicht in trockenen Tüchern

Das Projekt ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Denn in einer Ratssitzung im November wurde ein Moratorium für den Verkauf des Gasometers zur Abstimmung gestellt, wie die Münstersche Zeitung berichtet. Das Gremium entschied in der Folge, das Thema in die Dezembersitzung des Rats zu verschieben. Grund für das Moratorium, das bis Sommer 2025 gelten soll, war der Vorwurf, die Entscheidungsträger seien beim Konzeptvergabeverfahren undemokratisch vorgegangen. Offenbar fühlt sich das Kollektiv Sozialpalast, das als Mieter seit Jahren am Gasometer aktiv ist, übergangen. »Investoren ernten jetzt die Früchte der Arbeit, die Ehrenamtliche über Jahre geleistet haben und vernichten zugleich den kulturellen Wert, der hier geschaffen worden ist«, beschwerte sich ÖDP Ratsherr Michael Krapp gegenüber dem Nachrichtenportal Münster Tube. Durch die Arbeit des Kollektivs und Veranstaltungen habe sich die Anlage von einer Industrieruine in einen Szene-Ort in Münster verwandelt, der wahrgenommen, mit Kultur assoziiert und von der Bevölkerung als wertvoll eingeschätzt werde. Das Kollektiv Sozialpalast ist überzeugt, es könne mit einer geringen öffentlichen Unterstützung »das Gasometer« sanieren, seine Arbeit fortsetzten und diese ausbauen.

Die Terrassen am Hof haben einen halböffentlichen Charakter. (Visualisierung: © WAX+Mei)

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