Ein Funkhaus unter Denkmalschutz

Manuel Pestalozzi
5. Februar 2024
Lange Zeit wirkte das Funkhaus (links) klein neben dem benachbarten, gleich alten Hochhaus der Deutschen Welle. Letzteres wurde von 2019–2021 rückgebaut. (Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Das Kölner Funkhaus gilt als das letzte große Projekt des Architekten Gerhard Weber (1909–1986), der das Westdeutschland der Nachkriegszeit mit Bauten wie der Hamburgischen Staatsoper, dem Nationaltheater in Mannheim und dem Forschungsreaktor München (genannt »Atomei«) wesentlich prägte. Die 1980 fertiggestellte Anlage beruht auf einem eingeladenen Wettbewerb von 1968, mit den Architekten Egon Eiermann und Dieter Oesterlen in der Fachjury. Webers Werk setzt sich zusammen aus einem dreistöckigen Flachbau für Verwaltung und Produktion, dem Sendesaal und einem Turm für die Redaktionsräume. Eigentlich hat letzterer 21 Etagen, die drei untersten fehlen aber. Diese Maßnahme spielt die selten angewendete, bis heute wagemutig erscheinende Hängekonstruktion frei. »Weber und die Ingenieure wollen zeigen, was technisch möglich ist«, kommentiert die Broschüre zur Ausstellung »Gerhard Weber. Architekt des Deutschlandfunk-Gebäudes in Köln« lakonisch den Verzicht auf Geschossfläche, der primär dem gewünschten Erscheinungsbild geschuldet ist. 

Der Bau des Turms war ein Langzeitspektakel, das man in unseren Tagen mit zahlreichen Webcams dokumentieren würde: Zunächst wurde ein gut 100 Meter hoher Stahlbetonkern gebaut. An seiner Spitze folgte die Montage der Kragkonstruktion und einer 220 Tonnen schweren Arbeitsplatte, die sich hydraulisch absenken ließ. Anschließend wurden die Deckenplatten der Stockwerke gegossen und abgesenkt. Schon von Weitem waren die schräg verlaufenden Betonträger sichtbar. In ihnen stecken die Stahlseile, an denen die Etagen hängen. Ein technisch ausgeklügeltes System ermöglichte die statisch notwendige Lastenverteilung der einzelnen Bauelemente.

Mit einer Arbeitsplatte wurden die Geschossdecken von oben nach unten gegossen. (Foto: ©Deutschlandradio/ Hans-Jürgen Wirth)
Mehr Ehrfurcht als Sympathie

Die Rezeption des technoid wirkenden Ensembles war zur Entstehungszeit gemischt. »Auf das neue Funkhaus reagiert die Fachpresse eher verhalten«, steht in der genannten Broschüre, »auch die neuen Bewohner fremdeln. Das riesige Foyer, die standardisierten Büros, die engen Fahrstühle und die Klimaanlage – viele große und kleine Dinge sind gewöhnungsbedürftig. Die Ambivalenz gegenüber der Moderne ist von Anfang an spürbar und besteht bis heute.« Dies hinderte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht daran, den Verantwortlichen am 29. Januar 2024 anlässlich der Unterschutzstellung die offizielle Urkunde und eine NRW-Plakette für den Gebäudekomplex im Süden der Stadt zu überreichen. Das Ensemble erhalte den Schutzstatus vom Amt des Stadtkonservators vor allem aufgrund seiner städtebaulichen und architekturgeschichtlichen Bedeutung, heißt es in der Pressemitteilung des Deutschlandfunks. 

Geschützt sind zahlreiche prägnante Elemente und ausgewählte Bereiche. So stellt die Stadt Köln unter anderem den für seine gute Akustik bekannte Kammermusiksaal und die in diesem Bereich errichteten Studios und Regieräume unter Schutz. Gleiches gilt für die besondere Konstruktion und Anordnung von Hochhaus, Sockel, Quaderbau und Technikturm sowie Außenfronten und Fassadenelemente. Jetzt wird ein umfassendes Sanierungskonzept erarbeitet. Die Asbestbelastung wird als gering bezeichnet, andere Schadstoffe sollen aber aus dem Gebäude verschwinden. Geplant wird ferner die Ertüchtigung von Räumen und Studios für die digitale Nutzung, auch sind eine energetische Optimierung und eine Auswechslung der Klima- und Lüftungstechnik geplant. Mit der Unterschutzstellung dürften auf die Verantwortlichen erhebliche Herausforderungen warten.

Der ebenfalls geschützte Kammermusiksaal ist bekannt für seine gute Akustik. (Foto: ©Deutschlandradio/ Thomas Kujawinski)

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