Denkmalschutz für AKW?

Manuel Pestalozzi
11. März 2024
Das Kernkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein wurde 2021 abgeschaltet. Die einstige Betreiberin möchte hier einen großen Batteriespeicher ansiedeln. (Foto: Alois Staudacher/Wikimedia Commons)

Atomkraftwerke sind landschaftsprägende Monumentalbauten – insbesondere die Kühltürme, meistens Hyperboloidkonstruktionen, sind aus dem kollektiven Gedächtnis kaum mehr wegzudenken. 2023 wurden die letzten drei deutschen Kernreaktoren vom Netz genommen und die Frage stellt sich, was mit den Arealen und den Bauwerken geschehen soll. Eine Anregung, besser eine Forderung, kommt von einer Persönlichkeit, die man vor allem von der Kampffront gegen rechtskonservative Einmischungen in die Baukultur her kennt: Philipp Oswalt. Geht es nach dem Architekten und Architektur-Professor an der Universität Kassel, sollte es zumindest an einigen AKW-Standorten keinen Abriss geben. Dies offenbart ein Artikel (EFahrer) und sich auf einen Fernsehbeitrag (NDR) bezieht. 

»Natürlich«, so präzisierte Oswalt gemäß diesen Quellen, »müssten alle strahlenden Teile entfernt werden.« 90 Prozent der Anlagen würden diese Maßnahmen nach seiner Schätzung weitgehend unbeschadet überstehen. Deshalb könnte und sollte man sie Rahmen des Denkmalschutzes erhalten. Die Anlagen legen Zeugnis ab über eine bestimmte Technologie, die in architektonischer Hinsicht eine Art International Style des Schreckens hervorgebracht hat. Andererseits rufen sie auch den langjährigen Kampf gegen sie in Erinnerung, zu dem sie in manchen Nachrichtensendungen die Kulisse lieferten. Oswalt stellt denn auch einen drastischen Vergleich mit dem Erhaltungswert von Konzentrationslagern »als Extrembeispiel« her und stellt klar: »Es geht um Objekte, die für die Gesellschaft, für die Geschichte unseres Landes wichtig sind. Und das sind Atomkraftwerke sicherlich. Sie sind ja nicht besonders ästhetische oder besonders positiv besetzte Objekte, sondern es geht um ihre Relevanz.«

Aktuell sind Rückbauten von AKW geplant, teilweise wurden entsprechende Maßnahmen schon durchgeführt. Die Zeit für die Berücksichtigung dieses Anliegen drängt. Philipp Oswalt ist mit seiner Forderung nicht ganz allein. Er sagt im Beitrag, dass es lokale Initiativen gibt, die sich für einen Denkmalschutz stark machen, zum Beispiel an den ehemaligen AKW-Standorten Biblis und Greifswald. Sehr hilfreich wäre es da, wenn konkrete Konzepte für solche Erinnerungsstätten vorliegen würden. An der Erschließung der Areale dürfte es nicht scheitern; die meisten sind gut erreichbar. Und viele verfügen über einen Gleisanschluss, der sich für einen Erinnerungstourismus nutzen ließe.

Die Silhouette des früheren Kernkraftwerks Biblis hat sich seit 2011, als diese Foto gemacht wurde, verändert. Die zwei Kühltürme des Blocks A (links) wurden im Februar 2024 gesprengt. (Foto: Alexander Hoernigk/Wikimedia Commons)

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