Bauhaus-Nüchternheit oder erstarrte Ausdruckslosigkeit?

Katinka Corts
20. Mai 2015
Außenansicht März 2015 (Bild: Jens Weber)
Dauerausstellung Ebene 1 (Bild: Jens Weber)

Nicht das Haus der oder für die Täter ist es, wohlgemerkt, denn die Ausstellung vermeidet alle Devotionalien: «Im Innern wird auf vier Etagen nachgezeichnet, wie es die Nazis schaffen konnten, zu dem zu werden, was sie wurden», formulierte Klaus Hillenbrand Anfang Mai in der taz kurz und bündig. «Je tiefer man von der vierten Etage hinabsteigt, desto mehr wandelt sich die Ausstellung zu einer Dokumentation des Terrors.» Dies gehe bis zum Liveticker, der die Aktivitäten der Neonazis tagesaktuell dokumentiert. Also doch kein Bau für die Vergangenheit, für die Dokumentation und für den freudigen Gedanken daran, dass man diese Zeit hinter sich gelassen hat als Land. Winfried Nerdinger, Leiter des Zentrums, erklärte gegenüber der Welt dazu in einem Interview: «Man hat sich in der deutschen Erinnerungskultur lange nur auf die Opfer konzentriert und die Täter damit ausgeklammert. Der Blick auf die Opfer erklärt aber nicht, warum sie Opfer wurden [...]. Um das zu begreifen, muss man sich mit den Tätern auseinandersetzen.» Das Museum sei ein Lern- und Erinnerungsort, der Fakten zur Münchner NS-Geschichte zusammenfasst. Und das Gebäude «störe», es «duckt sich nicht weg», und München stelle sich damit seiner Vergangenheit.

Ausstellung Ebene 3 (Bild: Jens Weber)

Till Briegleb vom art-magazin hingegen warf dem Bau bereits Anfang 2014 eine «erstarrte Symbol-Phobie» vor und forderte in seiner Kolumne «Sofort wieder abreißen» - den Abriss. «Bloß keine Erinnerungen an Irgendetwas, historische Spuren oder Bezüge zur einstigen NS-Parteizentrale unbedingt vertuschen, keine sprechende Haltung der Architektur, kein selbstbewusstes Gebäude. Wichtig war den Auslobern die richtige Platzierung im örtlichen Baumbestand und eine abwaschbare Hülle in der Farbe der Unschuld, die bitte niemand auf die Idee bringen solle, das Dritte Reich sei ein Münchner Kindl,» so Briegleb. Der Bau zeige nach Außen eine erstarrte Vernunftsmaske aus Distanz, Kälte und Angst vor Empathie. In seiner architektonischen Ausdruckslosigkeit tue es so, als hätten wir die Geschichte mal wieder mit abstrakter Argumentation gebändigt. Diese Ausstrahlung emotionaler Unfähigkeit liesse sich dem Eiswürfel nie mehr austreiben, schließt der Autor. Was meinen Sie zu Haus und / oder zur Ausstellung? Haben Sie das NS-Dokumentationszentrum bereits besichtigen können? Zu finden ist es am Münchner Königsplatz in der Brienner Straße 34. kc

Lageplan (Plan: Georg Scheel Wetzel Architekten)

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