Neue Musikschule in Filderstadt eingeweiht

Assoziative Architektur

Carsten Sauerbrei
7. Februar 2017
Die Fassadengestaltung der Musikschule Filderstadt, kurz «FILUM» soll an eine Klaviertastatur erinnern. (Bild: Mario P. Rodrigues)

Wollte man Architekturstile personifizieren, dann könnte die Postmoderne gut und gerne die Rolle der historisch bewanderten, bilderreichen Erzählerin übernehmen. In dieser Tradition der metaphorischen Formensprache steht das Stuttgarter Büro ORANGE BLU building solutions bis heute, ist es doch unter anderem aus «Wilford Schupp Architekten» hervorgegangen, in dem Michael Wilford geschäftsführend tätig war, der wiederum bis 1992 Partner bei «James Stirling, Michael Wilford and Associates» gewesen ist. Kein Wunder, dass die Architektursprache des Büros bis heute voller assoziativer Anspielungen steckt, wie unter anderem das Empfangs- und Bürogebäude der Sto AG in Stühlingen zeigt.

Die Sinne anregend, in verschiedenen Blautönen gestalteten die Architekten das fünfgeschossige, zentrale Atrium der Musikschule. (Bild: Mario P. Rodrigues)

Klaviertasten als Inspiration

Beim Neubau der Filderstädter Musikschule, die mit Mitteln der Karl Schlecht Stiftung errichtet wurde, beginnt die anspielungsreiche Gestaltung bereits beim Äußeren des Gebäudes. Mit Hilfe von Farbe, Struktur und Oberflächen stellen die Architekten dabei Bezug zu einer Klaviertastatur her. So strukturieren sie den Baukörper mit markanten, horizontal ausgerichteten, langgezogenen Fassadenvor- und rücksprüngen auf der Nord- und Westseite und ebenfalls zurückspringenden, außenliegenden Fluchtbalkonen auf der Süd- und Ostseite und lassen diese, jeweils geschossweise abwechselnd, elfenbeinfarben verputzen oder mit einem schwarzen Glasfliesenmosaik bekleiden.

Geometrisch-diszipliniert und dennoch sinnlich-assoziativ präsentiert sich der Konzertsaal der Musikschule. (Bild: Mario P. Rodrigues)

Geometrisch-diszipliniert und sinnlich-assoziativ

Auch im Inneren der Musikschule, in der sich neben einem Konzertsaal, 22 akustisch optimierte Unterrichtsräume, vier Übekabinen sowie diverse Kammermusik- und Ensembleräume auf insgesamt 4.000 qm befinden, setzt sich die assoziative Formensprache der Architekten fort. So spannt sich über dem zentralen, fünfgeschossigen Atrium ein linsenförmig gewölbtes Dach wie «eine Kombination aus Klavierdeckel und Geigenbogen», so der Bauherr im Prospekt des Projekts, welches hier heruntergeladen werden kann. An die Stelle der strengen schwarz-weißen Fassadengestaltung tritt im Atrium jedoch eine sinnliche Farbgebung in Blautönen. Blautöne und der vom Äußeren bereits bekannte Schwarz-Weiß-Kontrast prägen schließlich gemeinsam das Erscheinungsbild des zweigeschossigen Konzertsaals, dem Herzstück der Musikschule. Auch hier, so wie bei dem gesamten Gebäude, entgehen die Architekten der Gefahr einer allzu metaphorisch-blumigen Gestaltung, indem sie diese mit geometrisch strenger, disziplinierter Formgebung kontrastieren.

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