Ekkehard Voss verstorben

Das Bauen hat ihm Spaß gemacht

Falk Jaeger
2. März 2024
Ekkehard Voss (Foto: Daniel Sumesgutner)

Geboren 1963 im Rheinischen Euskirchen, aufgewachsen im nahen Düren, studierte er an der RWTH Aachen und diplomierte 1989 bei Wolfgang Döring. Nach drei Jahren Tätigkeit bei Beucker Haider Langhammer Maschlanka in Düsseldorf trat er 1992 in das Hamburger Büro Nietz Prasch Sigl ein, das aus dem Büro Sprotte und Neve hervorgegangen war, und wurde 1995, zu gleicher Zeit wie Sergei Tchoban, in die Partnerschaft aufgenommen. Nach dem Ausscheiden der zweiten Partnergeneration firmierte das Büro ab 2003 unter nps tchoban voss und Partner, seit 2017 unter TCHOBAN VOSS Architekten und beschäftigt derzeit rund 170 Mitarbeiter mit weiteren Standorten in Berlin und Dresden.

Voss gehörte nicht zu den Lautsprechern seines Metiers. Er pflegte den leisen, ausgleichenden Umgang. Im Büro galt er mit seiner Akkuratesse als Ruhepol und sah sich neben der Entwurfsarbeit als Hüter der betriebswirtschaftlichen Seite der Projekte gefordert.

Große Bleichen in Hamburg (Foto: Markus Tollhopf)
Wohnbauten Süderfeld in Hamburg-Lokstedt (Foto: Daniel Sumesgutner)

Allzeit freundlich und zugewandt ja, aber eine sorglose rheinische Frohnatur ist der Rheinländer Ekkehard Voss nicht gewesen. Eher dem Menschenschlag seiner Wahlheimat Hamburg angemessen diszipliniert bis in die eigen Arbeitsorganisation und seine Architekturhaltung hinein. »Eitle Selbstdarstellung des Besserwissens, ohne den Kampf um tragbaren Konsens mitgestaltet zu haben«, war ihm ein Graus. Seine Bauten waren nie anbiedernd, spektakulär, versuchten nicht mit Signifikanz zu punkten, sondern taten sich eher durch eine subtile Eleganz hervor. Wie das backsteinerne Haus in einer Baulücke der Großen Bleichen in Hamburg, das diese Eleganz ausstrahlt. Es atmet den Geist der Kontorhäuser, ohne sich historisierend anzubiedern. Und setzt ein modernes Zeichen, ist Weiterbau der Stadt im besten Sinn.

Voss arbeitete hauptsächlich im urbanen Kontext. Stadtbausteine sollten es sein, vermittelnd zwischen vorgefundener gebauter Umwelt und räumlichen und gestalterischen Werten. »Solidität, Zeitlosigkeit und die städtebauliche Einbindung« waren die Prämissen seiner Entwurfsarbeit.

Einkaufszentrum THEO in Husum (Foto: Daniel Sumesgutner)
Volkswohlbund in Dortmund (Foto: Hans Juergen Landes)

THEO zum Beispiel ist ein Einkaufszentrum in Husum. Das Projekt ist Ersatzbau für ein früheres Hertie-Warenhaus und geht in der Stadtstruktur wieder einen Schritt zurück, indem es kleinteiligere, lebendige Maßstäblichkeit zeigt. Dennoch wirkt der gewählte Bautypus städtisch, zeitbezogen und gibt der die überkommene Handelsform des Warenhauses durch ein zukunftsfähigeres System ersetzenden Struktur einen sprechenden architektonischen Ausdruck.

Eine stringente Stilhaltung hat Ekkehard Voss bewusst nicht gesucht: »Mich interessiert es nicht, eine formale Sprache zu entwickeln. Wir haben keine Gestaltungshandschrift. Das finde ich gut, denn wir können uns so auch sehr unterschiedlichen Aufgaben stellen.«

Die Grundschule in Heidhorst, geprägt durch die Klinkerfassade und wohnlichen Innenausbau mit viel Holz, ist in einzelne »Klassenhäuser« unterteilt und fügt sich trotz ihrer Dimension in das umliegende Wohngebiet ein. Im Gegensatz dazu steht der Komplex des Volkswohlbundes an einem Knotenpunkt des Dortmunder Südwalls. Er definiert den Blockrand und setzt mit dem 17-geschossigen Turm ein selbstbewusstes Zeichen. Ein Stadtzeichen, das zur Orientierung dient. Auskragung, Pfeilerattika und ein flirrendes Fassadenbild verhindern den Eindruck des senkrechten Schuhkartons und der konsequenten Kommerzarchitektur, die das Projekt zweifellos ist.

Grundschule Heidhorst (Foto: C. Gebler)
Bethanienhöfe Eppendorf (Foto: Daniel Sumesgutner)

Symbolische Werte gehen bei dem Projekt Bethanienhöfe Eppendorf mit der räumlichen Idee zusammen. Der Komplex für die Bethanien Diakonissen-Stiftung umfasst Wohnheim, Pflegeheim, Sozialstation, Kapelle und Wellnessbereich und ist wie ein Kloster um einen Begegnungshof organisiert. Arkaden und Säulengänge betonen den Charakter der Anlage, die wohnlich und bergend wie unverwechselbar gleichermaßen ist. Irgendein besonderer Kick ist an jedem der Bauten von Ekkehard Voss zu finden. Das Hamburger Büro von TCHOBAN VOSS Architekten war im Hamburger und im Westdeutschen Raum tätig. Im Wohnungs- und Bürobau, im Hochschul- und Gewerbebau. Es entstanden IKEA-Märkte wie Kino-Center und öffentliche Verwaltungsgebäude. 

Das Bauen hat ihm auch sichtlich Spaß gemacht, vor allem der Wohnungsbau, vor allem für Wohnungsbaugenossenschaften, bei denen er schätzte, dass sie die Wohnungen nicht gleich wieder kapitalisieren, sondern in ihrem Bestand halten und deshalb qualitätsorientiert agieren. Dass sie im eigenen Interesse auf Dauerhaftigkeit und langfristige Attraktivität achten. Das gemeinsame Ringen um architektonischen Anspruch und Qualitäten trotz schwieriger Vorgaben und Randbedingungen zum Wohl der künftigen Bewohner hat er als gesellschaftlichen Auftrag empfunden. So wurde der Wohnungsbau zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit.

Ekkehard Voss hat immer den pragmatischen Einfluss in die Büropartnerschaft eingebracht, ab 2015 in das Tandem mit Sergei Tchoban, der das Berliner Büro leitet. Am 27. Februar ist Ekkehard Voss nach schwerer Krankheit im Alter von 61 Jahren gestorben. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

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