Super Markt

Lange Zeit kamen Supermärkte lediglich als banale Zweckbauten daher, die bestenfalls in seinen Farben und durch das angebrachte Logo der „Corporate Identity“ des jeweiligen Unternehmens entsprachen. Seit in jüngster Vergangenheit verschiedene Beispiele im Ausland auf sich aufmerksam machten und mit Preisen überhäuft wurden, rücken Bauherren auch hierzulande von belangloser 08/15-Architektur ab. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten möchte der Handel Kunden durch ein unverkennbares Zeichen und ein angenehmes Raumerlebnis binden oder gewinnen. Schließlich vermögen attraktiv gestaltete Häuser als Aushängeschild einen deutlich größeren Einfluss auf die Käufer zu haben, als sämtliche Zeitungsbeilagen und Fernsehspots zusammen.

Dieses Einkaufszentrum in Hannovers Stadtteil List teilt sich in zwei Baukörper, einen Getränke- und einen Lebensmittelbereich. Dessen verputzte, grau gestrichene Außenwände aus Hohlblocksteinen mit Perlite-Füllung sind hochdämmend; eine Efeuberankung, die den Supermarkt zukünftig umschließen wird, soll ein günstiges Mikroklima erzeugen und dient gleichzeitig als perfekter Graffitischutz. Kleinteilige Glasmosaike in verschiedenen Grüntönen, die den Eingang rahmen, scheinen diesen Zustand bereits vorwegzunehmen. Entree und Windfang liegen im Gelenk zwischen den beiden über Eck angrenzenden Volumen. Hier befindet sich auch eine Bäckerei mit Café und Außenterrasse. Der Empfangsbereich mit rundem Dachfenster heißt seine Kunden willkommen. Innen dominiert Klarheit, Ruhe und Großzügigkeit. Breite, behindertengerechte Gänge zwischen den Regalen und Kühltruhen geben eine gute Übersicht über die angebotenen Produkte. Die Konstruktion aus Stahlbetonfertigteilen ist frei sichtbar in den Raum gestellt. Despang Architekten verzichten auf eine abgehängte Decke und vermeiden so die damit gewöhnlich einhergehende, gedrungene Raumproportion. Stattdessen verbreitet die Raumhöhe von über fünf Metern eine angenehme Luftigkeit. Offene Elektro- und Lüftungsleitungen wirken dabei keineswegs störend. Vielmehr bietet ihre Anordnung eine techno-ästhetische Deckenuntersicht, die auf eine präzise detaillierte Planung schließen lässt. Oberlichter im Trapezblech versorgen den Innenraum trotz geschlossener Fassaden mit natürlichem Tageslicht; eine Fotovoltaikanlage auf dem Flachdach deckt den überwiegenden Teil des Stromverbrauchs ab.

Das Stützraster der außenliegenden Betonpfeiler des Getränkemarkts wirkt, als würden damit die Bäume der angrenzenden Allee zitiert. Gekrönt wird dieser Teil des Marktes durch eine mehr als vier Meter auskragende Membrankonstruktion. Sie dient als Projektionsfläche von Werbebannern, schützt vor sommerlicher Überhitzung und verleiht dem Bau Zeichenhaftigkeit. Je nach Witterung, Tages- und Jahreszeit (und) ändert der transluzente Stoff die Wahrnehmung des Gebäudes, wirkt wie von geschlossener Umrandung oder wie eine transparenter Struktur. Der Supermarkt im hannoverschen Stadtteil List muss einen Vergleich mit den bekannten österreichischen Pendants von MPREIS nicht scheuen. Despang Architekten haben bereits mit einem Nahversorger (ausgezeichnet mit dem Niedersächsischen Staatspreis für Architektur 2004) bewiesen, dass auch der alltägliche Lebensmitteleinkauf durchaus Lust statt Last bedeuten kann. Fortsetzung unbedingt erwünscht!