Wohnhaus mit Schmuckatelier

Innen und Außen, Oben und Unten

19. August 2009

Wohnhaus mit Schmuckatelier
2008

Waldstetten-Wißgoldingen

Auftraggeber
privat

Architektur
C18 Architekten BDA
Stuttgart

Tragwerksplanung
Dr.Ing. Hottmann
Schwäbisch Gmünd

Bruttogeschossfläche
615 qm

Fotografie
Brigida González



Zur Straße hin ist das Gebäude verschlossen, doch trennt kein Zaun, keine Hecke das Haus von der Straße.

Von Schwäbisch Gmünd, im östlichen Vorland der Schwäbischen Alb, führt die Straße wie auf einer Himmelsleiter bergauf, am Rechberg vorbei nach Wißgoldingen, wo sich die Landschaft nach Süden öffnet. Hier, an einem Südwesthang, haben C 18 Architekten für den Schmuckdesigner Georg Spreng und dessen Familie ein Haus mit Atelier gebaut. Zur Straße hin ist es verschlossen, fällt es vor allem durch seine Fassade aus weißen, quadratischen Fließen auf, auch die kubische Form unterscheidet es von den Nachbarn. Doch kein Zaun hält den Besucher ab, auf das Grundstück zu treten und über eine Mauer hinunter auf den Teich im offenen Atrium und in den Wohnbereich der Hausherrn zu blicken.

Durch die Struktur zweier übereinander liegenden Us ergibt sich ein offenes Atrium, das sich auf der Garteneben zur Landschaft öffnet.

Aber um das Haus richtig zu verstehen, muss man hinein. Im Eingangsbereich erhellen große runde Oberlichte den Raum, und über eine noch größere runde Öffnung fällt das Licht auch in die darunterliegende Ebene. Beide Geschosse sind direkt miteinander verbunden. Nach links geht es durch ein in einem ins Violette gehenden, tiefen Blau gestrichenen Treppenhaus nach unten, daneben in die Schlafräume. Geradeaus kommt man in die Werkstatt, die aber auch über den anderen Hauseingang betreten werden kann. Spreng wollte Arbeiten und Wohnen im gleichen Haus haben, wollte dass beides seinen eigenen Bereich zugewiesen bekommt, aber nicht, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. C18 Architekten entwickelten eine Struktur, die dies leisten kann. Wie zwei U-förmige Bügel liegen die beiden Geschosse übereinander, das obere U ist zur Straße, das untere in die Landschaft geöffnet, dazwischen der Luftraum, durch den man nach unten schauen kann, auf einen Teich, auf dem auf einer kleinen Insel ein Baum gepflanzt ist, dessen Spitze man von der Straße aus sieht. Das untere U hat dabei kürzere Schenkel als das obere, so dass das Obergeschoss über das Untergeschoss auskragt, Teile des Freibereichs überdacht. Ganz nebenbei war die dafür notwendige Konstruktion, mit Auskragungen von bis zu sechs Metern, auch eine enorme statische Herausforderung. Links von diesen beiden sich überlagernden Bügeln schließt sich eine Zeile mit Zimmern und Bädern an. Am Ende liegt die Treppe, über die man in den Hochsitz, das Ausguckzimmer kommt.

Innen und Außen, Oben und Unten stehen in einem ausgeklügelten Verhältnis zueinander.

Alle Räume auf beiden Ebenen öffnen sich nach Südwesten, in die kaum bebaute Landschaft. Offene Räume, eine raumhohe Verglasung mit dünnen Profilen, zoniert durch Stufen über die ganze Raumbreite, die in die Landschaft hinein führen, die Landschaft im Innern fortsetzen.
Im Dialog der Architekten mit dem Bauherrn wurden ungewöhnlichen Materialkombinationen gefunden, zu Kombinationen, die nicht gängigen Zuordnungen gehorchen. Das Material soll sprechen dürfen, die Sinne, das Gefühl ansprechen dürfen. Nirgends finden sich im Außenbereich, auch nicht in dem zur Straße hin, gepflasterte Wege oder glatte Terrassen, statten dessen grober Kies wie im Bett eines Gebirgsflusses. Die Vorhänge sind aus einem silbrigen, glitzernden Material, das eigentlich zur Einkleidung von Baugerüsten entwickelt wurde. Die zum Erdreich abschließende Rückwand im Wohnbereich ist als Stampflehmwand ausgeführt, die Schichten sind teilweise leicht pigmentiert, so dass ein Bild entsteht, das an einen Blick über die Alb mit nebelverhangenen Tälern erinnert. Keine der an der Fassade angebrachten Fließen wurde geschnitten, die großen Spiegel, die die Wände der Gartenebene zwischen Wohnbereich und Atrium bekleiden, sind aus einem Stück. Der Holzboden aus kanadischer Birke ist hochwertig verarbeitet, der Wandputz hat einen hohen Lehmanteil und wirkt, ebenso wie die Stampflehmwand, feuchtigkeitsregulierend. Die raumhohe Verglasung mit den extrem dünnen Profilen ist die erste ihrer Art in dieser Dimension. Kein Zweifel dieses Haus ist ein Experimentierfeld. Aber eines mit hohem Anspruch.
Christian Holl
 

Die Küche mit der Öffnung zum darüber liegenden Eingangsbereich.
Grundriss Eingangsebene
Grundriss Gartenebene
Längssschnitt
Querschnitt

Wohnhaus mit Schmuckatelier
2008

Waldstetten-Wißgoldingen

Auftraggeber
privat

Architektur
C18 Architekten BDA
Stuttgart

Tragwerksplanung
Dr.Ing. Hottmann
Schwäbisch Gmünd

Bruttogeschossfläche
615 qm

Fotografie
Brigida González



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