Wenn die Dusche spricht
Martina Metzner
26. März 2019
Die Dusche wird vernetzt und elektrifiziert (Bild: Sieger Design)
Digitale Vernetzung und Steuerung bestimmen das Bad von Morgen, geht es nach den Sanitär-Anbietern auf der ISH in Frankfurt. Hier der erste Teil unseres Messerückblicks.
Die Anbieter für Sanitär-, Klima- und Energie-Technik sehen sich in einer Schlüsselposition, was die großen Herausforderungen der Zukunft angeht: So soll das vernetzte, smarte Bad den gestressten Menschen fit und gesund machen. Es wird auf energieeffiziente Wärme- und Kältetechnik gesetzt, die durch eine alles umfassende Digitalisierung erreicht werden soll – selten hat dieses Thema eine Messe so in Beschlag genommen. Sogar ein eigener Hashtag wurde kreiert: #wirvernetzenuns soll alle Gewerke miteinander verbinden. Und alles soll vom Planer, Installateur und Nutzer kabellos per Smartphone und App kontrolliert und gesteuert werden.
So wird das smarte Bad wohl keine Prophezeiung von kühnen Trendforschern mehr bleiben: Kaum ein Hersteller, der den Komfort in der Nasszelle nicht durch digitale Lösungen verbessern und ein ganzheitliches, multisensorisches Erlebnis schaffen möchte. Wellness als Leitmotiv bleibt, verstärkt wird der Gesundheits-Trend im Badezimmer – und beides wird oft miteinander kombiniert.
Trinkwasserfiltrationssysteme waren ein Lieblingsthema auf der ISH – hier bei Grohe (Bild: Markus Bachmann / World-Architects)
Die Dusche als Mantra-GeberHansgrohe etwa stellt „RainTunes“ vor: Aktiviert man das Szenario „Good Morning“, so geht nicht nur der Duschstrahl an, sondern er wird auch von Tönen aus dem Soundsystem und eingesprühtem Rosmarin-Duft begleitet. Zur Ergänzung des Yoga- und Wellnesszirkels (oder -zirkusses?) ertönt noch eine Stimme: „Führen Sie die Brause langsam zum Herzen. Atmen Sie tief ein, atmen Sie tief aus.“ Bei „RainTunes“ wird auch nicht mehr analog gedreht, damit Wasser fließt, sondern digital gedrückt – eine neue Bedienweise, die sich auch bei vielen anderen Herstellern bemerkbar macht. Sicherlich gewöhnungsbedürftig ist dabei, dass Dusche und Nassbereiche dadurch elektrifiziert werden.
Auch die Toilette wird vernetzt, wie beim neuen Prototypen von Vitra Bathroom zu sehen war. Arik Levy hat „V-Care Smart Toilet Prime“ gestaltet, und auch Smart Home-Assistenten wie Alexa sind integriert.
Multisensorisches und digital gesteuertes Duschvergnügen mit „RainTunes“ von Hansgrohe (Bild: Hansgrohe)
Assistenten erobern das BadIn der Wasserinstallationstechnik können künftig „intelligente Wassermanagement-Systeme“, die an die Hauptwasserleitung angeschlossen werden, vor Wasserschäden warnen und sie bestenfalls vermeiden. Grohe baut seinen Bodyguard unter dem Namen „Sense“ aus, für Mehrfamilienhäuser und mit Assistenten, die auch über Temperatur und Luftfeuchtigkeit Auskunft geben. Hansgrohe zieht mit Grohe gleich und präsentiert „Pontos“ – ebenfalls mit Assistenten-Pucks. Der erste auffällige Unterschied scheint die Farbe: Grohes System ist komplett weiß, Hansgrohes Pontos schwarz. Bei all den digitalen Lösungen fragt man sich nur, wie man im Dschungel der Apps und Systeme den Überblick behalten soll. Nicht umsonst gehen die Firmen nun Partnerschaften hinsichtlich Internet der Dinge (IoT) ein. So kooperiert etwa Grohe mit dem Heizungsspezialist Viessmann und dem Küchenprofi Miele für „intelligent living“.
Die Grenzen zwischen Living und Bath verschwimmen – wie hier bei Antonio Lupi (Bild: Markus Bachmann / World-Architects)
Dusch-WCs werden günstigerDass die Keramiker weiter das Thema Dusch-WC vorantreiben, war zu erwarten. Gerade im gehobenen Hotelbereich baue man verstärkt diese Toilettenvariante ein, um den Weg auch im europäischen Raum zu ebnen, erfährt man bei Villeroy & Boch. Während Toto immer noch den Markt anführt, haben die Mitbewerber aber kräftig nachgelegt. Die Herausforderung ist, das Dusch-WC schlank zu gestalten und nicht als klobige Anlage, der man die integrierte Technik ansieht. Attraktive Modelle gibt es bei namhaften Herstellern mittlerweile bereits ab 1000 Euro. Eventuell muss man dann auf Sitzheizung, Sound und automatische Deckelöffnung verzichten. Aber die meisten verfügen inzwischen über einen unterschiedlichen Waschgang für Männer und Frauen. Hier könnten sich natürlich ganze Gender-Debatten entzünden.
Die Trapezform ist die Lösung für platzsparende Badewanne, wie Bette zeigt (Bild: Bette)
Man mag es nicht glauben, aber es gab auch durch und durch analoge Themen auf der ISH. So will das EU-Parlament das Trinken von Leitungswasser fördern – und damit Menschen zum Verzicht auf Plastikflaschen umerziehen. Eine entsprechende europäische Trinkwasserverordnung ist in Vorbereitung. Die Anbieter auf der ISH reagierten prompt: So hat Grohe sein Wasserfiltrations-System „Blue“, das mit Aktivkohle arbeitet, auf sieben Armaturen erweitert. Zusätzlich arbeitet das Unternehmen an der Kombination mit Grohe „Red“ – dem System für kochendes Wasser, das aus dem Hahn fließt. Rehau hat dieses Herausforderung mit „Re.Source“ bereits gelöst: Wasser gleichzeitig kühlen, filtern, sprudeln sowie kochen. Diese Trinkwassersysteme bieten sich besonders für Büros und die Gastronomie an, aber auch bei Privathaushalten steige die Nachfrage, hört man unisono.
Ein Puck für alle Fälle: Wassermanagementsysteme wie hier von Grohe sollen Wasserschäden vermeiden (Bild: Markus Bachmann / World-Architects)
Mehr Farbigkeit im BadAus gestalterischer Sicht bestimmen Wohnlichkeit und Farbe das Bad von Morgen. Die Grenzen des Bades lösen sich aber auch aufgrund kleinerer Wohnflächen auf, betont Bad-Designer Michael Sieger. So zieht Holz als Material ins Badezimmer ein – auf die Spitze getrieben bei Axor mit holzverkleideten Badewannen und Armaturen. Gleichzeitig haben sich die Sanitärunternehmen die starke Farbigkeit von der Einrichtungsbranche abgeschaut. Die bunte Parade führt Designer Stefan Diez mit seiner Badmöbel-Kollektion „RGB“ aus in Primärtönen gefärbtem Glas für Burgbad an. Schwarze Badkeramik sah man allenthalben – aber bitte in matt – etwa das Erfolgsmodell „Happy D“ von Duravit. Rosa, ein aktueller Liebling des Interior Designs, darf natürlich auch nicht fehlen, zu sehen etwa in Form der Erfolgsserie „Meta“ bei Dornbracht.
Doch auch das platzsparende Bad für kleinere Wohnflächen war auf der ISH Thema. So zeigt Alape unter „Steel19“ in Zusammenarbeit mit Designer Michael Sieger ein emailliertes Stahlblechbecken, das besonders schmal und klein ist und seine Formensprache vom klassischen Ausgusswaschbecken bezieht. Und Titan-Stahl-Emaille-Spezialist Bette setzt auf eine Duo-Badewanne in schlanken Trapez-Formen.
Durch die rosarote Brille: „Meta“ von Dornbracht (Bild: Dornbracht)
Fortsetzung folgtIm zweiten Teil des Rückblicks, der in zwei Wochen erscheint, gibt Professor Markus Pfeil Auskunft über die Highlights der ISH hinsichtlich Energie- und Klimatechnik.