Hochhaus Oasia Hotel Downtown in Singapur von WOHA

Oase in luftiger Höhe

Thomas Geuder
21. Januar 2019
Das Oasia Hotel setzt in der Stadtstruktur von Singapur neue Maßstäbe in Form, Farbe und Umgang mit dem Gebäudevolumen. (Bild: Joseph Goh / Agrob Buchtal)

Projekt: Hochhaus Oasia Hotel (Singapur, SGP) | Architektur: WOHA (Singapur, SGP) | Innenarchitektur: Studio Patricia Urquiola (Mailand, IT) | Bauherr: Far East SOHO Pte Ltd (Singapur, SGP) | Hersteller: Agrob Buchtal, Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG (Alfter-Witterschlick, DE), Kompetenz: Keramikfliesen System ChromaPlural | weitere Projektdaten siehe unten

Mit gut 700 km² ist Singapur der kleinste Staat Südostasiens. Grund und Boden sind in dem Inselstaat also rar, entsprechend hoch ist die Dichte: Pro Quadratkilometer wohnen hier knapp 8.000 Menschen, doppelt so viele wie in Berlin also. So entstehen hier immer neue Hochhäuser, die viel Nutzfläche pro Grundfläche schaffen und den städtischen Raum enorm prägen. Vorherrschend sind – dem weltweiten Stil entsprechend – Glasfassaden, die mitunter gesichtslos und austauschbar wirken. Dieser Entwicklung wollten die Architekten von WOHA (ebenfalls aus Singapur) entgegenwirken, als sie das 27 Stockwerke und 190 m hohe „Oasia Hotel“ planten. Ihr Entwurf bricht mit vielen allgemein gültigen Prinzipien im Hochhausbau und bildet so einen Eyecatcher in der städtischen Struktur.

Im üppig mit Kletterpflanzen bewachsenen Hochhaus zeigen sich großzügige Öffnungen, die den Außenraum ins Gebäude holen. (Bild: Patrick Bingham-Hall / WOHA)

Auffällig ist zunächst die leuchtend rote Fassade, die von Kletterpflanzen und Reben erobert wird. „Die rote Farbe bildet einen guten Kontrast zu dem üppigen Grün und dem kühlen blauen Himmel, damit sich das Gebäude zwischen den trostlosen Wolkenkratzern der Innenstadt abhebt. Dies ist vergleichbar mit dem Kontrast der warmen Töne von Früchten und Blumen zu grünem Laub und der Erde in der Natur“, erläutern die Architekten. Insgesamt fünf warmen Farben haben sie für die 25.490 m² große Fassade ausgewählt. Die Begrünung ist dabei eine wahre Pracht: „Zusätzlich zu den 21 Arten an Kletterpflanzen haben wir weitere 33 Pflanzen- und Baumarten ausgewählt, sodass nun insgesamt 54 Pflanzen- und Baumarten zur Verbesserung der Biodiversität in der Innenstadt beitragen“, fahren die beiden Architekten des 1994 gegründeten Büros WOHA Wong Mun Summ und Richard Hassel fort.

Der grüne Gedanke im Entwurf des Oasia Hotels endet nicht an der Fassade: Ihren Wolkenkratzer haben sie regelrecht durchlöchert, mehr noch: Ein Großteil der Stockwerke nutzt das eigentlich wertvolle Gebäudevolumen nicht aus. Stattdessen werden teils 10 Stockwerke hohe, offene Räume gegbildet, in denen ganze Bäume Platz finden und die somit als eine Art privater Frischluftgarten für die Hotelgäste oder Büromitarbeiter fungieren. Diese „Sky Gardens“ waren die Antwort der Architekten auf den Wunsch des Bauherrn nach markanten Bereichen im Gebäude – und brachten der Gebäudestruktur den Namen „Club Sandwich“ ein. Die Architekten von WOHA sehen darin eine Art „erhöhte Erdgeschosse“, die die wertvolle, aber begrenzte Grundfläche vervielfältigen.

Die Fassade aus fünf Rottönen und den grünen Pflanzen beeinflusst die Atmosphäre im Straßenraum nachhaltig. (Bild: Patrick Bingham-Hall / WOHA)

Einen gehörigen Anteil am Charakter des Gebäudes trägt die spanische Designerin und Architektin Patricia Urquiola aus Mailand. Sie entwarf das komplette Innendesign sowie die Sky Gardens und die Außenbereiche des Hotels, inspiriert von Singapurs kultureller Vielfalt, gesellschaftlicher Dynamik und tropischer Umgebung. Die 314 Zimmer des Hotels sind mit maßgefertigten Möbeln ausgestattet, die von Patricia Urquiola exklusiv für das Oasia Hotel entworfen wurden. Nach Auffassung der preisgekrönten Interior Designerin sind Hotels faszinierende öffentliche Räume, die Menschen als temporäres Heim dienen: „Jedes Projekt und jedes Gebäude sollte seine eigene Identität haben, denn beim Aufwachen möchte man wissen, wo man ist.“

Die Pools in den Sky Gardens sind mit Keramikfliesen des Systems ChromaPlural (Agrob Buchtal) ausgestattet, deren Farben von Patricia Urquiola abgestimmt auf die räumliche Situation ausgewählt wurden. Im 21. Stockwerk etwa befindet sich die stylische Location für den dortigen Lounge-Club, mit Winkelmustern aus hell- und dunkelblauen Fliesen in den 1,20 m tiefen sowie den flachen Becken, in denen man seine Füße kühlen kann, während man am Cocktail nippt. Der Top Roof Pool ganz oben im 27. Stockwerk wird durch das Dachrestaurant zweigeteilt. Die Becken beinhalten ebenfalls 1,20 Meter tiefe sowie flache Bereiche mit Liegen, die sanft vom Wasser umspielt werden. Anders als bei den meisten Dachbereichen von Hotels, deren Attraktion in der Regel ein weitschweifender Panoramablick ist, wird die Sicht auf die Skyline der Stadt hier fast vollständig vom bewachsenen Schirm verdeckt, wodurch – daher auch der Name des Projekts – eine exklusive Oase im Großstadtgetümmel entsteht.

Bis zu zehn Stockwerke hoch sind die markanten Einschnitte in die Gebäudestruktur, in denen sich die Sky Gardens befinden. (Bild: Patrick Bingham-Hall / WOHA)
In den Sky Gardens hat man nicht das Gefühl, hoch oben über dem Grund zu sein. Für die Schwimmbadkeramik verwendete Patricia Urquiola das System ChromaPlural von Agrob Buchtal. (Bild: Joseph Goh / Agrob Buchtal)
Ein kleines Highlight in der Hitze der Stadt sind die flachen Bereiche des Pools, bei denen man nur die Füße ins kühle Wasser strecken kann. (Bild: Joseph Goh / Agrob Buchtal)
Über dem Dachgeschoss mit zwei Pools sitzt eine über 230 t schwere Krone, die die Fassadenstruktur weitere knapp 50 nach oben weiterführt. (Bild: Joseph Goh / Agrob Buchtal)
Schnitt, Grundrisse (v.l.o.n.r.u.) Dachgeschoss, 22.-25., 21., 13.-20., 12., 7.-11., 6. Geschoss, Erdgeschoss (Quelle: WOHA)

Video-Portrait des Oasia Hotels, mit Kommentar der Architekten von WOHA (PLANE—SITE, Dauer: 4:06 min.)

Drohnenblick aufs Dachgeschoss (Bild: Joseph Goh / Agrob Buchtal)

Projekt
Hochhaus Oasia Hotel Downtown
Singapur, SGP

Architektur
WOHA
Singapur, SGP

Team
Wong Mun Summ, Richard Hassell, Phua Hong Wei, Bernard Lee, Kim Young Beom, Evelyn Ng, Christina Ong, Huang Yue, Larissa Tan, Chen Shunann, Iyan Mulyadi, Oscar Korintus, Victoria Meadows, Simopoulou Olympia Konstantinou, Donovan Soon, Ang Chow Hwee, Dennis Kwek

Innenarchitektur
Studio Patricia Urquiola
Mailand, IT

Bauherr
Far East SOHO Pte Ltd
Singapur, SGP

Hersteller
Agrob Buchtal, Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG
Alfter-Witterschlick, DE

Kompetenz
Keramikfliesen System ChromaPlural

Tragwerksplanung
KTP Consultants Pte Ltd

Elektroplanung
Rankine & Hill (S) Pte Ltd

Lichtplanung
Lighting Planners Associates (S) Pte Ltd
The Lightbox Pte Ltd

Gesamtfläche
19.416 m²

Kosten
S$138 Mio.

Fertigstellung
2016

Fotografie
Joseph Goh
Patrick Bingham-Hall


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