Komplexe Programmierung

Peter Petz
14. September 2010
Latz + Partner
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für Alt-Moabit?

Die Grünanlage aus den 50er Jahren wird zu einem attraktiven Stadtteilpark mit überschaubaren, angstfrei nutzbaren Räumen umgestaltet. Den Anwohnerinnen und Anwohnern und den Besucherinnen und Besuchern werden zeitgemäße Nutzungsmöglichkeiten angeboten. Die Bedürfnisse älterer Herrschaften sollen genauso ihren Platz finden, wie die von Familien, Studenten, Arbeitern und Hundebesitzern…(um nur einige zu nennen).

Unser Entwurf sieht die Stärkung der Nord-Süd-Verbindungen vor. Die bisher bestehende Barrierewirkung soll aufgehoben und die Funktion als zentrale und die angrenzenden Quartiere verbindende Grünflächen gestärkt werden.

 
Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?

In den 50er Jahren wurden Straßen als funktionale Verkehrsstraßen betrachtet und mit Heckenpflanzungen ausgeblendet, um im Innern von Parks intime Gartenräume zu ermöglichen. Die Introvertiertheit des Wohngartenkonzepts aus den 50er/60er Jahren steht heute im Konflikt mit den Bedürfnissen der Benutzer. Abpflanzungen und Mauern, die zu Intimität führen sollten, sind zu ausgrenzenden Elementen geworden. Die heute fast waldartige Situation im Wettbewerbsgebiet führte zu düsteren, in der Fläche teils kahlen und unattraktiven Bereichen.

Die Straße ist heute integraler Bestandteil des Systems öffentlicher Räume. Die Nutzungsansprüche haben sich gewandelt, weg von einer Konsensgesellschaft, die gepflegte Blumenarrangements und zurückhaltende Wasserspiele beim Spazieren und von entsprechend aufgestellten Bänken aus genießt, hin zu einem komplexen Miteinander, das Gemeinschaft in respektvollem Abstand zueinander kultiviert.

Wir sehnen uns nach sonnigen und einsehbaren, sozial kontrollierten Parkräumen, die allen Nutzergruppen gerecht werden und wieder dazu einladen, sich einen Park anzueignen.

 
Welche Maßnahmen schlagen Sie für die Transformation des Areals vor?

Die überlieferten formalen und räumlichen Gartenelemente im schmalen Korridor zwischen Turmstraße und Alt-Moabit haben historischen Wert und bieten bedeutsame Grundlagen für eine erfolgreiche Erneuerung der Parkanlage. Der Grundcharakter der überlieferten Planung wird daher herausgearbeitet und behutsam weiter entwickelt.

Wir sehen eine konsequente, aber behutsame Transformation des dichten Gehölzrandes in eine durchlässige und attraktive, zusätzliche Nutzungszone vor. Der Heckenkörper wird zu einem unverwechselbaren und deutlich wahrnehmbarem Merkmal des Ottoparks umgebaut. Er wird die verschiedenen Parkteile formal und inhaltlich zusammenbinden.
Locker verteilte Gehölzinseln bilden einen mal dichteren, mal offeneren Filter zu den anliegenden Straßen-/bzw. Stadträumen. Sie sind flexibel nutzbar, bieten individuelle, kommunikative Räume und ermöglichen entlang des gesamten Randes einen selbstverständlichen Zugang zum Park. Vor allem ermöglichen sie eine effiziente soziale Kontrolle des Parkraumes.

Der Baumbestand wird vorsichtig auf ein Maß zurückgenommen, das der ursprünglichen Planung näher kommt. So kommen Licht und Wärme in den Park zurück, großzügige Perspektiven werden möglich und weite, multifunktionale Rasenflächen werden geschaffen. Die Bestandsbäume in den Parkrändern werden unterschiedlich hoch aufgeastet, um die abwechslungsreiche Raumbildung der Gehölzinseln zu unterstützen. Mal offen wie ein Saal, mal verdichtet, entsteht ein Dialog zwischen Heckeninseln und Baumdach, der ein wesentliches Merkmal der Transformation des Ottoparks wird.

 
 
Wie wollen Sie den kleinen Tiergarten programmieren?

Funktionsperlen spiegeln die komplexe Programmierung des Parks. Unser Ziel ist es allen Nutzergruppen adäquate und akzeptable Räume zur Verfügung zu stellen. Im östlichen Parkteil ergänzen zusammenhängende Spielbereiche die Rollbahn, wechseln zu weiten, multifunktional bespielbaren Wiesenflächen, die von den erneuerten Gartenhöfen gemütlich zu betrachten sind, und integrieren schließlich den Senkgarten als deutlich erkennbare Ruhezone. An der Stromstraße eröffnet eine leicht erhöhte „Terrasse“ den Park und bietet mit dem erneuerten „Café am Park“ einen besonderen Treff und Ausgangspunkt für Parkbesuche an. Zwischen Stromstraße und Heilandskirche wird die historische Parkform mit Blumenwiesen und Rasenflächen neu herausgearbeitet. Um die U-Bahnstation geht es um Treffpunkte, Durcheilen, kurzes Verweilen und das Warten auf den Bus. Eine zusätzliche Wegeverbindung zur besseren Führung der U-Bahnnutzer sollte angeboten werden. Die Perspektive auf die Heilandskirche soll besonders herausgearbeitet werden.
Die westlichen Parkteile werden „aufgeräumt“, zur Stadt geöffnet und „weitergebaut“. Der Thusneldaplatz wird verkehrsberuhigt und analog der Platten und Pflaster vor der Kirche erweitert. Das anschließende historische Halboval wird komplettiert und erhält eine robuste, besonders nutzbare Rasenfläche. Der Ottoplatz wird nach Westen und zur Sonne geöffnet und mit einem öffentlichen Spielbereich ausgestattet. Die eingezäunten Spielbereiche werden mit Gehölzinseln in die Gesamtgestalt integriert, der daran nördlich angrenzende Parkteil großzügig geöffnet und ebenfalls mit benutzbaren Rasenflächen bestückt.

 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?

Mit der schrittweisen Umsetzung wird 2010 begonnen.

 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 09/2010

Andere Artikel in dieser Kategorie