Wie man Architektur ausstellt

Thomas Geuder, Simone Kraft
26. Januar 2016
Wohnmodell – Experiment und Alltag, Stadtmuseum Graz (2010/11) (Bild: Wolfgang Thaler)

«Das geht doch nicht!», ist oft die erste Reaktion. Schließlich sei es paradox, einen komplexen, gebauten Raum ohne das Vor-Ort-Erleben repräsentieren zu wollen. Mehr noch: Architektur auszustellen könne sich bei Weitem nicht nur im Zeigen von Modellen und Plänen erschöpfen – wie sich eben die Bedeutung der Architektur nicht nur auf das Bauen beschränkt, sondern das Denken und Gestalten von Form und Raum umfasst, auf kultureller wie sozialer, politischer, ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Basis. 

In diesem Sinne hat sich in den vergangenen Jahren das Wort «Baukultur“ etabliert, das eine gesteigerte Sensibilität für Fragen der Raumgestaltung verspricht. Seit den späten 1970er-Jahren tragen immer mehr Museen, Galerien und Institutionen zur Professionalisierung der Architekturvermittlung bei. An diesen Orten werden ganz unterschiedliche Formate und Ansätze erprobt. Ein ganz wesentlicher Pfeiler dabei ist das Ausstellen. Architektur kann und muss kommuniziert werden.

Diesem Thema widmet sich auch die «a*komm“, das Fachgebiet Architekturkommunikation am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der bislang einzige Lehrstuhl für Architekturkommunikation an einer deutschen Universität. Gemeinsam mit Studierenden haben dort Riklef Rambow und Jeannette Merker über die verschiedenen Institutionen der Architekturvermittlung geforscht. Eine Auswahl ihrer Ergebnisse wird nun in dem Buch «Architektur als Exponat“ vorgestellt, in Form von Interviews mit 13 Vertreter*innen namhafter Ausstellungsinstitutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die Form des Interviews ist eine geschickte Entscheidung, denn im Gespräch entfalten sich nicht nur die Vielfalt der verschiedenen Institutionen, es werden auch die unterschiedlichen Vermittlungsansätze deutlich. Das Buch geht vor allem der Frage nach: Wie entstehen Architektur-Ausstellungen? Selbst kuratierte Präsentationen treten neben Gastausstellungen externer Veranstalter, meist Architekturbüros. Nicht zuletzt werden Background und Erfahrungen der Kurator*innen thematisiert, die einen Blick «hinter die Kulissen“ erlauben. Besonders spannend ist dabei, wie unterschiedlich die Werdegänge sind – was sich natürlich auch in der individuellen Ausstellungspraxis niederschlägt.

«Architektur als Exponat“ ist ein vielfältiger Einblick in die Welt des Architekturausstellens, der Lust auf mehr macht, sich dazu kurzweilig liest und zum Schmökern einlädt – und hoffentlich ein kleines bisschen dazu beiträgt, Fragen der Architektur ins Bewusstsein zu rücken, unter Fachpublikum ebenso wie unter Fachfremden. 

Mit: 
Hubertus Adam (Schweizerisches Architekturmuseum S AM, Basel)
Nicola Borgmann (Architekturgalerie München)
Matthias Böttger (Deutsches Architektur Zentrum, Berlin)
Oliver Elser (Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt)
Kristin Feireiss (Aedes Architekturforum, Berlin)
Ursula Kleefisch-Jobst (Museum für Architektur und Ingenieurkunst M:AI, Gelsenkirchen)
Verena Konrad (Vorarlberger Architektur Institut vai, Dornbirn)
Andres Lepik (Architekturmuseum der TU München)
Ulrich Müller (Architektur Galerie Berlin)
Winfried Nerdinger (Architekturmuseum der TU München)
Arno Ritter (aut. architektur und tirol, Innsbruck)
Peter Cachola Schmal (Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt)
Dietmar Steiner (Architekturzentrum Wien)

Jeannette Merker, Riklef Rambow (Hg.)
Architektur als Exponat
Gespräche über das Ausstellen

Erschienen 2015 bei Jovis, Berlin 
19 x 23 cm, 152 Seiten mit ca. 60 Abb., Klappenbroschur
Deutsch
22,– €
ISBN 978-3-86859-386-0

Wohnmodell – Experiment und Alltag, Stadtmuseum Graz (2010/11) (Bild: Wolfgang Thaler)
Lina Bo Bardi 100 – Brasiliens alternativer Weg in die Moderne (2014/15) (Bild: Myrzik und Jarisch)
stattStube am Inn, Architekturtage 2012 (Bild: Mojo Reitter)

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