Neue Blickwinkel auf eine Ikone

Elias Baumgarten
31. Oktober 2023
Almannai Fischer Architekten: Studierendenwohnheim, Weimar, Deutschland, 2017–2025, Wettbewerbsentwurf (Visualisierung: © Almannai Fischer Architekten)

Hans Hollein (1934–2014) ist eine Ikone der österreichischen Architektur. Heute gilt der Avantgardist der 1960er-Jahre, Österreichs bisher einziger Pritzker-Preisträger, als ein Pionier der postmodernen Architektur. Seine Gestaltungen, das famose Kerzengeschäft Retti (1965) etwa, das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main (1991) oder das Haas-Haus in Wien (1990), machten ihn weltbekannt – genau wie sein Slogan »Alles ist Architektur«. Hollein war ein wahres Universaltalent, er betätigte sich als Architekt, Designer, Bildhauer und Objektkünstler. Geprägt wurde die Architektur des Schülers von Clemens Holzmeister (1886–1983) durch seine Begeisterung für die Vereinigten Staaten und seine Faszination für Raumschiffe und Raumanzüge, die er mit so vielen seiner Zeitgenossen teilte. Hollein interessierte sich für autarke Minimalräume, wie etwa sein mobiles Büro, ein aufblasbares Gehäuse, zeigt. Zudem schuf er vielbeachtete Collagen, auf denen technische Objekte in der Landschaft zu sehen sind. 

Doch welche Bedeutung hat Holleins Werk für junge Architekt*innen, die heute den europäischen Architekturdiskurs mitprägen? Dieser spannenden Fragen geht das Architekturzentrum Wien (Az W) mit der neuen Schau »Hollein Calling« nach, die seit September zu sehen ist. Auf diese Weise soll das Werk des Meisters neu bewertet werden.

Das Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt 8–10 in Wien zählt zu Hans Holleins berühmtesten und besten Bauten. 1966 wurde ihm für das nur 14 Quadratmeter große Ladenlokal der Reynolds Memorial Award verliehen. (Modellfoto: © Architekturzentrum Wien, Sammlung)
Monadnock: Oosterling Büro- und Wohnhaus, Groningen, Niederlande, 2016, Wettbewerbsentwurf (Collage: © Monadnock)

Gezeigt werden im Az W Projekte Holleins wie das besagte Kerzengeschäft Retti und das ebenso kleine Juweliergeschäft Schullin, aber auch Schulbauten und Museen aus der Feder des Wieners – alles in allem 15 Schlüsselprojekte. Präsentiert werden diese anhand von Skizzen, Modellen, Prototypen und Dokumenten aus dem »Archiv Hans Hollein, Az W und MAK, Wien«, dessen große Sammlung seit Jahren vom Team des Az W aufgearbeitet wird. Viele der Ausstellungsstücke waren dabei noch nie öffentlich zu sehen.

Gegenübergestellt werden diese Arbeiten Projekten von Almannai Fischer Architekt:innen (München), baukuh (Mailand), Bovenbouw Architectuur (Antwerpen), Claudia Cavallar (Wien), Aslı Çiçek (Brüssel), Conen Sigl Architekt:innen (Zürich), doorzon interieur architecten (Gent), Expanded Design (Wien), Martin Feiersinger (Wien), David Kohn Architects (London), Kühn Malvezzi (Berlin), Lütjens Padmanabhan Architekt:innen (Zürich), Manthey Kula (Oslo), Monadnock (Rotterdam) und OFFICE Kersten Geers David Van Severen (Brüssel).

»Hollein Calling« wird kuratiert von Lorenzo De Chiffre, Benni Eder und Theresa Krenn. Zu der Ausstellung erscheint eine gleichnamige Publikation beim Schweizer Verlagshaus Park Books. Die Schau im Az W wird bis zum 12. Februar 2024 laufen.

Conen Sigl Architekt:innen: Teatrino, Zeichnung erstellt für die Ausstellung »Still, a matter of Art«, f’ar – Forum d’architectures, Lausanne, Schweiz, 2018 (Zeichnung: © Conen Sigl Architekt:innen)
Lütjens Padmanabhan Architekt*innen: Residenz des Schweizer Botschafters in Algier, Algerien, 2017–2023 (Modellfoto: © Lütjens Padmanabhan Architekt*innen)

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