Modern ist aus

Thomas Geuder
2. September 2015
Mannesmann Hochhaus, Düsseldorf, Paul Schneider Esleben (Bild: Thomas Mayer)

«Vergesst Le Corbusier!», schrieb Rainer Haubrich vergangene Woche in seinem Essay in der Zeitung DIE WELT, anlässlich des 50. Todestages von Le Corbusier am 27. August. Darin beschreibt er das (aus seiner Sicht) «epochale Scheitern» der Visionen und Ideen Le Corbusiers und aller folgenden Bauwerke, die in dessen Geist erbaut sind. Das schließt genau genommen nicht nur die Klassische, sondern auch die Nachkriegsmoderne ein, vermutlich auch alle Gebäude der 1960er- und 1970er-Jahre, bis hin zum Beginn der Postmoderne. Auch wenn sich solche Pauschalverurteilungen allein durch ihre Pauschalität selbst entlarven, so genügt doch der Blick in die Chats und Foren, wo sich auch Otto Normalnutzer zu Wort meldet. Die Moderne kommt dabei meist nicht gut weg. Häuser im Gründerzeitstil der Jahrhundertwende – wohlgemerkt vom 19. zum 20. Jahrhundert – dafür umso besser. Dabei gibt es zahlreiche gute Beispiele aus allen Epochen, wie etwa die Ausstellung «Paul Schneider von Esleben – das Erbe der Nachkriegsmoderne» des Museums für Architektur und Ingenieurkunst NRW (MAI) zeigt. Architektur ist eben immer ein Kind ihrer Zeit, und so war der Klassischen Moderne um Bauhaus und Internationalen Stil daran gelegen, sich vom Morast des Historismus zu befreien und für räumliche wie formale Klarheit zu sorgen. Die Nachkriegsmoderne etwa eines Egon Eiermann oder Gottfried Böhm war geprägt von Technikbegeisterung, Fortschrittsglauben und vor allem: Lossagung von der Vergangenheit. Kritisiert wird häufig der «kalte Beton», der geistlos, ohne gestalterische Differenzierung und im falschen Maßstab eingesetzt schnell überfordert und langweilt, sogar abstoßen kann. Dass Beton aber auch «schön» kann, zeigen zahlreiche Beispiele. Wo geht die Architektur-Reise also hin? Angesichts immer neuer digitaler Möglichkeiten und energetischer Notwendigkeiten werden Architekten wie Bauherren reagieren müssen. Nicht nur technologisch, sondern auch in Sachen Gestaltung. Vielleicht sind die Tage der Glasfassade gezählt. Vielleicht besinnen sich die Baumeister wieder auf ihr ganzheitliches Können. So zu tun, als hätte es die Moderne nicht gegeben und nahtlos an historistische Motive anzuknüpfen, kann jedenfalls nicht der richtige Weg sein.

Mannesmann Hochhaus, Düsseldorf, Paul Schneider Esleben (Bild: Thomas Mayer)

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