Flüchtige Konsumgesellschaft

Thomas Geuder
15. April 2015
Werbeprospekt für Durchlauferhitzer der Firma Junkers, 1960er Jahre (Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge / Bild: Armin Herrmann)

Feuerlöscher, Bohrmaschinen, Dunstabzugshauben, Pelzmäntel, Brathähnchen, Teppiche, Fernsehapparate: Auf welche Art Produkte in den Medienwelt beworben werden, verrät in den allermeisten Fällen auch einiges über die Gesellschaft, für die diese Werbung gemacht ist. Werbung spielt meist mit den gängigen Klischees ihrer Zeit und versucht, den Konsumenten auf einer emotionalen Ebene auf sich aufmerksam zu machen. Schließlich soll der auf etwas aufmerksam gemacht werden, was er bis dahin noch gar nicht wusste: Er soll bzw. will genau dieses Produkt kaufen. Derartige Werbegrafiken sind jedoch auch sehr auf ihre Zeit beschränkt. Sie sind modisch,  sie sind ephemere Bilder, Alltagsdokumente einer trivialen Konsum- und Medienwelt auf zweidimensionalen Drucksachen. Enden diese im Altpapier resp. Papierkorb, verschwinden auch ihre Bilder und Zeichen.

Werbebeilage der Firma Osram, 1930er Jahre (Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge / Bild: Armin Herrmann)

Die Ausstellung «EPHEMERA» mit ausgewählten Werbegrafiken von den 1910er-Jahren bis heute zeigt eine seltene Zusammenschau dieser flüchtigen Bilder, die innerhalb ihrer Entstehungszeit eine Vermittlerrolle zwischen Produkt und Konsument eingenommen haben. Die Werke erscheinen dabei wie eine Stichprobe einer vertrauten und zuweilen kuriosen Bildsprache der Konsumgesellschaft. Sie werden in ihrer für sie kennzeichnenden Vielfalt sowie in einer assoziativen Anordnung präsentiert: Die Bildgruppierung ist das Resultat einer (wie die Kuratoren des Museums selbst sagen) Wilderei im eigenen Archiv, da sie die derzeitige archivarische Ordnung überschreitet und eine Neuordnung visuell erprobt.

Infobroschüre «Elektrohaushalt» 1970er Jahre, Hrsg.: Energie-Verlag GmbH (Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge / Bild: Armin Herrmann)

Das emphemere Material kann länger betrachtet und – das ist eine der Stärken der Ausstellung – verglichen werden, wobei sich Analogien wie auch Brüche zwischen den Bildern auftun. Dabei entdeckt man immer wiederkehrende visuelle Phänomene, die schlussendlich doch auf die menschlichen Grund-, aber auch Luxusbedürfnisse zurückzuführen sind. Nostalgisch spannend für Bauschaffende sind bei alledem die Produktwerbungen der Firmen, die ihren bekannten Beitrag zur Architektur geleistet haben oder gar noch leisten.

Die Ausstellung «EPHEMERA. Werbegrafik aus der Sammlung Alltagsdokumente» im Berliner Werkbundarchiv – Museum der Dinge läuft noch bis 5. Juli 2015.

Mehr Informationen zur Ausstellung unter: www.museumderdinge.de

Werbeblatt für Schrift-Glühlampen der Firma Hansa, undatiert (Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge / Bild: Armin Herrmann)
Werbebeilage für Lichterketten der Firma Lumiflex, 1930er Jahre (Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge / Bild: Armin Herrmann)

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