Raum für Kommunikation
hammeskrause architekten bda
21. Februar 2018
Zugang zum Innenhof und Haupteingang des neuen CSSB-Forschungsgebäudes (Foto: Werner Huthmacher)
hammeskrause architekten haben das Centre for Structural Systems Biology CSSB in Hamburg fertiggestellt. Im Gebäude treffen ganz unterschiedliche Nutzer aus dem Bereich der Forschung aufeinander, wie Markus Hammes berichtet.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Wie der Name des Projekts ‚Center for Structural Systems Biology‘ schon zum Ausdruck bringt, ist es ein Zentrum, an dem multi- und interdisziplinär geforscht wird. Das allein ist in der heutigen Zeit noch nichts Besonderes. In diesem Fall aber vertreten die Nutzer viele einzelne Institutionen, unabhängige Forschungseinrichtungen, Kliniken und Universitäten, aus mehreren Bundesländern und aus dem Ausland. Dies ist organisatorisch in unserem föderalistischen System schon eine Besonderheit. Und führte auch beim Raumprogramm zu einer hohen Diversifikation unterschiedlichster Anforderungen, z.B. von technisch hochanspruchsvollen Einrichtungen wie
Kryo-S3 Mikroskopie bis hin zum Hörsaal für 180 Personen.
Genau der oben beschriebene Umstand hat uns in dem Projekt dazu geleitet, dem inhaltlichen und organisatorischen Begriff des Zentrums auch einen architektonischen Raum zu geben. Die über alle Geschosse erlebbaren Galerien und Treppenläufe mit ihren vielfältigen Blickbeziehungen und Aufenthaltsqualitäten sind der zentrale Treffpunkt im Gebäude. Materialität und Farbe unterstützen die atmosphärischen Ansprüche und Individualität an diesem Ort. In den hochinstallierten Laborlandschaften galt es dagegen zukunftsfähige, hochflexible Strukturen zu entwickeln, die einerseits die diversifizierten Anforderungen erfüllen, anderseits aber für die Zukunft neutral und anpassungsfähig genug sind.
Blick in den Innenhof und auf die viergeschossige Foyerhalle (Foto: Werner Huthmacher)
Lichtdurchflutete Aufenthaltsbereiche im dritten Obergeschoss mit Blick in den Innenhof (Foto: Werner Huthmacher)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?Der Forschungscampus in Bahrenfeld vom Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) und der Universität Hamburg ist in den letzten 50 Jahren relativ frei von architektonischen Ansprüchen gewachsen. Erst in den letzten Jahren hat hier ein Umdenken stattgefunden und es sind einige anspruchsvolle Architekturen entstanden. Da wir das Glück hatten über verschiedene Projekte zu diesem Wandel beizutragen, haben wir uns an einigen der neuen Gestaltungsleitlinien orientiert, z.B. der horizontalen Gliederungen, der weißen Gebäude und der klaren Adressbildungen in der äußeren Gestaltung. Im Innern galt es Raum für Kommunikation zu etablieren.
Das kommunikative Zentrum mit skulpturaler Wendeltreppe und Sitzgruppen im zweiten Obergeschoss (Foto: Werner Huthmacher)
Sichtbezüge über Lufträume und Treppen hinweg fördern die informelle Kommunikation (Foto: Werner Huthmacher)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?Ohne den ständigen intensiven Austausch zwischen allen Planungsbeteiligten in einem iterativen Prozess lässt sich unseres Erachtens diese Bautypologie nicht erfolgreich umsetzen. Wir hatten das Glück, dass die vielfältigen Nutzerinteressen personell und inhaltlich gebündelt wurden. Gleichzeitig war das Interesse an der architektonischen Umsetzung so hoch, dass alle wesentlichen Entwurfsschritte und Entscheidungen in den Führungsebenen vorgestellt und diskutiert wurden. Diese breite Einbindung des Nutzers und Bauherrn hat dazu geführt, dass wir die Bedürfnisse besser verstanden haben und angemessene räumlich-architektonische Antworten geben konnten. Von daher gab es einen Einfluss auf den Entwurf, aber nicht in der Form, dass uns gesagt wurde, was wir tun sollen, sondern in dem Sinne, was der Entwurf leisten soll.
Laborcluster mit Blick in den Innenhof (Foto: Werner Huthmacher)
Hörsaal im Erdgeschoss für 180 Personen (Foto: Werner Huthmacher)
Südansicht des Forschungszentrums (Foto: Werner Huthmacher)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?Das Projekt wurde Ende 2012 über eine umfangreiche Projektskizze innerhalb der (damaligen) VOF-Verfahren gewonnen. Der Entwurf war zweigeteilt, in den eigentlichen Hochbauentwurf für das CSSB und einen städtebaulichen Teil für zukünftige Erweiterungen in einem größeren Planungsumfeld. Die Grundideen erwiesen sich in allen Teilaspekten als tragfähig und wurden im Planungsprozess weiter optimiert und ausgearbeitet.
Lediglich die räumliche Formulierung des Gebäudezentrums hat sich nach dem Entwurfsprozess stark geändert. Im Wettbewerb haben sich die Galerien kaskadenartig von unten nach oben entwickelt. Dies wurde vom Auswahlgremium auch sehr positiv beurteilt. Dies erschien uns in der Überprüfung in verschiedenen Modellmaßstäben eine räumlich interessante, aber doch zu sehr linear entwickelte Struktur zu sein. Uns interessierte nun vielmehr, das Zentrum noch deutlicher als räumlich verbindenden Ort zu entwickeln, horizontal und vertikal. Auch wollten wir die Bewegungsräume und Verweilorte zentrieren.
Schwarzplan (Zeichnung: hammeskrause)
Grundrisss Erdgeschoss (Zeichnung: hammeskrause)
Schnitt (Zeichnung: hammeskrause)
2017
Notkestraße 85 / Building 15
22607 Hamburg
Nutzung
Interdisziplinäres Forschungszentrum für Systembiologie
Auftragsart
VOF-Verfahren
Bauherrschaft
Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY, Hamburg
Architektur
hammeskrause architekten bda, Stuttgart
Markus Hammes und Nils Krause
Peter Just, Joachim Klüsekamp, Alana Straub, Sahar Zolfaghari
Fachplaner
TGA: WINTER Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik GmbH, Standort Hamburg
Tragwerksplanung und Bauphysik: OSJ Ingenieure GmbH & Co. KG, Hamburg
Laborplanung: dr. heinekamp Labor- und Institutsplanung GmbH, Karlsfeld
Akustik: Schalllabor HHK GmbH, Hamburg
Bauleitung
DGI Bauwerk Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin, Niederlassung Hamburg
Ausführende Firmen
Rohbau: Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Frankfurt
Fassade: Radeburger Fensterbau GmbH, Radeburg
Schrägfassade Innenhof: MBM Metallbau Dresden GmbH
Wendeltreppe Foyer: Hark Treppenbau GmbH, Bielefeld
Parkettarbeiten: Spoma Parkett und Ausbau GmbH, Magdeburg
Hersteller
Möbel: Sedus, Brune, Kinnarps, König&Neurath
Vorhänge, Polsterstoffe: Kvadrat
Labormöbel: Waldner
Teppiche: Carpet Concept
Andere Bodenbeläge: Godelmann Betonstein, NORA Kautschuk, Villeroy & Boch Fliesen
Außenliegender Sonnenschutz Schrägfassade: Sunworks
Bruttogrundfläche
13.500 m²
Gebäudevolumen
54.800 m³
Gesamtbaukosten
52.000.000 €
Fotos
Werner Huthmacher
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