Holzfarbspiel

D'Inka Scheible Hoffmann Architekten
1. Juli 2015
Südansicht (Foto: Roland Halbe)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Ein unbebautes, verwildertes, baumbestandenes Grundstück entlang einer Allee in einer zentrumsnahen Lage im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach zur Beplanung mit einer neuen Kindertagesstätte vorzufinden, ist eine eher ungewöhnliche Situation in einem städtischen Umfeld. Die heterogene Umgebung von Bestands-Kita, unterschiedlich maßstäblicher Wohnbebauung, Schulareal und grünen Freibereichen erforderte einen ruhigen Baustein, der die unterschiedlichen Umgebungsbauten miteinander verbindet und als öffentliches Gebäude wahrnehmbar ist.

Eingangsbereich mit Südterrasse (Foto: Roland Halbe)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

In Anlehnung an den Baumbestand der Umgebung und die holzverschalte bestehende Einrichtung fiel die Entscheidung schnell, einen konsequenten Holzbau für dieses Projekt vorzuschlagen. Wir wollten mit Materialität und Konstruktion den Geist des Ortes widerspiegeln. Auch im Inneren geben die durchgehenden Holzoberflächen einen ruhigen Hintergrund für die bunte Vielfalt, die Kinder in die Einrichtung bringen.

Westansicht (Foto: Roland Halbe)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der langgestreckte, zweigeschossige Neubau wird parallel zur Hohewartstraße, der Baulinie der Nachbarbebauung folgend, von der Straße abgerückt platziert. Das Gebäude fügt sich mit seinem Volumen maßstäblich in die umgebende Bebauung ein und zeigt sich selbstbewusst mit seiner großzügigen Öffnungen nach Süden. Die neue Kindertagesstätte umschließt mit der bestehenden Einrichtung den innen liegenden Gartenbereich und bildet sowohl eine räumliche Einheit als auch einen baulichen Abschluss der Freianlagen zur Straße hin.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Da dem Projekt eine Direktbeauftragung zu Grunde lag, waren die Projektbeteiligten des Hochbauamtes, Jugendamtes sowie die späteren Nutzer der Kita von Anfang an in den Planungsprozess eingebunden. So wurden im Entwurfsprozess sowohl programmatisch-funktionale als auch pädagogische und gestalterische Themen gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt. Der offene und konstruktive Austausch ließ die Identifikation mit dem Bauwerk bei allen Beteiligten wachsen.

Spielflur Obergeschoss (Foto: Roland Halbe)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Das Holz ist im ganzen Gebäude spür- und erlebbar, wobei die Konstruktionselemente gleichzeitig Ausbauelemente sind und sowohl harmonische als auch spannungsvolle Räume schaffen. Der sichtbare Konstruktionsraster rhythmisiert das Gebäude genauso im Inneren wie die Fassade und bildet ein Wechselspiel von transparenten, verglasten und holzverschalten, geschlossenen Flächen. Im Innenraum sind die Holzoberflächen transparent lasiert. Die vorgefertigten Lärchenholz-Elemente der Fassade erhielten eine graue Lasur, die die natürliche Vergrauung des Holzes vorwegnimmt und mit den warmen Holzoberflächen des Innenraumes kontrastiert. Die mit 10 cm sehr schlanken Querschnitte von Stützen und Trägern tragen maßgeblich zum Raumeindruck des Gebäudes bei.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Das Projekt hat in seiner Entwicklung durch die frühe Mitsprache aller Beteiligten zwei große Veränderungen erfahren. Eine von uns vorgeschlagene Split-Level-Erschließung der Einrichtung zur Aufnahme der Topografie und räumlichen Verknüpfung der unterschiedlichen Altergruppen wurde zugunsten durchgängiger Geschoßebenen aufgegeben. Ein weiterer, großer Diskussionspunkt war die Orientierung der Gruppenräume: nach Süden zur Straße hin oder nach Norden zum Garten und zur Bestands-Kita. Der Nordorientierung zum Garten wurde Vorrang gegenüber der gebäudetypologisch naheliegende Südorientierung gegeben, was im Entwurf dazu führte, Gruppenbereiche an den Gebäudeköpfen einzurichten, um jeder Einheit eine dreiseitige Belichtung zu ermöglichen. Zusätzlich konnte über verglaste Flurflächen die Südsonne ins Gebäude geleitet werden.

Zugang Gruppenraum (Foto: Roland Halbe)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Der konsequente Holzbau mit seinen schlanken Stützen und Trägern lebt von den unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten des Baustoffes Holz: vorgefertigte, lasierte Fassadenelemente rhythmisieren im Wechsel mit transparenten Öffnungen und geschosshohen Fenstertüren den Baukörper. Die hellen Deckenuntersichten der Dreischichtplatten im Eingangsbereich führen den Besucher in die Kita und leiten über in die hellen, warmen Räume, die vom Konstruktionsraster des Skelettbaus bis ins Detail geprägt sind. Die sichtbare Konstruktion, verbunden mit der Haptik der Holzoberflächen, lässt den Holzbau für die Kinder täglich erlebbar und begreifbar werden.

Lageplan (Zeichnung: D'Inka Scheible Hoffmann Architekten)
Grundriss Obergeschoss (Zeichnung: D'Inka Scheible Hoffmann Architekten)
Schnitt (Zeichnung: D'Inka Scheible Hoffmann Architekten)
Neubau Kindertagesstätte Hohewartstraße
2014
Hohewartstraße 100
70469 Stuttgart Feuerbach

Auftragsart
Direktauftrag

Bauherrschaft
Landeshauptstadt Stuttgart, vertr. durch Technisches Referat, Hochbauamt

Architektur
D'Inka Scheible Hoffmann Architekten BDA, Fellbach
Gabriele D'Inka, Albrecht Scheible, Bärbel Hoffmann
Projektleitung: Marco Lewald

Fachplaner
Tragwerk: Pfefferkorn Ingenieure, Stuttgart
HLS: G+P, Stuttgart
Elektro: Mück + Schaber, Holzgerlingen
Bauphysik: Krämer Evers, Stuttgart
Freianlagen: Lohrberg, stadtlandschaftsarchitektur

Bauleitung
rolandgoeppel architekten, Ludwigsburg

Ausführende Firmen
Holzbau: Holzbau Schaible, Wildberg
Bodenplatte: Wildermuth, Bietigheim-Bissingen
Fassade: Ziegler, Flourn-Winzeln
Dach: Scholl, Backnang

Hersteller
BSH: Scheiffele Schmiederer Holzwerke
Kerto: Merk Timber
Fassade: Wicona Wicline 75, Ferro Wictec 55/1 HA E
Dach: Vedag

Energiestandard
20 % unter EnEV 2009

Gebäudevolumen
4.016 m³

Bruttogeschossfläche
1.009 m²

Kubikmeterpreis
430 €/m³ (KG 300+400)

Gesamtkosten
2.600.000 €

Gebäudekosten
1.730.000 €

Fotos
Roland Halbe

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