Differenziert in Klinker

Stefan Forster Architekten
10. Mai 2017
Das neue Studentenwohnheim steht an der Schnittstelle zwischen historischer Blockrandbebauung und großformatigen, offenen Bautypen (Foto: Lisa Farkas)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Haus ersetzt eines der letzten verbliebenen baulichen Relikte der Nachkriegszeit – als Frankfurt kurzzeitig die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland werden sollte: das ehemalige Landwirtschaftsministerium, im Volksmund auch als Kartoffelministerium bezeichnet. In den letzten Jahren sind immer mehr dieser Gebäude (zuletzt die Oberfinanzdirektion und der Bundesrechnungshof) aus dem Stadtbild verschwunden. Allen diesen Gebäude ist gemein, dass ihre schlechte Bausubstanz eine Weiterverwertung nicht zuließ.

Eingangssituation an der Ostseite (Foto: Lisa Farkas)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Mit der Übernahme der großmaßstäblichen Dimensionen seiner Nachbarbauten wird auch deren Typologie der robusten, neutralen Rasterstruktur fortgeführt. Die differenziert profilierte Klinkerfassade stellt Beziehungen zu vertrauten Vorbildern aus der Baugeschichte her und vermeidet bewusst jeglichen Hinweis auf die Funktion des Hauses. Seine Formensprache erinnert eher an großmaßstäbliche Industriegebäude aus dem letzten Jahrhundert.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Gegenüber der ehemals offenen Bebauung entsteht nun ein städtischer Block mit einer eindeutigen Raumkante zum Alleenring. Das U-förmige Gebäude bildet den neuen Blockrand zur Adickesallee. Die Form des Hauses bezieht sich auf das westlich gelegenen Polizeipräsidiums und die östlich anschließende School of Finance & Management.

Detailansicht Sockelbereich (Foto: Lisa Farkas)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer den Entwurf beeinflusst?

Der Bauherr hatte sehr konkrete Vorstellungen zur Größe und Beschaffenheit der Appartements. Ansonsten gab es lediglich die Vorgabe, soviel Appartements wie nur möglich auf dem Grundstück unterzubringen. Wegen der exponierten Lage des Hauses, direkt am Alleenring, gab es seitens der Stadtplanung eine erhöhte Anforderung an die Qualität der Fassade – dies führte am Ende zu der wertigen, stark profilierten Klinkerfassade.

Innenraum (Foto: Lisa Farkas)
Großes Zimmer (Foto: Lisa Farkas)
Kleines Zimmer (Foto: Lisa Farkas)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Durch den Einsatz von Betonfertigteilen konnte der Bau in sehr kurzer Zeit realisiert werden.
Die Addition gleicher Elemente kommt dieser Bauweise natürlich entgegen. Für uns Architekten war es jedoch mehr von Bedeutung, an dieser Stelle ein hochwertiges Haus mit einer positiven Ausstrahlung entstehen zu lassen, dem man seine Nutzung nicht unbedingt ansieht. 

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Der Entwurf hat sich in der Entwicklungsphase kaum verändert. Die Abmessungen des Hauses und die Gesamtform standen schon sehr früh fest. Durch die Vorgabe des Bauherrn nach kurzer Planungszeit und maximale Grundstücksausnutzung blieb auch keine Zeit den Entwurf eventuell in Frage zu stellen.

Lageplan (Zeichnung: Stefan Forster Architekten)
Grundriss Regelgeschoss (Zeichnung: Stefan Forster Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Stefan Forster Architekten)
Studierenden-Wohnheim Adickesallee
2016
Adickesallee 40
60322 Frankfurt am Main

Nutzung
Studierenden-Wohnheim, Café, Fitnesstudio

Auftragsart
Direktauftrag

Bauherrschaft
RMW Wohnungsbaugesellschaft Frankfurt II GmbH, Attendorn
 
Architektur 
Stefan Forster Architekten, Frankfurt am Main
Projektleitung: Holger Haas
Mitarbeit: Jelena Duchrow, Militsa Marinova, Peter Gallo, Neset Uguzoglu

Fachplaner
Tragwerksplanung: Stroh + Ernst AG (LPH 1-4), Kannemacher + Dr. Sturm Engineering (ab LPH 5)
Haustechnikplanung: Projekt² GmbH, Trier (LPH 1-4), Ingenieurbüro Albers, Gleichen-Rauhausen und Keydel Bock Ingenieure GmbH, Göttingen (ab LPH 5);
Landschaftsplanung: HKK Landschaftsarchitektur, Frankfurt am Main

Bauleitung
Bieker Baumanagement, Lennestadt

Ausführende Firmen
Generalunternehmer: W. Markgraf GmbH & Co KG - Bauunternehmung, Bayreuth
Fassade (WDVS und Klinker): Fa. Wilhelm GmbH Baudekoration, Usingen
Fenster und PR-Fassade: Fa. Alu-Sommer GmbH. AUT-Stoob

Hersteller
Klinker: Janinhoff GmbH & Co.KG - Klinkermanufaktur, Münster
Fertigbäder: SchwörerHaus GmbH & Co. KG - Schwörer Fertigbad-Systeme, Ahrensfelde

Energiestandard
EnEV 2014, KfW 40

Bruttogeschossfläche
14.500 m²

Gebäudevolumen
45.700 m³

Kubikmeterpreis
610 €/m³

Baukosten
ca. 28.000.000 € Brutto

Fotos
Lisa Farkas, Frankfurt am Main

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