Das neue Schwaketenbad

Behnisch Architekten
12. Juli 2023
Schwimmbad mit Charakter: Eingebettet in die reizvolle Naturlandschaft bietet das neue Schwaketenbad Attraktionen für Familien, Freizeitsuchende und auch Sportler*innen (Foto: David Matthiessen)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Bäder sind zunächst einmal große Gebäude, große Kubaturen, mit einer Vielzahl an Wasserflächen und Attraktionen. Mitunter liegt genau hier die Herausforderung, aus dieser Vielzahl an Anforderungen ein wohlproportioniertes Haus zu schaffen. Unser Ziel war es, ein familienfreundliches Bad zu konzipieren, das unterschiedliche Besuchergruppen willkommen heißt. In einer ebenerdig angelegten, sehr übersichtlich organisierten Badehalle ist uns eine funktionale Anordnung gelungen – bei einer gleichzeitig stimmungsvollen, durch Naturmaterialien geprägten Atmosphäre. Durch eine differenzierte Gliederung des Baukörpers konnten wir das Bad harmonisch in die landschaftliche Umgebung einbinden, in unmittelbarer Nähe zum Schwaketen- und Mainauwald und dem nicht weit entfernten Bodensee. Die skulpturale Dachgestaltung schenkt dem Schwimmbad sein prägnantes, charakteristisches Äußeres und strukturiert das Bad im Inneren. Das ursprüngliche, sehr beliebte Schwaktenbad war durch einen Brand im Jahr 2015 fast vollständig zerstört worden – doch die Stadt nutzte die mit dem Unglück verbundene Chance: Dieses neue, an derselben Stelle errichtete Bad steht dem alten an Beliebtheit in nichts nach. Deutlich größer, bietet es einladende Aufenthaltsflächen, mehr Attraktionen und spricht die breite Öffentlichkeit an.

Die skulptural gestaltete Dachlandschaft gliedert den großzügigen Baukörper auf gelungene Weise (Foto: David Matthiessen)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?

Betrachtet man den Konzeptschnitt, kann man die Entwurfsidee deutlich ablesen: Das Volumen wird durch drei unterschiedlich hohe Dachflächen gekennzeichnet, die dem Bad seine markante Gestalt verleihen. Die Differenziertheit dieser Dachflächen charakterisiert das Bad von außen, ist jedoch maßgeblich abgeleitet aus den unterschiedlichen Funktionen im Inneren. Die Angemessenheit der Raumproportionen spielte eine Rolle, ebenso wie die technische und baurechtlich benötigte Raumhöhe. Im Inneren gliedert die Dachlandschaft die Badehalle auf natürliche Art und Weise, erzeugt einen spannungsreichen und atmosphärisch einzigartigen Erlebnisraum. Die Höhenstaffelung der Dächer lässt dabei Lichtbänder entstehen, die einen besonders stimmungsvollen Tageslichteinfall erlauben. 

Blick in die zentrale Badehalle: Eine lichtdurchflutete Atmosphäre sorgt für ein eindrucksvolles Schwimm- und Badeerlebnis (Foto: David Matthiessen)
Prägendes, verbindendes Gestaltungselement: Holzdecke, die mit ihren unterschiedlichen Deckenhöhen die Funktionsbereiche elegant unterteilt (Foto: David Matthiessen)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Das Bad ist ebenerdig angelegt und wird durch eine Differenzierung des Volumens angenehm in seine Umgebung eingebettet. Großzügige Glasfassaden, die wie ein leichter, nahezu nicht wahrnehmbarer Vorhang das Haus begrenzen, erlauben einen uneingeschränkten Blick in die umliegende Natur mit herrlichem Baumbestand. Im Inneren schafft der bewusste Einsatz einer natürlichen Materialität Bezüge zu den landschaftlichen Elementen des angrenzenden Schwaketen- und Mainauwaldes, wie etwa die verbindende Holzdecke mit filigranen, naturbelassenen Fichtenkanthölzern.

Die Sprunganlage ist als eigener Bereich in die große Badehalle integriert. (Foto: David Matthiessen)
Haben Sie den Auftrag über einen Wettbewerbsbeitrag oder direkt erteilt bekommen?

Im Jahr 2015 hatte in Konstanz ein Großbrand das beliebte Schwaketenbad nahezu komplett zerstört. Doch dank des großen Engagements seitens der Betreiberin und der Stadtverantwortlichen stand bereits wenige Tage später fest, dass das Schwaketenbad neu gebaut werden sollte. So lobte die Stadt einen Wettbewerb aus, an dem sich zwölf Büros beteiligten und aus dem nachgeschalteten Verhandlungsverfahren ging das Büro Behnisch Architekten als Sieger hervorging. »Der Entwurf überzeugte durch seine organische und logische Anordnung der Bereiche für Sport und Spiel sowie der einzelnen Becken« urteilte der Geschäftsführer der Bädergesellschaft Konstanz, Robert Grammelspacher.

Abwechslungsreiches Angebot für die Kleinsten: Plantschbecken und Wasserspielplatz (Foto: David Matthiessen)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt? Wie haben Sie diesen im Projekt Rechnung getragen?

Bereits in der Aufgabenstellung zum Wettbewerb waren umfassende Fragen zur Nachhaltigkeit formuliert. Ziel war es, das Gebäude und seinen Energieverbrauch durch passive Maßnahmen so effektiv und so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Der Heizenergiebedarf konnte mit solaren Gewinnen durch die großzügige Verglasung der Badehalle signifikant gesenkt werden. Im Sommer schützen Dachüberstände die Räume vor Überhitzung. Die transparenten Fassaden sind als Dreifach-Verglasung ausgeführt, um mit energetisch optimierten Rahmenkonstruktionen einem Kaltluftabfall und einer möglichen Kondensation im Winter entgegenzuwirken. Die Dachflächen wurden nahezu vollständig mit Photovoltaik-Modulen belegt. 50 Prozent der Wärme wird über Blockheizkraftwerkmodule gewonnen, knapp 30 Prozent aus der Abwärme des Bads und des Duschabwassers. In Summe können durch diese intelligente Nutzung in Form von Wärmerückgewinnung aus Duschwasser, Spülwasser und Blockheizkraftwerk etwa 171 Tonnen CO2 Emissionen pro Jahr eingespart werden.

Komfortabel: Für Vereins- und Schulnutzung steht ein zweites 25-m Schwimmerbecken zur Verfügung (Foto: David Matthiessen)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Der Bauherr und auch der Nutzer waren von Beginn an intensiv in die Planungsthemen eingebunden. Durch ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen konnten Entscheidungen stets in einem offenen Dialog besprochen und der Wettbewerbsentwurf richtungsweisend weiterentwickelt werden. Demnach kann man hier weniger von einer „Beeinflussung“ durch den Auftraggeber sprechen, als vielmehr von einem konstruktiven, inhaltlich förderlichen Miteinander, das die Zusammenarbeit geprägt hat.

Entspannung garantiert: Warmwasserbecken mit Sprudelanlage (Foto: David Matthiessen)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert? (Wurden zusätzliche Funktionen gewünscht oder Teile des Projektes gestrichen?

Ursprünglich war ein zweiter Bauabschnitt für das zusätzliche 25m-Becken angedacht. Doch kurz nach Planungsbeginn war klar, dass alle vorgesehenen Wasserflächen bereits in einer ersten Bauphase umgesetzt werden. Lediglich die dritte Wasserrutsche kann nachgerüstet werden und der Rutschenturm hat schon jetzt alle Voraussetzungen, um diese Ergänzung problemlos während des laufenden Betriebs auszuführen.

Inwiefern haben Sie im Projekt die Verwendung von Naturbaustoffen und zirkulären Baustoffen angestrebt?

Die Verwendung von Naturbaustoffen war uns von Beginn an ein besonderes Anliegen, um dem neuen Bad so den gewünschten naturverbundenen Charakter zu verleihen. Eine abgehängte Decke aus Holzwolleplatten mit montierten Fichtenkanthölzern unterspannt die gesamten Dachflächenfelder. Die naturbelassenen Kanthölzer überhöhen dabei das skulpturale Raumempfinden und gewährleisten eine ausgezeichnete Raumakustik. Desweiteren unterstützen Holzverschalungen an den Fassaden die Einbindung des Bads in seine landschaftlich geprägte Umgebung. 

Stimmungsvolle Gestaltung: Mosaikfliesen im Kinderbecken (Foto: David Matthiessen)
Welche digitalen Instrumente haben Sie bei der Planung eingesetzt?

Die komplexe Dachgeometrie und die daraus resultierenden Anschlusspunkte der Fassadenelemente wurden anhand eines 3D-Modells entwickelt. Die Plangrundlagen haben wir in Form von 2D-Plänen an die ausführenden Firmen übergeben, die daraus ihre für die Ausführung relevante Werk- und Montageplanung erarbeiteten.

„Wärmende“ Farbgestaltung im Föhn- und Stiefelgang (Foto: David Matthiessen)
Welche Überlegungen stecken hinter den Entscheidungen für die eingesetzten Materialien?

Die Materialwahl soll den Badegästen eine angenehme räumliche Umgebung anbieten. Die helle Holzdecke sorgt für eine freundlich-warme Atmosphäre. Die kräftigen Rottöne der Umkleidekabinen bereiten die Badegäste mit ihrer „wärmenden“ Ausstrahlung auf das anstehende Erlebnis im „kühlen Nass“ vor. In den Duschzonen ist die Farbigkeit der Fliesen und Decken in einem heiteren Gelbton der Sonne nachempfunden. Blauschimmernde, mit Mosaikfliesen belegte Durchgänge führen die Badegäste schließlich in die große, lichtdurchflutete Badehalle. Die sehr feinen, kleinformatigen Fliesen der Badelandschaft in naturnahem Beige-Ton wirken als helles Pendant zur warmen Holzdecke. Die unterschiedlichen Becken und Themenbereiche erfahren eine natürliche Gliederung durch wie eingestreut wirkende, beheizte Sitzbänke. Mit roten Mosaikfliesen belegt, symbolisieren sie bereits durch ihre Farbigkeit und Materialität das Angebot einer wärmenden Aufenthaltsfläche. Holzverschalungen an den Wänden im Innenraum, die sich in Teilbereichen mit den opaken Fassadenelementen verbinden, verweisen auf die landschaftliche, von Bäumen geprägte Umgebung.

Den nach Süden orientierten Bistrobereich ergänzt eine Terrasse im Außenraum (Foto: David Matthiessen)
Beschäftigten Sie sich im Büro mit den Tendenzen des zirkulären Bauens und der sozialen Nachhaltigkeit?

Das Thema des zirkulären Bauens charakterisiert zunehmend den Planungsprozess bei uns im Büro und ist bei jeder neuen Konzeptüberlegung ein zentraler Punkt der inhaltlichen Betrachtung. Aus unserer Sicht ist nur durch ein aktives Einbeziehen dieser Planungsparameter sicherzustellen, dass Faktoren der Nachhaltigkeit angemessen, zukunftsweisend und auch visionär beantwortet werden können. Es geht uns demnach nicht nur um den Baustoff selbst, vielmehr müssen Konstruktionsprinzipien bereits in einer frühen Konzeptionsphase weitergehend betrachtet und bewertet werden, um so Lösungen anbieten zu können, die eine Nachnutzung und eine Wiederverwertung gewährleisten. Zusätzlich dürfen wir jedoch den Anspruch an die atmosphärischen Qualitäten unserer gebauten Umwelt nicht aus den Augen verlieren. Diese sind oft nicht messbar, leisten jedoch im Zusammenspiel mit den Berechnungsmodellen für einen kleinen CO2-Fussabdruck, einen nicht zu unterschätzenden Beitrag beim nachhaltigen Bauen.

Lageplan (Zeichnung: Behnisch Architekten)
Grundriss (Zeichnung: Behnisch Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Behnisch Architekten)
Konzept (Skizze: Behnisch Architekten)
Schwaketenbad Konstanz
2022
Schwaketenstraße 35
78467 Konstanz
 
Nutzung
Sport- und Familienbad
 
Auftragsart
Wettbewerb mit nachgeschaltetem Verhandlungsverfahren
 
Bauherrschaft
Bädergesellschaft Konstanz mbH, Konstanz
 
Architektur
Behnisch Architekten, Stuttgart
Partner: Stefan Rappold, Projektleitung: Alexander Seib, Mitarbeit: Elena Haibel, Andreas Greiner, Achim Buhse, Karolina Curic, Nevyana Tomeva, Andrew Friedenberg, Hie Gown Ohh, Andreas Peyker (Landschaft)
 
Fachplaner
Tragwerk: Fischer + Leisering Ingenieurgesellschaft mbH, Konstanz
HLS: L&P Beratende Ingenieure, Haar b. München
Elektro: Schnell Ingenieure GmbH & Co. KG, Tuttlingen
Brandschutz: Brandschutz Consulting Sonntag, München
Bauphysik: Kurz und Fischer GmbH, Winnenden
Fassade: IFP Gerhard Weber & Partner GmbH, Argenbühl
Energie- und Umwelt: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart
Gebäudeleitsystem, Grafik: Ockert und Partner, Stuttgart
Küchenplanung: Weißenberger Planungs-GmbH, Rottenburg a.N.
Baugrundgutachter: Kempfert und Partner GmbH, Konstanz
Vermesser: Intermetric GmbH, Konstanz
Objektüberwachung Fassade: Bauraum GmbH, Konstanz
Objektüberwachung: Behnisch Architekten mit FSA Architektengesellschaft mbH
Landschaftsplanung: Behnisch Architekten mit Ulrich Stief Landschaftsarchitekt
 
Ausführende Firmen
Hubboden: KBE­Bauelemente GmbH & Co. KG
Bodenbelagsarbeiten: Raum und Design GmbH
Dachabdichtung: Gebrüder Rückert GmbH & Co. KG
Akustik Holzdecken: Scheideck Putz­Stuck­Innenausbau GmbH
Ballfangnetz elektrisch: Kehr Sport GmbH
Elektroinstallationsarbeiten: Leiber & Roth Elektrotechnik GmbH
Blitzschutz: Lösch GmbH & Co. KG Blitzschutzbau
Fassadenarbeiten Oberlichter, Lochfenster: Gebr. Konzept GmbH & Co. KG
Fassadenarbeiten Stahl und Alu, Glastrennwände II Innen Aluminium: Trube & Kings Fassadentechnik GmbH
Fassadenarbeiten Holzverkleidung: T. & S. Wolf Bedachung GmbH
Winterbau Fassaden: Scheideck Putz­Stuck­Innenausbau GmbH
Estrich, Fliesenarbeiten: Fliesen Graf GmbH
Gerüstbauarbeiten: Quadrex Gerüstbau GmbH
Heizungsanlagen: Braik GmbH
Zimmermannsarbeiten: Fleischmann Holzbau GmbH & Co. KG
Küchen- ­und Kältetechnik Los 1+2: Edgar Fuchs GmbH ­ Niederlassung Reutlingen
Raumlufttechnische Anlagen / Lüftung: ESW Luft­ und Klimatechnik GmbH
Malerarbeiten: Heinrich Schmid GmbH & Co.KG
Umkleiden: Kemmlit-­Bauelemente GmbH
WDVS und Strukturputz Innen: BB Stuck GmbH
Erd-­ und Rohbauarbeiten: Josef Hebel GmbH & Co. KG
Rohbauarbeiten Restarbeiten: C.S. Schupp Bau­GmbH
Sanitäranlagen: Franz Lohr GmbH
Schlosserarbeiten 2 (Außen): 
Schlosserarbeiten innen: Straub Schlosserei u. Kunstschmiede
Schreinerarbeiten ­ Los 2: Schreinerei Sandmann
Schreinerarbeiten, Systemtrennwände: Kiefer & Sohn GmbH
Stahlbauarbeiten: Stahlbau Nägele GmbH
Trockenbau: Planotec Innenausbau GmbH
Innentüren: Jens Dunkel Glas­ und Bauelemente GmbH
Landschaftsbauarbeiten: Schöppler GmbH
Einbausportgeräte: Roigk GmbH & Co.
Wasserrutschen: Klarer Freizeitanlagen AG
Dampfbad, Infrarotraum: Klafs GmbH & Co. KG
Zutrittskontrolle: n­tree solutions Ticketsysteme GmbH
Badetechnische Anlagen: Landwehr Wassertechnik GmbH
Gebäudeautomation: Kieback & Peter GmbH & Co. KG
Signaletik: Zahn Malerfachbetrieb
 
Hersteller
Flächenstrahler: Altena
Einbauleuchten: Bega
Leuchten, diverse: XAL
Schalter: Jung
Abhangdecke Badehalle, Foyer: Troldtekt
Decken Unterkonstruktion Badehalle: König
WDVS Putz: Sto
Fassade Pfosten-­Riegel-System: Raico
Fassade Oberlichtbänder: Schüco
Fliesen: Agrob Buchtal
Fliesen: Vitra
Dampfbad, Infrarotraum: Klafs
Sitzhocker Foyer, Stiefelgang: Arper
Stühle Gastronomie: Hay
Tische Gastronomie: Pedrali
Sonnenschirm: May Schirmsysteme
Verkleidung Theke Gastro, Foyer: Corian
Tür­ Fenstergriffe: FSB
Schiebetüren, Drehtürantrieb, Türschließer, Fluchttürterminals: Geze
Türen: Küfner
Türen: Neuform
Türen: Hörmann
Pflaster: Godelmann
Einbausportgeräte Los 3 Startblöcke:  ICS German Timing GmbH
Beckeneinrichtung Los 2 (Sprungbretter): Flister Group GmbH & Co. KG
Abdichtungskonzept Weiße Wanne: Vistona
Ballfangnetz raffbar: Kehr Sport
Holzlamellen Decke Beschichtung: Adler Lacke
Holzlamellen Fassade Beschichtung: Häussermann
Schwimmbadeinrichtung: Roigk
 
Bruttogeschossfläche
10.172 m²
 
Gebäudevolumen
63.118 m³
 
Gesamtkosten
k.A.
 
Fotos
David Matthiessen

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