Kita Christkönig in Saarlouis
Betonmonster gerettet
Bevor Flosundk Architekten die Kirche Christkönig in Saarlouis zu einer Kindertagesstätte umbauen konnten, wurde der Abriss des gesamten Baus diskutiert. Mario Krämer berichtet über das davor bewahrte Gebäude und die ungewöhnliche Umnutzung.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das besondere war sicherlich der Umgang mit der ganz besonderen Kirche von Günther Kleinjohann. Wir hatten es hier mit einem Meilenstein der Betonmoderne der 1960er-Jahre zu tun. Ein Gebäude, dass die Messlatte bezüglich architektonischer Qualität bis ins Detail sehr hoch gelegt hat. Dieses Meisterwerk zu verändern, inklusive teilweisem Abriss und Schneiden von Löchern in die Betonhaut, war nicht immer einfach. Zum Glück konnten wir uns für die schwierigsten Fragen den Rat und Segen vom Urheber, Günther Kleinjohann, einholen. Das hat dann auch bei der Abstimmung mit dem Denkmalschutz geholfen. Bei welchem denkmalgeschütztem Projekt kann man schon auf die Meinung des Urhebers bei Veränderungen verweisen?
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
In erster Linie der schon erwähnte großartige Kirchenbau von Günther Kleinjohann.
Weiterhin auch die schöne Aufgabe, kleinen Kindern einen Wohlfühlort zu schaffen. In dieser frühen Phase der Kindheit sind Räume, die Geborgenheit geben, sehr wichtig. Dieses muss, neben dem eigenen Zuhause, auch eine Kindertagestätte leisten können. Dort werden die Erzieher(innnen) zu Bezugspersonen und das Gebäude der Kita wird zu einem Ort, der Geborgenheit und Wertschätzung vermitteln sollte.
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Bei Saarlouis-Roden handelt es sich um einen eher problematischen Stadtteil in der ansonsten sehr malerischen Vauban-Stadt Saarlouis. Wir wollten den Kindern einen ruhigen warmen Ort bieten, der über eine zurückhaltende Materialität und sehr großzügige Räume verfügt. (Zusätzlich zum streng geregelten Raumprogramm, konnten wir im Rahmen des Projektes ein 250 m2 große Spieldeck im Kirchenraum umsetzen.)
Das Umfeld des Kirchenbaus kann man nach wie vor als sehr heterogen bezeichnen. In direkter Nachbarschaft ist der Hauptbahnhof der Stadt Saarlouis, ein Supermarkt und eine Berufsschule. Günther Kleinjohann hat seinen Entwurf in den 1960er-Jahren selbst mit einem Parkhaus verglichen um auf den damals schon schwierigen Ort zu reagieren. Wir haben nach aussen hin auf den ersten Blick keine sichtbaren Veränderungen umgesetzt und den städtebaulichen Ansatz von Kleinjohann nicht in Frage gestellt.
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Wir hatten vom Anfang der Planung bis über den Einzug hinaus vierzehntägige Sitzungen mit allen Beteiligten. Vor allem die Nutzer haben sich stark eingebracht und sehr positive Beiträge geleistet.
Beeindruckend war deren professionelle und offene Herangehensweise an das Projekt.
Angefangen bei Vorschlägen zu Raumzusammenhängen bis hin zur Mitwirkung bei Materialentscheidungen. Im Ergebnis haben wir zufriedene Nutzer und zufriedene Architekten.
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?
In unserem Wettbewerbsbeitrag hatten wir den Kirchenbau noch leerer vorgesehen. Wir wollten ursprünglich nur den Essbereich mit einem kleineren Spieldeck in den Kirchenbau stellen und eine Spielfläche auf der eigentlichen Ebene des Kirchenraumes realisieren. Durch den Wunsch der Bauherren, mehr Nutzung in den Kirchenbau zu bringen, haben wir unsere Planung in der Entwurfsphase stark überarbeitet. Das hat dazu geführt, dass wir die Spielfläche auf das Dach des Krippengebäudes gehoben haben. Aussen wurde der Erweiterungsbau dadurch kleiner als im Wettbewerb geplant. In seiner Materialität und seinem Umgang mit dem Bestand ist unser Entwurf aber wie im Wettbewerb vorgesehen umgesetzt worden.
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Energetisch sind wir auf den aktuellen Mindeststandard nachEnEV, der ja schon eine sehr energiesparende Bauweise darstellt.
Wir versuchen in unserer Arbeit uns nich uns an Trends in der Architektur zu orientieren. Jedes Projekt wird neu gedacht. Bei diesem Gebäude war die Materialauswahl im Konzept stark durch den Umgang mit dem Bestand geprägt. Brettgeschalter Beton wir mit Holz ergänzt und erst auf den zweiten Blick sichtbar.
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Schon im Wettbewerb war die Haptik des brettgeschalten Sichtbetons mit in seiner Konsequenz eine große Inspiration. Günther Kleinjohann hat ein Meisterwerk hingestellt, dass bis zum Kerzenhalter aus Beton gegossen wurde. Wir wollten dieser so greifbaren harten Materialität ein ähnlich greifbares, weiches Material entgegensetzen. Das haben wir durch die Verwendung von unbehandeltem Fichtenholz geschafft. So wie Kleinjohann ein Bauwerk aus Beton gegossen hat, wollten wir eine Haus-im-Haus-Lösung umsetzen, die wie aus einem Stück geschnitzt wirkt. Deshalb die Beschränkung auf das eine dominierende Material innerhalb des Kirchenraumes.
Kita Christkönig
2018
Dr. Manfred-Henrich-Platz 8
66740 Saarlouis
Auftragsart
Wettbewerb
Bauherrschaft
Pfarreiengemeinde Saarlouis rechts der Saar
Architektur
Kindertagesstätte: FLOSUNDK architektur+urbanistik GmbH, Saarbrücken
Kirche Christkönig, 1968: Günter Kleinjohann
Fachplaner
Haustechnik HLS: Ing.-Büro-TGA Hanno Klein, Weiskirchen
Haustechnik ELT: IB Ruppel, Waldgassen
Statik: Bach Ingenieure, Saarbrücken
Brandschutz: AKO Brandschutz Management & Consulting UG, Saarbrücken
Bauphysik: Ingenieurbüro für Bauphysik, Kaiserslautern
Hersteller
Fassade: Osmo Rautenleisten, Lärche feingesägt, quarzgrau
Brettsperrholzwände: Mayr Melnhof Holz, MM croslam
Bodenbeläge: Forbo Linoleum
Fliesen: Villeroy&Boch, ProArchitectura
Deckenbekleidung: Knauf, Cleaneo Akustik-Plattendecken
Wandfarbe: Südwest Bio InnenSilikat
Holzoberflächen: Biofa, Flüssigwachs
Sanitärobjekte: Villeroy&Boch, Architectura und O.Novo
Möblierung: eibe Produktion + Vertrieb GmbH
Spielgeräte: Westfalia Spielgeräte GmbH
Flachdachabdichtung: Wolfin GWSK
Energiestandard
EnEV
Bruttogeschossfläche
2.360 m²
Gebäudevolumen
6.990 m³ (ohne Berücksichtigung Kirchenbau, nur eingestellte Box + Neubau)
Kubikmeterpreis
ca. 340,- € / m³ (300 + 400)
Gebäudekosten
ca. 2.375.000 € brutto (300 + 400)
Gesamtkosten
ca. 3.815.623 € brutto
Fotos
Sven Paustian, Pirmasens