Treten Sie näher

Die Versicherungsgesellschaft WGV ist ein traditionsreiches, 1921 gegründetes Unternehmen und mitten in Stuttgart ansässig. Vom 1976 am Österreichischen Platz bezogenen Firmensitz zog die WGV in die nahe gelegene Tübinger Straße, wo sie jetzt in einem Ensemble aus vielen Bauzeiten logiert. Die if-group wurde mit der Gestaltung des neuen Servicezentrums und des Bistros im Erdgeschoss mehrerer Altbauten beauftragt. An der Ecke Tübinger-/ Feinstraße liegt der Hauptzugang zum Gebäudekomplex mit dem Servicezentrum, in dem Kunden beraten werden – zugleich ist dieser etwa 1000 qm große Bereich eine Art "Schaufenster" der WGV. In der vorhandenen Bausubstanz (Horst Heer, 1955) ist den Architekten die Gratwanderung zwischen Außenwirkung des Unternehmens und diskreter Zonierung für die Kundenberatung bestens gelungen.

Die Erdgeschossfassade schwingt sich mit rundem Glas um die Ecke und gewährt Einblicke in die Bereiche mit "Besprechungsinseln" und einer Lichtwand. Hinter dem Eingang gehen Empfangs-, Bearbeitungs- und Wartezonen fließend ineinander über und bieten zugleich eine ausgezeichnete, selbstverständliche Orientierung. Decke und Boden, Materialien und Lichtführung sind so aufeinander abgestimmt, dass der Rat suchende Versicherte sich eigentlich ganz behaglich fühlen kann.

In einem weiter südlich gelegenen, rein internen Bereich entstand für die Mitarbeiter als Zusatzangebot zum Betriebsrestaurant eine Art Bistro. Die Altbausubstanz stammt hier aus den Jahren 1985 und 1992 und wurde im Erdgeschoss für zwei Bereiche leer geräumt: eine Selbstbedienungszone gleich hinterm Eingang und ein Bistro, in dem Mitarbeiter von morgens bis abends bedient werden. Es wurde in mehrere Sitzmöglichkeiten mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten gegliedert – gleich links reihen sich entlang der Außenwand acht Kabinette in hölzerner Umgebung (geweißte Eiche) wie in einem Speisewagen. In der Raummitte stehen auf Nadelfilzfußboden runde Tische mit schneeweißen Stühlen der Seventies unter bestens, indirekt beleuchteten "Lichtkuppeln".

Hinter einem Raumteiler aus geschwungenen Holzlamellen bieten sich an gepolsterten Bänken (mikroperforiertes Leder) weitere, etwas diskretere Sitzmöglichkeiten. Eiligere Gäste können auch an Bartischen stehen. Die Mitarbeiter verbringen in diesem neuen Aufenthaltsbereich nicht etwa nur freie Minuten, sondern ziehen ihn sogar für dienstliche Besprechungen manchem Büro- und Besprechungsraum vor. Kein Wunder: Die Atmosphäre dieses Ortes ist außerordentlich behaglich und angenehm, ohne in biedere Gemütlichkeit abzugleiten. Das gelingt Architekten leider sehr selten.
Ursula Baus