White Cube im Palast der Republik

Totgesagte leben länger

26. Juni 2006

Der „White Cube“ im Palast der Republik, Berlin
2005
Schlossplatz 1
10178 Berlin

Auftraggeber
Fraktale zeitgenössische Kunst e.V.
Berlin

Ausstellung
Constanze Kleiner
Coco Kühn

Künstlerische Leitung
Ingolf Kleiner
Jonas Burgert
Margrit Kühl
Berlin

Architektur
Kader+Architekten
Berlin

Fläche
ca. 1.000 m²

Trockenbau
Rigips

Beleuchtung
Zumtobel Staff

Fotografie
White Cube
Ursula Baus

Zweifel an den Abrissabsichten: Weltweit gibt es kein so unkonventionell nutzbares, prominent gelegenes Bauwerk wie den ehemaligen Palast der Republik.

Selten hat sich diese Spruchweisheit eindrücklicher bewahrheitet als beim ehemaligen Palast der Republik. Seit Jahren wird jede Ankündigung, endgültig mit dessen Demontage zu beginnen, regelmäßig durch Initiativen konterkariert, die das imposante Stahlgerüst neu zu nutzen wissen. Der Riesenerfolg des „Volkspalastes“, der zwei Sommer lang durch eine junge kreative Szene in Besitz genommen wurde, brachte die Befürworter einer Schlossrekonstruktion sichtlich in Bedrängnis. Mussten sie doch verfolgen, wie die öffentliche Begeisterung für die „Zwischennutzer“ wuchs und wuchs und befürchten, dass der Bundestagsbeschluss von 2003 zum Abriss des DDR-Baus an Autorität und Bindungskraft verliert. Kunst- und Architekturexperten von Weltrang hatten auf einer Konferenz im Sommer 2004 befunden, es handele sich „um einen Raum für Möglichkeiten und Aktivitäten, die wir heute noch gar nicht definieren können. Dieses Potenzial gilt es zu bewahren: das Gebäude als zu erforschende Landschaft und öffentliche Domäne…“

Der White Cube – 35 Meter lang, 27 Meter breit, 10 Meter hoch – bot jungen Berliner Künstlern ein grandioses Ambiente.

Das prominente, leere Haus ohne haustechnischen Anschluss, gegen den Widerstand von Behörden und Feuerwehr für ein breites Publikum zu öffnen, war jedes Mal schwierig. Und trotzdem gab es Ausstellungen, Kongresse, Empfänge, Theater, Konzerte, Sportwettkämpfe, Bootsfahrten im gefluteten Erdgeschoss und einen Kletterberg. Alle diese Abenteuer hatten sich mit dem vorhandenen Rohbaugerüst arrangiert. Dann aber setzte die Ausstellung FRAKTALE im Spätsommer 2005 erstmalig einen "Neubau" hinein: Das Palastfoyer wurde in voller Doppelgeschosshöhe mit einfachen Gipsständerwänden als „Raum im Raum“ abgeteilt und mit 160 Neonröhren grellweiß ausgeleuchtet: Einen „White Cube“ von solch überwältigenden Ausmaßen hatte die von MoMA bis Tate Modern verwöhnte Kunstgemeinde lange nicht gesehen.
Mit grenzenlosem Idealismus rafften sich kurz vor Weihnachten wiederum einige junge Kunstfreunde zu einer „allerletzten“ Nutzungsidee auf. Thema war diesmal der weiße Riesenraum an sich, spontan bestückt von den renommiertesten Künstlern Berlins, um damit einen Ort zu reklamieren, den übliche Kunsttempel niemals würden ersetzen können: Eben jenen „Raum für Möglichkeiten und Aktivitäten“, den eine lebendige Kulturszene nun einmal braucht, um Zukunft zu gewinnen. Wieder endete das vom Publikum überrannte Unternehmen in einer „allerletzten“ Abschiedsparty, Sylvester kurz vor Mitternacht. Und wieder liefen da längst die Verhandlungen über einen Aufschub – erst mal für den Rückbau des „White Cubes“. Diese atemberaubende Kreation aus Gips und Licht und Wagemut gehört offiziell niemandem. Sie ist einfach da und wartet auf den nächsten Enthusiasten, der darin seine Idee entfaltet. Anderenfalls wird sie auf Verwaltungsgeheiß zerstört und dieser Akt einem der mutigen Träumer in Rechnung gestellt.
Wolfgang Kil

Schnitt durch den Palast, für dessen Weiternutzung Interessenten Schlange stehen ...

Der „White Cube“ im Palast der Republik, Berlin
2005
Schlossplatz 1
10178 Berlin

Auftraggeber
Fraktale zeitgenössische Kunst e.V.
Berlin

Ausstellung
Constanze Kleiner
Coco Kühn

Künstlerische Leitung
Ingolf Kleiner
Jonas Burgert
Margrit Kühl
Berlin

Architektur
Kader+Architekten
Berlin

Fläche
ca. 1.000 m²

Trockenbau
Rigips

Beleuchtung
Zumtobel Staff

Fotografie
White Cube
Ursula Baus

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