Kreishauserweiterung, Aachen
Plausibel eigenwillig
26. Juni 2006
Der Blick von Südosten, die Zollernstraße entlang. Als eigenständiger Entwurf ergänzt die Erweiterung den Baublock mit dem Kreishaus (im Hintergrund) und der Gründerzeitbebauung zum Ensemble.
Unweit von Aachens Bahnhof steht das Kreishaus, ein Verwaltungsbau aus dem 50er Jahren. Es dominiert einen Block, der bis zum Bau der Erweiterung der Vollendung zum Ensemble harrte. Die Baulücke zwischen Kreishaus und Gründerzeithäusern wurde als Parkplatz genutzt; längst war es geboten, die Lücke zu schließen und das Areal stadträumlich aufzuwerten. Mit der Erweiterung des Kreishauses konnte diese Aufgabe endlich in Angriff genommen werden; 2002 wurde der Wettbewerb ausgelobt, 2005 das Gebäude eröffnet.
Mit dem Neubau ist die Aufwertung des Freiraums verbunden, der sich nun fein differenziert zwischen den Baukörpern entwickelt.
Dabei ist die eigenwillig wirkende Gebäudeform des fünfgeschossigen Neubaus weniger individualistisch, als es zunächst den Anschein haben mag. Ein Andocken an das denkmalgeschützte Kreishaus war schwer möglich, eine Orientierung zu den Gründerzeitbauten inhaltlich problematisch. Die Architekten entschieden sich daher dafür, den freien Raum mit einer leicht abgewinkelten Form zu nutzen und dabei die Eigenständigkeit der bestehenden Bauten nicht in Frage zu stellen. Die abgerundeten Konturen unterstützen diese Anliegen, und sie betonen die die Qualität des durchlässigen und zusammenhängenden Freiraums. Geschickt nutzen die Architekten dabei die sich durch die Hanglage ergebende Höhendifferenz, um den Freiraum durch Terrassen leicht zu differenzieren und im Süden die Einfahrt zur Tiefgarage unauffällig zu integrieren.
Mit zwei Fassadensystemen wird die verschiedenen Nutzungen nach außen abgebildet. Die Eingänge werden durch eine eingerückte Gebäudekontur markiert.
Die Gebäudeeingänge werden durch ein- beziehungsweise zweigeschossig eingezogene Gebäudelinien markiert. Die auffällige Fassade besteht aus zwei unterschiedlichen Systemen, die sich auf die dahinter liegende Nutzung bezieht. Vor den Büros ist sie als vorgesetzte Holz-Aluminium-Konstruktion mit Festverglasungselementen, Paneelöffnungsflügeln sowie großformatigen HPL-Platten in grau und warmem Gelb ausgeführt.
Hinter den flächig verglasten Fassadenabschnitten befinden sich im Erdgeschoss der Mediensaal und die Kantine, im ersten Obergeschoss die Sitzungssäle. Die äußere Schale ist eine hinterlüftete Einscheibenverglasung, die innere Schicht besteht aus geschosshohen Öffnungsflügeln. Im Zwischenraum sind bewegliche Vertikallamellen als Sicht- und Blendschutz eingebaut. Die massiven Innenwände dieser Sonderräume tragen die darüberliegenden Bürogeschosse. Im ersten Obergeschoss verbindet ein gläserner Gang den Neu- mit dem Altbau.
Das neue Haus gelingt damit auf dem schwierigen Areal der Spagat, die Qualität des Bestands nicht in Frage zu stellen, und trotzdem den frischen Wind des Neuen zu verbreiten.
Christian Holl
Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Kreishauserweiterung
2005
Zollernstraße 10
52070 Aachen
Auftraggeber
Kreis Aachen
Architektur
Böhning Kellerer Schüler Zalenga
Architekturbüro L33
Berlin
Entwurf und Planung
Guido Böhning
Eva Kellerer
Frank Schüler
Bettina Zalenga
Nils Schülke
Ausführung
Heuer und Faust
Aachen
Tragwerksplanung
Pabst & Partner
Weimar
Haustechnik
Prömper–Reuling GmbH
Baesweiler
Inco Ingenieurbüro
Aachen
Akustik
Trogisch Kettenis Ingenieure
Aachen
Küchenplanung
Johann Hanotte GmbH
Aachen
Baukosten
ca. 10,5 Mio. € brutto
Fotografie
Anja Schlammann (1, 2)
Guido Böhning (3)