Finanzamtzentrum Aachen
Ordnender Baustein
28. August 2006
Zur dichtbefahrenen Krefelder Straße ist das Finanzamtzentrum durch sein klares Volumen strukturprägende Kraft.
Bürobau an der Peripherie ist nicht unbedingt eine gestalterisch dankbare Aufgabe. Am Maßstab des Fußgängers orientierter Städtebau und urbanes Flair lässt sich nicht fortschreiben, schon gar nicht einfach neu implementieren. Denn die Umgebung ist heterogen, selten mit erkennbaren Raumgrenzen gefasst, über die Qualität der Architektur mag man sich selten gern äußern. Vielspurige Zubringerstraßen bilden Barrieren, die Nachbarschaft wird meist durch jene städtischen Großbauten geprägt, für die das Zentrum keinen Raum bietet. An diesem Umfeld muss sich neue Architektur messen lassen, denn die Umstände, die dieses Umfeld erzeugen, werden bleiben.
Beim Aachener Finanzamtzentrums sieht es nicht viel anders aus. Es liegt gegenüber den Sportanlagen des Tivoli und seinem Reitstadion an der Krefelder Straße; zur anderen Seite, nach Südosten, schließt sich ein Industriegebiet an, für dessen zukünftige Entwicklung der Neubau Akzente setzen sollte. Insofern lag die Entscheidung nahe, einen kompakten Baukörper in klarer Kubatur anzustreben, der sich in diesem Umfeld behaupten kann und in der Lage ist, strukturprägende Wirkung auszuüben. Die Architekten hatten mit einem entsprechenden Vorschlag 2003 den internationalen Wettbewerb für sich entscheiden können.
Fünf Finanzämter sind in in diesem Neubau vereinigt, die alten Standorte boten nicht mehr den notwendigen Platz, zudem war in einem der bisher genutzten Gebäude eine Belastung durch Schadstoffe aufgetreten. Das neue Finanzamtzentrum ist einer Grundfläche von 71 x 118 Metern eingeschrieben. Eine zentrale Längsachse und acht zu beiden Seiten rechtwinklig davon ausgehenden Querriegeln formen seine Struktur. Zu beiden Längsseiten des Gebäudes ergeben sich so je drei Höfe, von denen einer der zur Straße gerichteten als Eingangsfoyer dient, an den sich ein Atrium anschließt. Hier liegt der Haupteingang für Besucher; für Mitarbeiter liegt der Eingang im von der Krefelder Straße aus gesehenen rechten hinteren Hof. Über dem Besuchereingang liegen in den Obergeschossen große Besprechungs- und Schulungsräume, Sitzungssaal, Bibliothek und Kantine. Die anderen Höfe sind durch ihre Gestaltung voneinander unterschieden.
In den Innenhöfen wird durch farbige Glasschwerter die Strenge der Außenfassade gemildert.
Zur Krefelderstraße sind sie zudem über ihre gesamte Gebäudehöhe durch eine baukörperbündige Schallschutzverglasung geschlossen. Die Fassade besteht aus rot eingefärbten Betonfertigteilen, deren Gestaltung dem Anliegen der klaren Baukörperform folgt. Den zu den Höfen orientierten Fassaden werden durch farbige Glasschwerter die Strenge der Außenfassade genommen – einer Strenge, derer es bedarf, um an diesem Ort den Maßstab für eine städtebauliche Struktur zu setzen. Ein Maßstab, dem man in der Weiterentwicklung folgen sollte.
Christian Holl
Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Regelgrundriss Obergeschoss
Finanzamtzentrum Aachen
2006
Kopernikusstraße 2 - 10
52074 Aachen
Auftraggeber
Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW
Niederlassung Aachen
Architektur
pbs architekten
Aachen
Projektleiter
Oliver Fellhölter
Objektüberwacher
Andreas Zimmermann
Tragwerksplanung, Brandschutz
Kempen Ingenieurgesellschaft
Aachen
Technische Gebäudeausrüstung
VIKA Ingenieur GmbH
Aachen
Freiraumplanung
3+ Freiraumplaner
Aachen
Bruttogeschossfläche
29.480 m²
Baukosten
KG 200 – 700
ca. 36 Mio. € brutto
Fotografie
Ludwig Koerfer
Wolfgang Schwager