Ecodesign Preis 2015 vom Bund für Berliner Radweg-Projekt

Vorfahrt und ein Dach für Drahtesel

Oliver Pohlisch
27. November 2015
Radweg unter dem Hochbahnviadukt der U1, Grafik: Team Radbahn Berlin

Seit ein paar Tagen schon wird in den Medien über dieses Projekt diskutiert, auf Facebook hat es mittlerweile über 8700 Likes. Den neun Kilometer langen, zweispurigen Fahrrad-Highway hat eine achtköpfige Initiative aus ArchitektInnen und StädteplanerInnen ersonnen. Er würde die zentralen Stadtteile Charlottenburg, Schöneberg, Kreuzberg und Friedrichshain miteinander verbinden.

 

Masterplan der »Radbahn U1", Grafik: Team Radbahn Berlin

Beim Berliner Senat war »Radbahn U1« bisher auf Ablehnung gestoßen, doch nun ist die Initiative unter 288 Einsendungen mit dem diesjährigen, vom Bundesumweltministerium ausgelobten Ecodesign Preis in der Kategorie »Konzept« ausgezeichnet worden. »Dieses Projekt ist ein vorbildliches Beispiel dafür, wie in bestehenden, aber bislang ungenutzten Ressourcen im urbanen Raum neues Potenzial erkannt und in ein öko-freundliches Gesamtkonzept eingebunden wird«, heisst es in der Begründung der Jury.

80 Prozent der »Radbahn U 1« seien praktisch schon vorhanden, so das Team Radbahn Berlin. Die gepflasterten Wege unter dem Viadukt würden aber bisher kaum frequentiert. Um die geplante Radstrecke attraktiv zu machen, könnten Ruhezonen, Imbiss-Zwischenstopps oder Reparaturmöglichkeiten geschaffen werden. Ein »grüner Vorhang« aus Pflanzen, soll die »Radbahn U 1« an den Seiten abschirmen, um die Lautstärke des benachbarten Straßenverkehrs zu mindern und für frische Luft für die AnwohnerInnen zu sorgen. Zwar müssten Straßen gekreuzt werden, aber ein Verkehrsleitsystem soll dafür sorgen, dass RadfahrerInnen Priorität bekämen.

Welcher Bodenbelag sich am besten eignet, sollte auf der Strecke erst einmal getestet werden. Doch sollte er auf jeden Fall druckempfindlich sein, so stellt es sich die Initiative vor, um per Bewegung der RadlerInnen den Strom zu erzeugen, der für die Beleuchtung der Radbahn notwendig sei.

Beispiel einer Straßenüberquerung der »Radbahn U1«, Grafik: Team Radbahn Berlin

Das Radbahn-Projekt stößt insbesondere wegen der 20 Prozent des Streckenverlaufs, die nicht so einfach umzuwandeln sind, auf Skepsis. Zum Beispiel muss der Landwehrkanal unter dem Viadukt überquert werden. Fraglich ist, dass diese Problematik so einfach gelöst werden kann, wie es das Konzept vorschlägt: Der Radweg soll einfach am Viadukt aufgehängt werden. Zu groß seien die zu überwindenden Höhenunterschiede, gibt Bernd Zanke, Vorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), gegenüber dem Berliner Tagesspiegel zu bedenken. Er hält die Spuren der Radbahn insgesamt für zu schmal und vermisst zudem eine seriöse Kostenaufstellung von Seiten der Initiative.

Dem Team Radbahn Berlin geht es aber vor allem darum, eine Diskussion über die Verbesserung der Situation des Fahrradverkehrs in Berlin anzuregen. Sie sehen an der Spree einen großen Nachholbedarf im Vergleich zu Amsterdam oder Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt gilt derzeit wohl als velofreundlichste Stadt der Welt, der man auch andernorts versucht nachzueifern. So verfolgt Londons Bürgermeister Boris Johnson schon länger das Vorhaben, die britische Metropole mit Cycle Superhighways zu durchziehen. Funktionäre der in Berlin mitregierenden CDU haben kürzlich immerhin mal über einen Schnellradweg auf der alten Trasse der Stammbahn Potsdam-Berlin nachgedacht. Der wäre dann allerdings eher eine Schönwetterstrecke.

Schnellradweg auf der Stammbahn Potsdam-Berlin, Fotomontage: CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf

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