Offener Architektur-Dialog

Thomas Geuder
7. Januar 2015

Globale Märkte und die digitale Revolution haben in den letzten rund 25 Jahren zu weltweiten – nennen wir es einmal – Verschiebungen geführt. Es sind neue Machtzentren entstanden und neue Netzwerke, die ohne Zweifel viele Vorteile für den Einzelnen bringen. Und doch führt diese Entwicklung auch dazu, dass sich vieles immer ähnlicher wird und oft auch schon absolut gleich ist. Dieselben Autos, dieselben Klamotten, dieselben Telefone: War vor rund 40 Jahren ein Grenzübertritt noch ein Schritt in eine «andere Welt», trifft man die immer gleichen Dinge mittlerweile auf der ganzen Welt an. Wirtschaftlich bringt diese Gleichmachung durchaus Vorteile, kulturell jedoch bleibt dabei leider einiges auf der Strecke.

Dass dies auch an der Architektur nicht spurlos vorüber geht, lässt sich seit vielen Jahren beobachten. Die Riege der sogenannten Star-Architekten erbaut «ihre» Architektur auf der ganzen Welt, nahezu unbeeinflusst von lokalen Traditionen. Das geht mittlerweile so weit, dass die Häuser dieser Erbauer gehandelt werden wie Kunstwerke: Ein Hadid oder ein Gehry solle es schon sein in unserer Stadt! Der Bilbao-Effekt lässt grüßen.

So war es eines der zentralen Anliegen von Prof. Peter Schürmann, Landesvorsitzender des BDA Landesverband Baden-Württemberg von 2009 bis 2014, für den offenen Dialog, für frei zugängliche Architektenwettbewerbe und damit verbunden für die Vielfalt in der Architektur zu stehen. Eine große Verantwortung schreibt er hierbei der Gesellschaft zu, die darauf zu achten habe, dass die Diversität Bestand hat. Die Pflege der Lebensvoraussetzungen für die Vielfalt solle ihr ein Anliegen sein. Den Architekten ihrerseits erwachse hieraus ebenso Verantwortung wie Einfluss.

Das Buch «Lob der Diversität.1» ist die Sammlung Peter Schürmanns wichtigster Reden, Aufsätze und Briefe, in denen er engagiert für dieses Anliegen eintritt, Tendenzen in der Architekturdebatte aufzeigt und auf Missstände hinweist. Ergänzend dazu finden sich in dieser Publikation die teils nachdenklich stimmenden, teils amüsanten Beiträge von Gastrednern der BDA-Jahresempfänge 2009 bis 2014: dem Soziologen Armin Nassehi, dem Philosophen Christian Illies, dem Architekturtheoretiker Michael Mönninger und den Journalisten Dieter Bartetzko, Niklas Maak und Gerhard Matzig. Stichpunktartige Zusammenfassungen am Beginn jedes Textes geben einen schnellen Überblick und erleichtern die Wahl der Lektüre. So ist «Lob der Diversität.1» nicht zuletzt ein ideales Lesebuch zur – freilich architektonischen, aber auch gesellschaftlichen – Zerstreuung im Alltag, das zum Nach- und Mitdenken über das Bauwesen, aber auch über die Netzwerke und Entwicklungen in den lokalen und globalen Gesellschaften anregt. tg

Peter Schürmann
Lob der Diversität.1
Erschienen im Oktober 2014 im kraemerverlag, Stuttgart
160 Seiten, 19 x 21 cm, Broschur
Deutsch
14,80 € [D]

ISBN 978-3-7828-4055-2

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