Hochhaus hoch hinaus

Thomas Geuder
28. Mai 2014
The Shard, London, UK, Renzo Piano, Adamson Associates (Bild: Malcolm Chapman)

Ob in Musik, Literatur, Politik oder Kunst: Die Gesellschaft denkt oftmals in Rankings, in Top-irgendwas-Listen also, die auf einen Blick begreiflich machen sollen, was wirklich gut ist. Dem kann (und will?) sich die Disziplin Architektur natürlich nicht entziehen, und so sind wir in der Redaktion alljährlich gespannt die Bekanntgabe des «Skyscraper Award», herausgegeben von dem Anbieter für Gebäudeinformationen und Bauprojekte «Emporis», der die Architektur-Redaktionen auch mit anderen Rankings beglückt (wir berichteten über die «spektakulärsten Universitätsbauten» der Welt).

Nachdem der Emporis Skyscraper Award in den letzten beiden Jahren an die «Absolute World Towers» in Kanada und «New York by Gehry at Eight Spruce Street» in den USA ging, sucht man dieses Jahr erstaunlicherweise vergeblich nach einem nordamerikanischen Wolkenkratzer in den Top Ten. Dafür befinden sich insgesamt fünf europäische Gebäude unter den Gewinnern des Emporis Skyscraper Awards – so viele wie zuletzt vor sechs Jahren.

In diesem Jahr geht der Hauptpreis nach London: Aus über 300 Wolkenkratzern, die mindestens 100 Meter hoch sind und im vorigen Kalenderjahr fertig gestellt wurden, wurde Westeuropas höchstes Gebäude «The Shard» zum Sieger gekürt. Das von dem Architekten Renzo Piano entworfene 306 Meter hohe Gewinner-Gebäude hat die Jury dank seines «außergewöhnlichen, scherbenförmigen Designs sowie seiner raffinierten architektonischen Umsetzung» überzeugt. «Die Konstruktion von The Shard wurde durch die besonders enge Baustelle erschwert und bedurfte daher einer innovativen Bauplanung. Umso beeindruckender ist das Ergebnis: ein Wolkenkratzer mit sofortigem Wiedererkennungswert, der schon jetzt als neues Wahrzeichen Londons gehandelt wird», begründet die Jury ihre Entscheidung. The Shard holt den begehrten Architekturpreis nun bereits zum fünften Mal nach Europa.

DC Tower 1, Wien, Österreich, Dominique Perrault, Hoffmann-Janz (Bild: Michael Nagl)

Auf den zweiten Platz wurde der «DC Tower 1» von Dominique Perrault Architecture gewählt. Der 250 Meter hohe Wiener Wolkenkratzer fällt vor allem durch seine kontrastreiche Fassadengestaltung auf: Drei spiegelglatte Seiten werden von einer zerklüfteten Fassadenseite durchbrochen, die das Gebäude trotz seiner schmalen Statur massiv und ausdrucksstark erscheinen lässt. Außerdem hat das umfassende Nachhaltigkeitskonzept des Wolkenkratzers überzeugt, das u.a. Photovoltaik- Anlagen zur eigenen Energiegewinnung, regionale Pflanzen mit einem geringen Wasserbedarf in den Grünzonen und E-Tankstellen zur Einsparung von CO2-Emissionen beinhaltet.

Sheraton Huzhou Hot Spring Resort, Huzhou, China, MAD (Bild: Xiazhi)

Auch das drittplatzierte Projekt bricht mit den Standards herkömmlicher Wolkenkratzer-Architektur. Das vom Vorjahressieger, dem Architekturbüro MAD, konzipierte Sheraton Huzhou Hot Spring Resort ist ein 102 Meter hohes Hotel am Tai-See, dessen Form an einen gigantischen Ring erinnert.

Der Emporis Skyscraper Award wurde in diesem Jahr zum 14. Mal vergeben. Wir als Fachredaktion würden uns wünschen, beim nächsten Mal mehr über die Jury und deren Arbeit zu erfahren. In den Presseinformationen lesen wir darüber lediglich dies: «Die Jury bilden Architekturexperten aus aller Welt, die die nominierten Wolkenkratzer nach funktionalen, designbezogenen und technischen Kriterien bewerten.»

Andere Artikel in dieser Kategorie