Hans Poelzig unterm Hammer

Thomas Geuder
13. Mai 2014
Katalog

Ein bisschen im Schatten der Bauhaus-Größen steht er leider, und doch war er einer der wichtigsten Vertreter eines Baustils, der die nächsten Architektengenerationen prägen sollte: Hans Poelzig wirkte vor allem in den ersten gut 30 Jahren des neuen Jahrhunderts und schuf in dieser Zeit einige wichtige Beitrage zur expressionistischen Architektur und zur Neuen Sachlichkeit. Schon im Alter von 34  Jahren, im Jahr 1903, wurde er – nach einer Lehrtätigkeit für Stilkunde – Direktor der Königlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule in Breslau, die er zu einer der fortschrittlichsten Architektur- und Kunstschulen in Deutschland umstrukturierte. 1916 wurde er Stadtbaurat in Dresden, 1919 Vorsitzender des Deutschen Werkbundes, 1926 schließlich Vorstandsmitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA). Seit 1933 war er Direktor der Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin, was er aber nach dreieinhalb Monaten auf Veranlassung der Nationalsozialisten wieder aufgeben musst. Kurz bevor er 1936 in die Türkei emigrieren wollte, starb er.

Hans Poelzig (2.v.r) beim Besuch der Baustelle der I.G. Farben in Frankfurt. (Bild: Galerie Bassenge, Berlin)

Sein immerhin 125 Positionen umfassender zeichnerischer Nachlass wir nun am 30. Mai in der Berliner Galerie Bassenge versteigert. Skizzenblätter aus Poelzigs Zeit an der Königlich-Preußischen Kunst- und Kunstgewerbeschule in Breslau zeigen ihn als inspirierten Zeichner, der bereits früh Organisches und Architektur in Beziehung zueinander setzte. «Man beginnt zu sehen, warum man Hans Poelzig einen Expressionisten genannt hat», schrieb der Architekturhistoriker Julius Posener angesichts des Entwurfs eines Einfamilienhauses für die Kunstgewerbeausstellung 1904 in Breslau. Mit wenigen Strichen stilisierte Poelzig 1918 ein elegantes Stadthaus in Dresden, das vor- und zurückzuschwingen scheint.

Gebäudeskizze Großes Festhaus in Salzburg. (Bild: Galerie Bassenge, Berlin)

Den Berlinern war Poelzig vor allem durch den Umbau des Zirkus Schumann in ein Schauspielhaus vertraut; am Projekt war auch seine Frau Marlene Moeschke beteiligt. Aufgrund der von der Decke hängenden Zapfen, die einer besseren Akustik dienten, wurde das Theater im Volksmund «Tropfsteinhöhle» genannt. Eine Skizze der Fassade zählt zu den Besonderheiten der Auktion  – entstand sie doch auf einer Serviette.

Natur, Kultur, Architektur. Frühe Studien. (Bild: Galerie Bassenge, Berlin)
Hamlet, Bühnenentwurf Terrasse vor dem Schloss. (Bild: Galerie Bassenge, Berlin)

Auch Poelzigs Entwürfe für das Salzburger Festspielhaus – der Prototyp eines «Theaters der Massen» – zählen zum Konvolut des Nachlasses. Ebenso ein Skizzenheft mit der Rede, die er 1919 als neu gewählter Präsident des Deutschen Werkbundes in Stuttgart hielt. Weiterhin steht zur Versteigerung ein Entwurf für das Hochhaus Friedrichstraße (1921) – ein «expressionistischer Schrei nach dem himmelsschreienden Turmhaus» – und die Zeichnung eines Holzhauses für die Deutschen Werkstätten in Dresden-Hellerau. Und auch Studien zu seinen beiden wichtigsten realisierten Großobjekten fehlen nicht: Dem Haus des Rundfunks Berlin (1928-31) und dem siebengeschossigen Gebäude der IG Farben (1928/31) in Frankfurt am Main – dem immerhin größten Verwaltungsbau seiner Zeit.

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