BürgerInnen stimmen gegen eine Bewerbung für Olympia 2024

Hamburg spielt nicht mit

Oliver Pohlisch
29. November 2015
Postolympische Entwicklung des Kleinen Grasbrooks, Ostansicht, Grafik: KCAP/Arup/Vogt/Kunst+Herbert/gmp/Drees&Sommer/WES/ARGUS/bloomimages/on3studio/Luftbilder Matthias Friedel

Bei Umfragen im Frühjahr hatten sich noch 64 Prozent für Spiele an Elbe und Alster ausgesprochen. Doch die Begeisterung dafür ließ während der vergangenen Wochen spürbar nach. Dazu trugen die Skandale um Fifa und DFB ebenso bei wie Dopingfälle in zahlreichen Sportarten und die nach den Pariser Attentaten gestiegene Angst vor Terroranschlägen. Nicht zuletzt wird aber auch die Sorge der HamburgerInnen vor einem unkalkulierbaren finanziellen Olympia-Abenteuer eine große Rolle bei der Ablehnung gespielt haben. 11,2 Milliarden Euro hätte das Sportspektakel kosten sollen, die Kommune wollte sich lediglich mit 1,2 Milliarden daran beteiligen. Den größten Teil, rund 6,2 Milliarden, hätte der Bund beisteuern sollen. Doch der wollte bis zum Sonntag keine Garantie für diese Unterstützung geben.

Geplant war, mit den Olympischen Spielen als Katalysator, auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook ein 91 Hektar großes neues Stadtviertel zu errichten. Ein Unterfangen, das normalerweise 20 bis 30 Jahre in Anspruch nehmen würde, hätte dank des Megaevents, so glaubten es jedenfalls die Olympia-Befürworter, innerhalb von sieben Jahren bewerkstelligt werden können. Die Olympia City hätte als Scharnier zwischen Hamburgs Mitte und den östlichen und südlichen Quartieren wirken sollen. An der Ausarbeitung des entsprechenden Masterplans waren international renommierte Architektenbüros aus England, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland beteiligt.

Die Gegner dieses Projekts verwiesen allerdings auf die Erfahrungen in den Gastgeberstädten vorangegangener Olympischer Spiele. Dort wurden ähnliche Planungen mit dem Argument der Zeitknappheit trotz ursprünglich gegenteiliger Bekundungen oft gegen die Interessen lokaler AnrainerInnen durchgepeitscht.

Und Olympia diente nicht nur zur Aufwertung alter aufgelassener Industriegelände: Auch in den als vorbildliche und erfolgreiche Austragungsorte oft genannten Städten Barcelona und London kam es vor und nach den Spielen aufgrund von gestiegenen Immobilienpreisen und Mieterhöhungen zur verstärkten Verdrängung von ärmeren Bevölkerungen aus den Wohnquartieren in der weiteren Umgebung der Wettkampfstätten. Dass Hamburg im Falle eines Bewerbungserfolgs von solchen Entwicklungen verschont geblieben wäre, kan man getrost als naiven Gedanken bezeichnen.

Das Nein der HamburgerInnen ist jetzt die zweite demokratisch ermittelte Absage an Olympia in Deutschland. Ende 2013 hatten die MünchnerInnen sich mehrheitlich gegen die Ausrichtung der Winterspiele in ihrer Kommune ausgesprochen. Vielleicht sollte die lokale Politik endlich mal die nötige Fantasie für eine Stadtentwicklung aufbringen, die des temporären Spektakels gar nicht erst bedarf.  

Postolympischer Masterplan, Grafik: KCAP/Arup/Vogt/Kunst+Herbert/gmp/Drees&Sommer/WES/ARGUS

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