Post-It-Grafik stößt auf große Resonanz im Netz

Ein Plan, der für alle Städte gilt

Oliver Pohlisch
29. Januar 2016
«A Map of Every City», Foto: twitter, @chazhutton

In einem Artikel für das Onlineportal Medium erklärt Hutton, dass er auf dem Post-It urbane Verhältnisse kartiert habe, wie sie praktisch in jeder westeuropäischen oder nordamerikanischen Metropole zu finden seien. Wenn auch auf charmante Art, zeichnet er sie jedoch vornehmlich aus Sicht des weißen, jungen Mittelschicht-Hipsters. Das verrät zum Beispiel seine Charakterisierung der Gegend Nummer 15: «das Viertel mit diesem wirklich schönen Park aber ohne coole Bars und Kneipen oder gar lebendige Straßen». Oder Nummer 9: «Coole Gegend, die Deine Eltern in den Achtzigerjahren gemieden hätten».

Könnte es sich bei Nummer 9 etwa um den Londoner Bezirk Hackney handeln? Und der Fluss, der sich auf dem Post-It schlängelt, erscheint wie eine grobe Version der Themse. Die britische Hauptstadt, in der Hutton gegenwärtig lebt, oder das australische Melbourne, sein früherer Wohnort, wird von der Netzgemeinde am häufigsten als diejenige Stadt vermutet, die sich eigentlich hinter der minimalistischen Karte verbirgt.

Als Kind «Sim City» gespielt
Hutton schreibt, dass natürlich seine eigenen Erfahrungen in die Zeichnung eingeflossen seien, beharrt aber auf den generalisierenden Charakter seiner Post-It-Grafik. Bestärkt wird er durch die unzähligen KommentatorInnen, die jeweils ihre eigene Heimat auf der Karte erkannt haben wollen: Von Seoul über Paris bis Calgary ist alles mit dabei. Huttons Stadtplan-Tweet wurde inzwischen 4.500mal retweetet.

Hutton gibt auf Medium zu, dass er sich als Kind gerne die Zeit mit dem Computerspiel «Sim City» vertrieben hat. Das verrät auch seine Übersetzung der subjektiven Bezeichnungen für jedes Viertel auf der «Map of Every City» in eine arg schablonenhafte Erzählung der westlichen Stadtentwicklung. Die «Karte für jede Stadt» als Kritik an der kapitalistischen Raumproduktion zu deuten, schießt wohl übers Ziel hinaus. Aber auf jeden Fall trifft Hutton mit seiner Karte – wenn auch vielleicht unbeabsichtigt - einen Punkt: StadtbewohnerInnen, nicht nur die jungen, hippen, sind stets flugs dabei, jeder Gegend ihrer Stadt ein festes, plakatives Image zuzuweisen, das sie selbst vor Überraschungen immunisiert. Dabei ist in der urbanen Peripherie niemals nur die lokale Ikea-Filiale einen Besuch wert.

Die Popularität seines Tweets hat Hutton im übrigen auf die Idee gebracht, die «Map of Every City» als Print verkaufen zu wollen. Die Karte gibt's also wahrscheinlich irgendwann in den Läden jenes Viertels, das «Touristen lieben, aber Einheimische hassen».

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