Verzicht auf Rekonstruktion

Christoph Mäckler Architekten
8. Juni 2016
Markantes Eckgebäude am Opernplatz (Quelle: Christoph Mäckler Architekten)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Der Entwurf für das Büro- und Geschäftshaus Goethestraße 34 wird geprägt durch seine besondere Lage an einer der zentralen innerstädtischen Schnittstellen der Stadt Frankfurt am Main. In unmittelbarer Nähe zum Opernplatz vermittelt das Eckgebäude nicht nur zwischen den Platz- und Straßenräumen sondern ist gleichzeitig auch wichtiger Orientierungspunkt in der Innenstadt. Mit dem Gebäude beginnt die Goethestraße, die 1892 bis 1894 als Straßendurchbruch angelegt wurde und den Goetheplatz mit dem Opernplatz verbindet. Als Einkaufsstraße für das Luxussegment ergänzt sie das großstädtische Einzelhandelsangebot in Frankfurt. Mit ihrem neuen Eingangsbauwerk wird die Goethestraße aus ihrem städtebaulichen „Aschenputteldasein“ erlöst.

Ensemblewirkung (Foto: Philipp Kohler)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

In der Gründerzeit erfuhr der Typus Eckhaus eine besondere Beachtung, denn die Kanten der an den Straßenkreuzungen aufeinander treffenden Gebäude wurden grundsätzlich architektonisch betont. Richtig formuliert, stellte das Eckhaus Spannung im Übergang von einem in den anderen städtischen Raum her – eine Spannung, die sich durch Vortreten aus der Reihe, Verengung oder Überhöhung entfalten konnte. Diesen Typus in unsere Zeit zu übertragen, ohne die Materialität und Formensprache des Bestandsgebäudes aus den 1950er-Jahren zu vernachlässigen, war Quelle und Inspiration für den Entwurf zugleich.

Auftakt zur Goethestraße (Foto: Philipp Kohler)
Fassadenausschnitt (Foto: Philipp Kohler)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Während des Zweiten Weltkrieges und der Wiederaufbauphase wurden nicht nur viele Einzelbauwerke, sondern vor allem auch die Einmaligkeit historisch wertvoller Stadtzusammenhänge, Plätze und Straßen zerstört. Auch das turmartige Eingangsbauwerk der Goethestraße, das in seiner besonderen baulichen Ausformung den Eingang zur Goethestraße weithin sichtbar markierte, wurde in der Wiederaufbauphase abgerissen.
Der heutige Baukörper greift die Form des Ursprungsgebäudes aus dem 19. Jahrhundert auf. Am Schnittpunkt zwischen Goethestraße und Großer Bockenheimer Straße wird das Bestandsgebäude mit einem Anbau ergänzt, der den Straßenraum mit einer „runden Ecke“ schließt. Der Stadtraum wird auf Grundlage der ursprünglichen historischen Situation geformt, die Flucht der Straßenbezüge wird betont und der Opernplatz wieder gefasst. Materialität und Dachform orientieren sich dagegen am Nachkriegsbau der 1950er-Jahre, einem gestalterisch zurückhaltenden Büro- und Geschäftshaus mit leicht auskragendem Flachdach.


 

Repräsentative Büroräume (Foto: Philipp Kohler)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Ursprünglich wollte die Stadt Frankfurt am Main die 1950er-JahreFassade des Vorgängerbaus rekonstruieren lassen. Zu diesem Zweck wurden originalgetreue Detailpläne und Musterfassaden erstellt. Die Fassade war jedoch, ganz entgegen den Vorstellungen einer filigranen 1950-Jahre-Architektur, geprägt von martialen Querschnitten und einem monumentalem Ausdruck. Dies entsprach nicht der Qualität, die man sich am Opernplatz wünschte. Durch den Verzicht der Rekonstruktion eröffnete sich die Möglichkeit, die Ecke zu überbauen und eine moderne Interpretation eines Eckhauses umzusetzen.

Schaufenster (Foto: Philipp Kohler)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Der Eindruck des Ensembles wird über die einheitliche, helle Natursteinverkleidung der einzelnen Hausfassaden am Platz, in deren Mitte das Opernhaus steht, vermittelt. Bei der Wahl des Materials stand daher die Idee, das Gebäude in dieses erhaltenswerte Ensemble einzubinden, im Vordergrund. Heller, kannelierter Naturstein – der sogenannte Limara-Kalkstein aus Portugal – bestimmt den Eindruck des Gebäudes. Der hohe Grad an Detaillierung ist wesentlich für die heutige Wirkung des Bauwerks, das sich wie selbstverständlich in seinen städtebaulichen Kontext einfügt. Die durchgängige Rundverglasung an der Ecke, Highlight des Gebäudes, weckt Erinnerungen an die 1950er-Jahre.

Lageplan (Zeichnung: Christoph Mäckler Architekten)
Grundriss 5. Obergeschoss (Zeichnung: Christoph Mäckler Architekten)
Schnitt (Zeichnung: Christoph Mäckler Architekten)
Goethestraße 34
2016
Goethestraße 34
60313 Frankfurt am Main

Nutzung
Büro- und Geschäftshaus

Auftragsart
Direktauftrag

Bauherrschaft
Vicarius Immobilien GmbH

Architektur
Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main

Fachplaner
TGA: MEC Engineering & Consulting, Ober-Mörlen
Elektro: SHI Schad-Hölzel Beratende Ingenieure, Mörfelden-Walldorf
Bauphysik: ITA Ingenieurgesellschaft für Akkustik mbh, Wiesbaden
Statik: Grontmij Berlin
Lichtplaner: a•g Licht, Bonn
Brandschutz: BPK Frankfurt Brandschutz Planung Klingsch GmbH, Frankfurt am Main

Bauleitung
Adam Hörnig Baugesellschaft, Aschaffenburg
Grontmij Frankfurt, Frankfurt am Main

Ausführende Firmen
Naturstein Fassade: Hofmann Naturstein GmbH & Co. KG Frankfurt, Werbach-Gamburg
Naturstein Boden TRH: Ragoma-Naturstein KG, Goldbach
Fenster/Türen: Rupert App GmbH + Co. Fassaden aus Metall und Glass, Leutkirch im Allgäu
Metallbau: R&S Metallbau GmbH, Kelkheim
Stahlbau: RST-Stahlbau GmbH & Co., Niederlauer
Dachdeckung, Stahlblechverkleidungen: Ruhland GmbH – Bauspenglerei, Frankfurt am Main

Hersteller
Systemtrennwände: Sonderanfertigung, Fa. Jaeger Systemtrennwand Plus GmbH + Co KG
Aufbaudownlight Bürobereich: Expression 60 ON, Fa. 100 % Light
Wandleuchten Eingangsflur: Sonderanfertigung, Fa. LFF Licht Form Funktion Leuchten GmbH
Deckenleuchte Treppenhaus, Sonderanfertigung, Fa. Glashütte Limburg Leuchten GmbH & Co. KG
Lichtdecken: Folienlichtdecken Luxell, Sonderanfertigung, Fa. Rentex Wand- und Deckensysteme GmbH
Metallbauteile: Sonderanfertigung, Fa. R& S Metallbau GmbH

Energiestandard
EnEV 2009

Bruttogeschossfläche
4.616 m²

Gebäudevolumen
15.565 m³

Gesamtkosten
k.A.

Fotos
Philipp Kohler (2-5)
Christoph Mäckler Architekten (1)

Vorgestelltes Projekt

DGJ Paysages

Le Pardon de la Nature

Andere Artikel in dieser Kategorie