Unter Nachbarn

Auer Weber
13. Juli 2016
Der Allianz-Neubau in prominenter Nachbarschaft zwischen Bürogebäuden von BRT und MVRDV (Foto © Allianz Deutschland)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Für die Allianz Deutschland AG galt es, den bestehenden Büro-Campus in Unterföhring über eine Haupterschließungsstraße hinweg in ein neues Geviert hinein zu erweitern. Neben so prominenten Nachbarn wie dem ehemaligen Swiss-Re-Gebäude von BRT und dem Park-Village von MVRDV (lauber architekten) war dort ein Bürogebäude gewünscht, das attraktive Arbeitsplätze mit einem hohem Anspruch an Nutzungsflexibilität und Flächeneffizienz verbindet und zugleich architektonisch im Umfeld einen neuen und eigenständigen Akzent setzt.


 

Akzent im heterogenen Umfeld (Foto: Aldo Amoretti)
Die Verbindungsbrücke vom Bestandscampus bricht die Orthogonalität des Blockrandes (Foto: Aldo Amoretti)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Ein Problem lag in der Brückenanbindung des Neubaus an den bereits bestehenden Allianz-Campus, da die beiden Anschlusspunkte dies- und jenseits der Straße zueinander versetzt lagen. Aus der Notwendigkeit, die Straße diagonal zu überspannen, wurde letztlich das Leitmotiv für den Erweiterungsbau. Die Brücke bricht die Orthogonalität der Blockrandbebauung, die für den Neubau gewählt wurde, und gibt die Ausrichtung der baulichen Verdichtung und Gliederung der Hofbereiche im Blockinneren vor. Durch große zweigeschossige Ausschnitte im Blockrand werden diese spannungsvollen Binnenräume auch von außen erlebbar und die beiden wesentlichen Gebäudezugänge werden markiert. Im Inneren beziehen die begrünten Innenhöfe fast unmerklich auch das erste Untergeschoss mit ein, sodass hier belichtete Flächen für Sondernutzungen wie Konferenzräume und Mitarbeiterrestaurant entstehen.

Große zweigeschossige Ausschnitte im Blockrand lassen die spannungsvollen Binnenräume von außen erlebbar werden (Foto: Aldo Amoretti)
Die großzügig begrünten Innenhöfe beziehen auch das Untergeschoss mit Sondernutzungen mit ein (Foto: Aldo Amoretti)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Nutzer- und Bauherrenvertretung der Allianz Deutschland haben den Planungs- und Realisierungsprozess von Beginn an begleitet und aktiv mitgestaltet. Dass die Allianz Mieter des Neubaus wird, war klar. Welche Abteilungen aber genau das Haus beziehen, stand erst spät im Entwurfsprozess fest. Auch deshalb lag von Beginn an ein besonderes Augenmerk auf einer höchst flexiblen Gestaltung der Büroetagen. Die Ausbildung von Zellen- oder Gruppenbüros sollte ebenso möglich sein wie die Organisation von Kombibürostrukturen oder Open-Space-Büros. Die tatsächliche Ausgestaltung der Büroflächen wurde am Ende in intensiven Workshops zusammen mit den späteren Nutzern formuliert. Hierbei konnten verschiedenste Bürobausteine miteinander kombiniert und somit für die einzelnen Abteilungen maßgeschneiderte Raumlösungen entwickelt werden.

Im Zentrum des Hauses verbindet eine großzügige Freitreppe die Brückenanschlussebene im 1. Obergeschoss mit den Sondernutzungen im Untergeschoss (Foto: Aldo Amoretti)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Mit Ausnahme von geringfügigen Anpassungen im Gebäudeumgriff und Optimierungen bei den Bundbreiten hat sich das ursprüngliche Entwurfskonzept als äußerst tragfähig erwiesen. Auch das bereits im Wettbewerb formulierte Fassadenbild mit den gestaltprägenden, transluzenten Blenden vor den Lüftungsflügeln konnte erfreulicherweise ohne Einschränkungen umgesetzt werden.

Die Foyerflächen in der Erschließungsdiagonalen (Foto: Aldo Amoretti)
Maßgeschneiderte Raumlösungen in den Büros (Foto: Aldo Amoretti)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Bereits mit der Wettbewerbsauslobung waren seitens der Bauherrin höchste Ansprüche in Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit formuliert. Das Projekt wird diesen mit verschiedensten Maßnahmen gerecht: Dazu gehören die energiesparende Haustechnik, eine Kombination von thermisch aktivierten Betondecken und schnell aktivierbaren Heiz-Kühlsegeln sowie der Wärmebezug des Gebäudes aus Geothermie. Zur Nachhaltigkeit tragen zudem der Einsatz ressourcenschonender und baubiologisch geprüfter Materialien, eine thermisch optimierte Gebäudehülle sowie die effiziente Ausnutzung der Gebäudekubatur und das flexible Nutzungskonzept bei. Als Resultat all dieser Bemühungen durfte sich kürzlich die Allianz über die Auszeichnung des Projektes mit dem Platin-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen freuen.


 

Lageplan (Zeichnung: Auer Weber)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Auer Weber)
Schnitt (Zeichnung: Auer Weber)
Allianz Campus Unterföhring
2015
Dieselstraße 7
85774 Unterföhring

Nutzung
Bürobau

Auftragsart
Öffentlicher Wettbewerb

Bauherrschaft
Allianz Lebensversicherungs AG, München

Architektur
Auer Weber, München
Till Richter (Assoziierter), Sascha Dehnst (Projektleiter), Thorsten Schalk, Shterion Nenov, Duc Hua, Martin Kirsch, Elke Kirst, Peter Graf, Marius Drahtler, Nina Peña, Mohan Zeng, Daniel Muck, Stefan Bründlinger, Ameng Zang, Tina Kierzek, Anna Frey
 
Fachplaner
Projektsteuerung: Preuss Projektmanagement, München
Freianlagen: Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten, München
Tragwerksplanung: Sailer Stepan und Partner, München
Technische Gebäudeausrüstung: Climaplan, München
Elektroplanung: Raible+Partner, Ditzingen
Lichtplanung: Schmidt König Lichtplaner, München
Brandschutz: Bureau Veritas, Ismaning
Bauphysik: Müller-BBM, Planegg
Visuelle Kommunikation: Wangler & Abele, München
Küchenplanung: Reisner & Frank, München
Fassadenplanung: DS-Plan, Stuttgart
Gebäudeautomation: Ingenieurbüro Oertel, Menden
Förderanlagen: AMiG Rudi Becker, Dillingen
Verkehrsplanung: Stadt-Land-Verkehr, München
Baubiologie: Ingenieurbüro Habo Herbert Rupitsch, Rosenheim

Ausschreibung/Objektüberwachung
LeitWerk, Augsburg

Ausführende Firmen
Generalunternehmen: ARGE Ed. Züblin, München / Dobler Metallbau, München

Bruttogeschossfläche
58.000 m²

Auszeichnung
DGNB-Platin Zertifizierung

Fotos
Allianz Deutschland (1)
Aldo Amoretti, Sanremo IT (2-8)

Vorgestelltes Projekt

DGJ Paysages

Le Pardon de la Nature

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