Neuausrichtung

Max Dudler
22. Oktober 2014
Besucherinformationszentrum und Sparrenburg (Foto: Stefan Müller)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

In Bielefeld – oben auf der Sparrenburg wie unten im Park – ging es darum, der historischen Situation durch Hinzufügen eines einfachen Körpers ein neues Gesicht zu geben. Die Sparrenburg in ihrer heutigen Form besteht ja aus historischen Schichten, Fragmenten und Fehlstellen. Hier ein Zusammenhang zu erzeugen ohne die Vergangenheit zu negieren ist hochinteressant.

Neu definierter Torraum vom Hof (Foto: Stefan Müller)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Neubau ist als eigenständiger Baustein in die südöstliche Flanke des Burghofes eingesetzt. Gemeinsam mit dem Fragment des Torhauses bildet der Baukörper einen neuen Torraum aus, der die historische Torschwelle wieder erlebbar macht. Zugleich gelingt durch die Baufigur eine räumliche Fassung des Burghofes. Wie ein Kompass klärt der Eingriff die Abfolgen und Ausrichtungen der Außenräume und verbessert die funktionalen Voraussetzungen der heutigen Nutzung der Burg als Monument und Aussichtsplattform.
Die Architektur ist keine Rekonstruktion eines bestimmten historischen Zustandes sondern fügt sich als zeitgenössische Schicht in die Geschichte des Ortes ein. Sie verhält sich unabhängig zu deren Bauphasen und Stilen in dem Sinne, als dass sie weder die mittelalterliche Burg, die neuzeitliche Festung, die Rekonstruktion des 19. Jahrhunderts noch die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges bevorzugt. Stattdessen überträgt die Architektur den Ausdruck der vorhandenen Substanz in eine heutige Sprache. Das sehen Sie zum Beispiel an dem Stampfbeton, aus dem der Neubau gegossen wurde. Wie die Sedimentschichten gewachsener Steine fließen in die Wand die Farben und Texturen der Burgruine ein: Hier der Muschelkalk der Mauern und dort der Sandstein der Fenstergewände.

Innenraum Laden (Foto: Stefan Müller)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Entscheidend war wohl die Idee, Stampfbeton anstelle von gewöhnlichem Beton einzusetzen. Durch dieses Material, durch die Möglichkeiten, die sich aus den verschiedenen Zuschlägen ergeben, hat sich für uns eine ganz neue Bedeutungsebene aufgetan. Im Bauprozess werden unsere Ideen in vielfacher Hinsicht auf die Probe gestellt. Das kann oftmals negativ sein, hier war es sehr bereichernd.

Seitenansicht des neu geschaffenen Torraums mit der Überlagerung von Alt- und Neubau (Foto: Stefan Müller)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt? Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Für uns war die Reaktivierung alter Materialien und alter Techniken der entscheidende Impuls. Dadurch ergibt sich in dem Projekt auch ein starker Bezug zur handwerklichen Arbeit des Bauens und zwar in einem modernen Sinn, ganz ohne Bauhüttenromantik. Ob das nun an irgendwelche Tendenzen anschließt sei dahingestellt.

Lageplan (Zeichnung: Max Dudler)
Grundriss (Zeichnung: Max Dudler)
Schnitt (Zeichnung: Max Dudler)
Besucherinformationszentrum auf der Burg- und Festungsanlage Sparrenburg
2014
Am Sparrenberg
33602 Bielefeld

Auftragsart
Eingeladener Wettbewerb

Bauherrschaft
Stadt Bielefeld, vertreten durch Immobilienservicebetrieb (ISB)

Architektur
Max Dudler, Berlin
Mitarbeiter Wettbewerb: Simone Boldrin, Thomas Back, Julia Lapsin; Projektleiter: Simone Boldrin; Mitarbeiter: Kilian Teckemeier, Thomas Back

Fachplaner
Tragwerksplaner: Prinz & Pott GmbH, Bielefeld
TGA/Elektroplanung: Martell Ingenieurbüro, Bielefeld

Bauleitung
Architektenbüro Stüwe, Bielefeld für Büro Max Dudler

Ausführende Firmen
Rohbau: Plaß Bau GmbH, Bielefeld
Metallbau: ALUBA Aluminiumbau GmbH & Co. KG, Hiddenhausen
Tischler: Rudolf Meier GmbH, Hövelhof
Estrich: Wille Fußbodenbau GmbH, Dortmund
Elektriker: Elektro-Lüking GmbH, Steinhagen

Hersteller
Türen/Fenster: Schüco International KG
Leuchten / Schalter: Christian Türmer  GmbH & Co. KG, BEGA - Gantenbrink-Leuchten KG, Gira - Giersiepen GmbH & Co. KG
Griffe / Drückergarnituren: FSB

Bruttogeschossfläche
135.70 m²

Gesamtkosten
ca. 550.000 €

Fotos
Stefan Müller 

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