Umgestaltung Bahnhofsvorplatz, Ingolstadt
Gut verbunden
25. October 2006
Vielleicht lassen sich die Verkehrsschilder auch noch etwas dezenter platzieren – dann wäre das Gesamterscheinungsbild ungetrübt.
Wieder einmal erweist sich eine gute Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur als Segen. In Ingolstadt wurde der Bahnhofsbereich neu gestaltet. Markantes, neues "Bauwerk" ist dabei ein modular aufgebautes Schutzdach, unter dem man jetzt trockenen Fußes vom Bus oder Taxi zum Zug oder umgekehrt kommt. Mit einer raffinierten Konstruktion, die geometrisch haargenau auf die Bahnhofsarchitektur und die Position der Bussteige abgestimmt ist, wird ein Wetterschutz und zugleich ein atmosphärisch angenehmer Ort des Wartens geboten. Dachelemente einer Größe von etwa acht mal acht Metern – vor dem Bahnhof zu einer Länge von 33,60 m, am Bussteig von 71,60 m zusammengefügt – ruhen auf sehr schmalen Stahlstützen (Durchmesser 219, 1/40, S355), in denen unter anderem die Dachentwässerung verläuft. Die Dachhöhe beträgt im Mittel 4,60 m. Auf den Stahlrahmen sind Stahl-Sandwichelemente aufgelegt und mit dem Rahmen zu einer Trageinheit gekoppelt. Die Mitteldächer werden von einer Schar versetzt eingebauter Brettschichtholzträger gebildet. Diese sind außen am waagerecht verlaufenden Sandwichelement befestigt. An der Innenkante verläuft ein Rinnenträger mit Gefälle von der Spitze der Raute zum Fußpunkt der Raute der nächsten Stütze.
Raffinierte Konstruktion: Versetzte Holzträger generieren die zweifach gekrümmten Dachflächen.
Die Geometrie der hyperbolischen Paraboloid-Dachflächen sieht verblüffend einfach aus, aber sie ist ausgeklügelt und in ihrer Wirkung fulminant. Tagsüber fällt Licht durch die transparent eingedeckten Flächen, nachts entfaltet die angestrahlte Konstruktion eine schützende, bergende Atmosphäre. Durch die rautenförmigen, verglasten Zwickel fällt zusätzlich Tageslicht, und der Ausblick in den Himmel trägt dazu bei, dass die Dachfläche ausgesprochen leicht wirkt.
Warten, auch wenn's dunkel wird. Links hinten der Über-Eck-Eingang zum Bahnhof.
Die nächtliche Beleuchtung wird noch optimiert, verleiht dem Dach aber schon jetzt ein Erscheinungsbild hoher Eleganz. Denken wir an die grausigen Orgien von Plexiglastonnen und gewaltigen Stahlrohrkonstruktionen, die vor vielen Bahnhöfen für Abschreckung sorgen, zeigt sich in Ingolstadt, wie lohnend eine individuell auf den Ort abgestimmte Lösung sein kann. Wo nun der ICE in Ingolstadt hält, bekommt der Bahnhof als viel frequentierter Knotenpunkt eine Bedeutung, der mit dem neuen Vorplatz bestens Rechnung getragen wird.
Ursula Baus
Ansicht, Lageplan
Details
Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes
2006
Bahnhofstraße 8
85051 Ingolstadt
Auftraggeber
Stadt Ingolstadt
Architektur
Architekturbüro Brand
Ingolstadt
Tragwerksplanung
Grad Ingenieurplanungen
Ingolstadt
Dachflächen
ca. 900 m²
Baukosten
ca. 500.000 €
Fotografie
Wilfried Dechau