Trouble in Dresden

Christian Holl
22. Juni 2011
Plattenbauten in Dresden. Die Privatisierung der Dresdner Wohnungsbaugesellschaft von 2006 gilt nicht mehr als Vorbild. (Bild: flickr.com/martinroell) 

Mit Bildern von Heuschrecken hatten sich 2006 die Freiburger dagegen gewehrt, dass die Stadt 7900 Wohnungen verkauft, um ihren Haushalt zu sanieren. Im Volksentscheid stimmten schließlich 70,5 Prozent gegen die entsprechenden Pläne des Oberbürgermeisters und der Gemeindratsmehrheit. Wenn auch inzwischen dieses Votum nicht mehr bindend ist, so wird sich die Stadt dennoch hüten, erneut die damals abgelehnten Pläne zu verfolgen. Und die Skeptiker sehen sich bestätigt durch die Nachrichten, die aus Dresden kommen. Dresden war ja Vorbild gewesen – mit dem Verkauf der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft 2006 hatte sich die Stadt von Schulden befreit, eine Sozialcharta sollte verhindern, dass es zu sozialen Verwerfungen kommt. Nun allerdings klagt die Stadt gegen den Käufer – die Immobiliengesellschaft Gagfah soll gegen diese Charta verstoßen haben, soll Bestände weiterverkauft haben, ohne Mieterschutzklauseln und Andienungspflichten beachtet zu haben. Anstatt die Bestände zu pflegen, wurde wie befürchtet rationalisiert, am Service dort gespart, wo keine Rendite durch Mieten oder Verkauf zu erwarten waren. Die Gagfah will nun ihrerseits klagen; die Kommune habe, so die FAZ am 14. Juni, von Kursbewegungen profitieren wollen, am Kursanstieg der Gagfah-Aktien partizipieren wollen. Ein einfaches Schwarz-weiß-Bild, mit den Guten hier und den Bösen dort, lässt sich gleichwohl so einfach nicht zeichnen, nicht nur, weil der Streit noch nicht entschieden ist. Denn vor dem Verkauf hatte sich die städtische Gesellschaft WOBA nicht unbedingt als sozial vorbildlich erwiesen, dem Verkauf sei, so war in der Stadtbauwelt 173 von 2007 zu lesen gewesen, "eine langjährige Aushöhlung der Ideale der kommunalen Wohnungswirtschaft vorausgegangen, und die Privatisierung war eine fast schon logische Folge dieser Entwicklung." Den Mietern, die das gescheiterte Experiment ausbaden müssen, wird das wenig helfen, ebenso wie der nun anstehende Rechtsstreit, der sich lange hinziehen könnte. Die einst als Vorbild gepriesene Privatisierung von Dresden hat sich als Holzweg erwiesen. ch

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