Preise und Versäumnisse

Christian Holl
2. März 2011
Ostflügeldetail des Berliner Naturkundemuseums – Architekten Diener und Diener (Bild: Christian Holl) 

Er habe gedacht, diesen Preis bekomme man erst, wenn man achtzig sei, so scherzte Volker Staab. Er bekommt den großen BDA-Preis, der zuletzt alle drei Jahre vergeben wurde und den vor ihm unter anderem Frei Otto, Thomas Herzog und zuletzt Joachim und Margot Schürmann erhielten. Der Architekt Volker Staab zeichne sich, so heißt es in der Jurybegründung "in seinem über Jahre kontinuierlich entwickelten Werk durch den Mut und durch das selbstreflektierende Verständnis aus, auf den billigen Triumph der großen Geste zu verzichten. Sensibel und dennoch mit einer unverwechselbaren Handschrift baut er das Prägende des Ortes weiter." In Staabs Schaffen vereinen sich architektonische Qualität im Neubau und in sensiblem Umgang mit dem Bestand gleichermaßen. Das Museum Gunzenhauser in Chemnitz, die Sanierung und Erweiterung des Albertinum in Dresden, das Neue Museum in Nürnberg stehen neben der Sammlung Schäfer in Schweinfurt oder dem Servicezentrum auf der Theresienwiese in München. In diesem Jahr werden der Ausbau der neuen Galerie in Kassel sowie das Innenministerium in Stuttgart fertig gestellt werden.
Stärker noch auf die Leistung des Umbaus bezogen ist die Auszeichnung, die Roger Diener erhielt: Die Goldene Tessenow-Medaille wurde ihm verliehen, unter anderen weil er sich nicht scheue, "mit einfachen Mustern, Typologien, Mitteln zu arbeiten und auch diese nur sparsam einzusetzen." Nach der Schweizer Botschaft hat Berlin ein zweites Mal gezeigt bekommen, dass es sich lohnt, Rekonstruktion und Sanierung als reflektierten Prozess zeitgenössischer Architektur zu verstehen – Ende 2010 eröffnete der im Krieg zerstörte Ostflügel des Naturkundemuseums, der bis 2006 eine Ruine geblieben war und nach einem Entwurf von Diener und Diener wiederaufgebaut wurde.

Mit Bestehendem beschäftigt man sich auch in London – allerdings nicht so, dass man dies als vorbildlich bezeichnen könnte. Allem internationalen und prominenten Protest zum Trotz soll Robin Hood Gardens von Peter und Alison Smithson nun doch abgerissen werden. Wer glaubt, dass statt dessen hier Besseres entstehen werde, darf getrost als naiv bezeichnet werden. In Großbritannien steht Baukultur nicht mehr hoch im Kurs, der Kniefall vor Investoren und der dogmatische Glaube daran, dass es der Markt schon richten werde, sind beschämend. Ein weiterer Beleg dafür ist, dass die Agentur Design for London vom konservativen Bürgermeister Boris Johnson abgeschafft werden soll. Design for London, 2001 von Richard Rogers gegründet, war bislang so etwas wie eine schnelle Eingreiftruppe vor allem dort, wo stadtplanerisch etwas schief zu gehen drohte. Auch hier formiert sich der Protest der internationalen Szene, allerdings sollte man sich wenig Hoffnungen machen, dass der etwas bewegen wird. Wahrscheinlich wäre nur ein Protest von mächtigen Vertretern der Immobilienwirtschaft wirkungsvoll. Die werden sich allerdings vor einem solchen Schritt hüten. ch

Robin Hood Gardens in London – der Komplex soll abgerissen werden; besseres wird wohl kaum an seine Stelle treten. (Bild: Christian Holl) 

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